Max Merseny: „World Traveller“
- Geschrieben von Claus Friede -
Reingehört und drangeblieben. Von der ersten Note an groovt es mächtig und man mag es kaum glauben, dass dieser Musiker aus deutschen Landen stammt. Max Merseny stellt mit „World Traveller“ ein extrem eindrucksvolles, gutes, vielseitiges und lässiges Album vor.
Schon sein Debüt-Album „Thank Y’all“ (2011) ließ aufhören und sein Name blieb im Standby-Modus.
Funk, Hip-Hop, Jazz, Soul in einer so perfekten Kombination ist selten zu finden – dazu das wohlfeine Gefühl für Arrangements sowie die Präzision und Ausgelassenheit im Spiel der eingesetzten analogen und digitalen Instrumente und dem überwiegend zurückhaltenden Einsatz der Stimmen. Wären die drei Musiker Merseny, Peña und Kirner Köche, so würde man dieses knapp 40-minütige Menü nicht nur genießen, sondern ihnen voller Freude ein paar Sterne offerieren. Das vermeintliche Problem daran ist nur: man wird nicht satt und könnte noch lange weiteressen.
Ob zu Beginn beim ersten Stück „World Traveller Interlude1“, bei „Da Fire“, „Hey My Love“ oder den „Untold Stories“, der Sound ist immer dicht, ausgereift und mitreißend urban.
Neben Max Merseny spielt der in den USA lebende und mit Wurzeln aus Uruguay/Argentinien verankerte Soundkünstler Federico González Peña eine entscheidende Rolle. Denn beide gemeinsam treffen nicht nur ins Schwarze, sie ergänzen sich auch musikalisch und schenken uns ein passgenaues Album.
Die Vielseitigkeit lässt bereits im zweiten Stück „Da Fire“ erahnen, was noch so alles kommen könnte. Ferdinand Kirner, Münchener Weggenosse Mersenys und Gitarrist frisst sich zwischen Altsaxophon und Synthi-Sound in die Gehörgänge.
„Lissen Here“ ist vielleicht der coolste Track, mit dem Hip-Hop-Soul-Rhythmus und der hier leicht verschärfen Stimme des Rappers Phonte Coleman, der sonst durch seinen eher weichen Bartion auffällt. Der Imperativ „Lissen here“ löst sich in der Ansammlung von fragmentarischen Wort- und Satzwallungen auf.
Der Sound ist von reiner urbaner Lebenswirklichkeit geprägt, der digitale, fast klinisch saubere Klang lässt jedoch das metropole Gefühl ein wenig entrücken, wir entfernen uns von denen da unten in der wuseligen Stadt und chillen auf einer höheren Ebene. Ein wenig Retro sind insbesondere die „World Traveller“-Themen und die „Untold Stories“. Die Erinnerungsfelder der 1970ger Jahre stützen die Entrückung zusätzlich. „Hey My Love“ vollzieht die Entfernung wiederum durch den eingemischten Ferngespräch-Effekt, das Altsaxophon schafft hingegen das direkte Nebeneinander und die Nähe, ebenso wie die gebetsmühlenartige Wiederholung der Stimmen im Kopf.
Fantastischer Abschluss ist „World Traveller Interlude3“. Das Downtempo-Stück zeigt die Bandbreite, er definiert die Musikerebenen ruhig aber deutlich und schafft einen derartig genialen Sound, dass eine weitere Steigerung zukünftig extrem schwierig sein dürfte.
Diese Generation verzichtet übrigens auf ein Text-Booklet, dafür ist ein Poster des Weltenbummlers zu finden und in den jeweiligen gefalzten Quadraten finden sich Kurzinfos zu den Stücken, Danksagungen etc.
Das Album liegt bei mir zur tägliche Vorlage – ein guter Start in den Tag oder den Abend.
Max Merseny: „World Traveller“
Max Merseny (Alt-Saxophon, Flöte, Synthesizer, Orgel, Klarinette, Schlagwerk-Programmierung, Gesang) / Federica González Peña (Produzent, Orgel, [Rhodes]-Piano, Bass, Percussion, Arrangement / Ferdinand Kirner (Gitarre)
Special Guests: Phonte, Wah Wah Watson, Gene Lake, Roger Rekless, Mike Scott, Alfredo Mojica, Tami Samantha Hayes.
Label: Enja
CD
EAN: 063757785521
Abbildungsnachweis:
Headerfoto: Vitali Gelwich
CD-Cover
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