Die Richtung ist vorgegeben, auch wenn wir nicht wissen, woher und aus welcher Farbe sie kommen. Es geht ins tief dunkle Azurblau-schwarz: das belgische Trio um den Pianisten Joachim Caffonnette kennt Morbidität, die Überfahrt über den Stxy (Wasser des Grauens) in den Hades, die Werke von James Ensor (1860-1945) und die Symbolisten. Das zumindest verspricht das Album-Cover, der nun erscheinenden Sammlung von neun Stücken.
Die Brüsseler Jazzszene ist reicher geworden – der französische Kontrabassist Alex Gilson traf in der europäischen Hauptstadt ein und zog in seinem Sog Schlagzeuger Jean-Baptiste Pinet mit ins Trio. Die ersten Touren wurden geplant und Ende 2017 ging es ins legendäre Jet Studio in Brüssel, um ein Album aufzunehmen, das Caffonnettes Originale sowie diverse Arrangements von Pop-Stücken digital auf Platte bannte. Alles verfeinert schließlich in den bauer Studios in Ludwigsburg.
Waren die ersten Touren nach Belgien, Frankreich und Luxemburg noch eilig zusammenorganisiert worden – schließlich mussten sich die drei Musiker erst einmal kennenlernen – kam schnell zum Vorschein wie ergänzend und gemeinschaftlich visionär die drei sind.
Die ersten Live-Sets des Joachim Caffonnette Trios basierten im Wesentlichen auf Standards. Nach und nach legte Caffonnette seine einigen Kompositionen und Arrangements auf den Tisch, die er speziell für das Trio geschrieben hatte. Das kam an und war quantitativ und qualitativ genug Material um eine Weile im Studio zu verschwinde.
Das ursprüngliche Tour-Repertoire sollte durch Jazz-Arrangements von Pop-Klassikern der Beatles und Sixto Rodriguez erweitert werden. Das Kennzeichen von Caffonnette, das bereits in der früheren Arbeit des jungen Komponisten voll entwickelt wurde, ist sofort erkennbar. Reichhaltig in Harmonien werden die kraftvollen Melodien in einer tief verwurzelten europäischen Tradition getragen. Geführt und geleitet werden fast alle Stücke vom Klavier. Im Spiel entfaltet sich die volle Energie und das Können von Caffonnette und seinen Mitstreitern. Es ist wahrlich so, als ob der Konzertbesucher und Album-Hörer an einem Match beteiligt wird, er gezogen wird in den Bann einer andauernden Spannung, voller Spielfreude und gegenseitigem Zuspiel. Selbst in den ruhigen Stücken wie beiv „Tripoli’s Sorrow“ (Track 3) kommt durch den zunächst fordernden Anschlag der Wechsel zur Weichheit, ja fast schon umschmeichelnden Zärtlichkeit zum Solo-Instrument zum Tragen.
Selbst bei so bekannten Stücken wie „Hey Jude“ (Track 4) „Monk’s Dream“ (8) kommen keine Langweile oder eklektizistische Züge auf. Die musikalische Fließgeschwindigkeit ist perfekt, zwischendurch mit ein paar akzentuierten salvatorischen Tastenübungen ergänzt und melodischen Ausflügen, Umspielungen und tänzelnden Bewegungen zu einem Gesamtklang gebracht, der Freude bereitet.
Tiefe liegt über dem fünften Stück, jenem, der dem Album den Titel gab. Es zeugt allerdings nicht nur von Tiefe, sondern auch von Weite, ohne, dass Raum definiert werden muss. Arthur Rimbaud lieh seine Zeilen eines wunderbaren Gedichts namens „Ce qu’on dit au poète à propos de fleurs“ (1871), mit den lyrischen Worten:
Ainsi, toujours, vers l’azur noir
Où tremble la mer des topazes,
Fonctionneront dans ton soir
Les Lys, ces clystères d’extases !
Anja Pompke schrieb in Ihrem Buch „Peter Handke – Pop als poetisches Prinzig“ zu diesem Rimbaud-Gedicht: „Hier wird die vielbesungene Flora des Dichters mit ihren Lilien, Rosen und Veilchen als Marotte betulicher Salonpoeten abgetan.“ Musikalischer Kommetar vom Joachim Caffannotte Trio: Vers L’azur noir…
Joachim Caffonnette Trio: Vers L‘Azur Noir
Joachim Caffonnette, Piano | Alex Gilson, Bass | Jean Bapiste Pinet, DrumsNeuklang
EAN: 4012116420531
Hörprobe
YouTube-Video:
- Joachim Caffonnette Trio - Perspectives Live
- Hey Jude - The Beatles (jazz cover: Joachim Caffonnette Trio)
Abbildungsnachweis:
Joachim Caffonnette Trio. Foto JCT
CD-Cover
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