Meinung
mail aus riga - Nebels Welt XXV

Von Theaterabenden im Allgemeinen und im Besonderen, von hedonistischer Lebensart im ursprünglichen Sinn und davon, was man sich leisten kann.

Es ist ja so: Ins Theater geht man - bei der Oper wallfahrtet man sogar - um eine gut besprochene Inszenierung zu sehen; manchmal reicht auch das Skandalöse.

Das Drumherum ist eher nebensächlich, wie beispielsweise ein Restaurantbesuch oder sonst etwas Teures. Das Gegenteil ist richtig. Und das mit
dem Teuren soll an einem konkreten Beispiel widerlegt werden. Im Berliner Ensemble – der Bühne Bertolt Brechts - steht seit Jahren „Der zerbrochene Krug“ von Heinrich von Kleist auf dem Spielplan. Klaus Maria Brandauer ist in Hauptrolle als Dorfrichter Adam zu sehen. Da macht man nichts falsch, wenn man da hingeht. Zunächst ist es günstig ein Theaterabonnement zu haben, aber auch das Drumherum ist günstig zu gestalten. Vor der Aufführung empfiehlt es sich in der Theaterkantine zu essen; sie ist für alle geöffnet. In einem einfachen Raum mit Holzgestühl agieren zwischen den externen Besuchern bereits geschminkte Figuren und per Lautsprecher wird der oder die aufgerufen, dringend nach da und dort zu kommen. Ein Boeuf Stroganoff beispielsweise kostet 4.90 €, für Theaterangehörige 2.90 €. Die Portionen sind reichlich und eher mehr für landwirtschaftliche Tätigkeiten bemessen. Obwohl - wie erwähnt - schon lange auf dem Spielplan, war das Theater ausverkauft.

Auch wer das Stück bereits vor Jahren gesehen hat, es ist immer noch faszinierend von der dargestellten Realität. Das fängt mit echten Hühnern im ersten Akt an und endet mit dem hinreißenden Bühnenbild, auf dem der enttarnte Dorfrichter Adam über ein Schneefeld flieht.
Von der schauspielerischen Leistung der Protagonisten ganz zu schweigen. Wenn es etwas zu meckern gab, dann darüber, dass Klaus Maria Brandauer einen Vollbart trug - aus welchen Gründen auch immer. So war seine Mimik halbiert. Doch zurück zum Drumherum. Eine Pause wird nicht gewährt - was sonst nur bei „modernen“ Aufführungen der Fall ist. Ein Bonmot besagt, dass man damit die Flucht des Publikums in der Pause verhindern will. Dieser Verzicht auf die Pause wäre also hier nicht nötig gewesen. Danach um die Ecke - ein Absacker in der STÄV. Das ist ein Kölschlokal mit „echt“ kölschen Gerichten; alles kleinteilig und die Geldbörse schonend. Dekoriert ist es mit den Großen der Bonner Republik. STÄV - oder in Langform „ Ständige Vertretung“, so hieß seiner Zeit die „Botschaft“ der BRD in der DDR. Das Ganze hat natürlich auch eine Geschichte. Friedel Dautzburg, ein Gastronom aus Bonn hatte dort das „Inlokal“ Schumann Klause. Hier traf sich vor allem die politische Promminenz.

Als es um die Abstimmung im Deutschen Bundestag ging, ob die gemeinsame Hauptstadt des wiedervereinten Deutschland Bonn oder Berlin sein sollte, ergriff Dautzburg für Bonn die Stimme. Er war auch an Demonstrationen gegen Berlin beteiligt. Wieso nun plötzlich Berlin? Die Fama besagt, dass er eine Brandenburgerin kennen gelernt und sie auch geschwängert habe. Das verändert schon die Blickrichtung. Aber dies wäre nun wieder eine ganz andere Geschichte.

Ihr Klaus Peter Nebel


Prof. Dipl.-Bibl. Prof. h.c. Klaus Peter Nebel ist Leiter des Studiengangs Kultur- und Medienmanagement an der Lettischen Kulturakademie in Riga/Lettland. Von 2007 bis 2010 arbeite er als Professor für Marketing- und Unternehmenskommunikation an der UMC (University of Management and Communication), Berlin, Potsdam; In den Jahren 2007 und 2008 war er als Direktor der Konzernkommunikation der maxingvest AG, Hamburg tätig (Holding für Beiersdorf AG, Tchibo GmbH, tesa AG) und Leiter der Unternehmenskommunikation der Tchibo GmbH, Hamburg. Über 20 Jahre, von 1983 bis 2007 war er Leiter Presse & Public Relations der Beiersdorf AG in Hamburg.

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