Kultur Kolumne
- Geschrieben von Claus Friede -
Das Cover-Motiv der neuen CD des David Orlowsky Trios „Klezmer Kings – A Tribute“ zeigt einen Blick auf das Chrysler-Building in New York City von der 42. Straße westlich zur 2. Avenue. Die Aufnahme stammt irgendwann aus den Jahren zwischen 1935 und 1941. Sie dient als Reminiszenz an jene Einwanderer aus Zentral-, Ost- und Südosteuropa, die die Klezmer-Musik bereits ab den 1900er-Jahren nach New York und ab den 20ern in die Lower East Side Manhattans brachten. Naftule Brandwein, Sam Spielman, Josef Solinski, Dave Tarras, das Abe Schwartz Orchestra und das Max Leibowitz Orchestra haben die Musik aus den Shtetln aufgenommen und selbst über Doires (Generationen) weitergeben. David Orlowskys (Klarinette) „Klezmorim“ (Musiker), Florian Dohrmann (Kontrabass) und Jens-Uwe Popp (Gitarre) stehen seit vielen Jahren in der Yikhes (Erblinie).
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Wie das wohl war, als der knapp 20 Jahre alte Bach, Johann Sebastian, die thüringische Orgelszene aufmischte? Mit eigenen Werken, die gleichwohl auf den kräftigen Schultern unterschiedlicher musikalischer Traditionen standen, mit einer Spieltechnik, die bis verblüffend ist, mit einem Ungestüm, das ihn zu einem jungen Wilden macht.
- Geschrieben von Claus Friede -
Ist es Anachronismus in eine Vergangenheit musikalisch einzutauchen, die von einer schönen und heiteren Welt erzählt, während um dieselbe herum zwei Kriege tobten? „Du bist die Welt für mich“ heißt eine soeben erschienene CD, auf der von Jonas Kaufmann, dem Tenor „mit der goldfarbenen Honigstimme“ (The Sydney Morning Herald), Evergreens der Ära zwischen 1925 und 1935 erklingen. Begleitet vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Jochen Rieder und bei drei Stücken begleitet von der Sopranistin Julia Kleiter, genießt der wohl eher ältere Hörer Lehár, Tauber, Benatzsky, Stolz, Abraham und andere.
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
So ist das mit den Dicken – sie werden gern unterschätzt, und dann wundert man sich. Zum Beispiel über das Klangspektrum, das Andreas Martin Hofmeir seiner Tuba entlockt. Ganz entgegen dem Humpta-Image entlockt er dem glänzenden Fünfeinhalb-Meter-Blechrohr einen angenehmen, fast verträumten Ton. Eine Mischung aus dem Verführerischen eines tiefen Saxophons, dem Sonoren der Posaune und dem weichen Timbre des Horns.
- Geschrieben von Christoph Forsthoff -
Riskant, solch ein musikalisches Selbst-Portrait. Natürlich gibt jeder (wahre) Künstler mit seinem Werk ein Stück seiner Seele preis, doch wer gleich einem ganzen Album den Titel „Self-Portrait“ verpasst, der weckt beim Zuhörer nicht nur Neugier, sondern auch Erwartungen. An eine vielfältige Musiker-Persönlichkeit und eine ganz eigene Note, an Erkundungen, ja Offenbarungen des musikalischen Ichs – gerade im Jazz.
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Concerto Köln kann im kommenden Jahr seinen 30. Geburtstag feiern.
Bekannt durch akribische Recherchen, mit denen es seine inzwischen mehr als 60 CD-Einspielungen begleitet hat, gehört das Ensemble zu den führenden deutschen Musikgruppen auf dem Gebiet der historischen Aufführungspraxis.
Erstaunlich eigentlich, dass es so lange brauchte, bis sich Concerto Köln Bachs Brandenburgischer Konzerte angenommen hat. Sie wollten, heißt es im Booklet zur neuen Doppel-CD, das nur dann anpacken, wenn sie zu bestehenden Sichtweisen Neues hinzufügen könnten. Nicht einfach bei diesen Werken, die sicher mit zu den populärsten Kompositionen der Barockmusik gehören.
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Sternstunden der Musikgeschichte müssen nicht auf großer Bühne stattfinden. Manchmal erreicht bahnbrechend Neues im ganz kleinen Kreis das Ohr der Welt. So wie an einem Sonntag Nachmittag Anfang Juni 1912, als der französische Schriftsteller, Musikkritiker und -wissenschaftler Louis Laloy nicht nur den damals 50 Jahre alten Komponisten Claude Debussy nebst Ehefrau zu sich einlud, dessen Biographie er 1909 geschrieben hatte. Ein weiterer Gast war der 21 Jahre jüngere Russe Igor Strawinsky, der sein neues Werk mitgebracht hatte.
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Das Gesangsquartett VocaMe lässt die Gesänge der Hildegard von Bingen wieder aufleben – bewegende Musik aus der Tiefe der Seele und der Schöpfung. Zu hören auf einer CD und bei zwei Konzerten im Marien-Dom von Hamburg und im Kreuzgang des Klosters Walkenried.
- Geschrieben von Sven Sorgenfrey -
Der US-Amerikaner Justin Clark hat sich für ein Instrument entschieden, das bei den meisten von uns wohl nicht in den Top 30 landet, wenn es um die musikalische Erziehung der Kinder geht: die Bassposaune. Das hat – im scharfen Kontrast beispielsweise zur Trompete – den Vorteil, dass er nicht auf einen bestimmten Stil oder ein übermächtiges Vorbild festgelegt ist. So hat Clark zunächst eine steile Karriere als Orchestermusiker, Solist und Lehrstuhlinhaber in der klassischen Musiksparte hingelegt.
- Geschrieben von Claus Friede -
Die Lettische Musikszene ist eine ganz besondere – für ein so kleines Land geradezu herausragend. Dies trifft unumstritten für die Gesangskunst und die Chormusik zu.
Sacred Love (Heilige Liebe) ist der Titel einer kürzlich erschienenen CD des 1940 gegründeten Lettischen Radiochors (Latvijas Radio Koris) mit Sitz in Riga. Er gehört zu den besten Kammerchören in Europa. Sigvards Klava dirigiert und leitet ihn seit 1992 künstlerisch und hat seither die meisten Uraufführungen neuer Chorwerke lettischer Komponisten geführt.
- Geschrieben von Christoph Forsthoff -
Nein, den gern bemühten Vergleich mit Lang Lang mag Yojo gar nicht. Zu Recht, denn dieser Pianist kennt keine Genregrenzen! Und wenn sich hier mit Alexander Suleiman noch ein Cellist an seine Seite gesellt, der das Saiten-Abenteuer liebt, gibt das im Ergebnis einen ebenso wilden wie intelligenten Ritt durch die Tonräume.
- Geschrieben von Claus Friede -
Die CD-Betitelung bringt es auf den Punkt – eine Reise in eine vergangene Zeit, in eine längst vergangene Welt, deren Nachwehen hier und da bis heute spürbar sind und deren Kultur sich in den letzten Jahren einer zunehmenden Beliebtheit erfreuen darf. Die Rede ist von der sephardischen Kultur, die ihren Ursprung auf der iberischen Halbinsel hat. „Zarfad“ ist das hebräische Wort für Spanien und so ist die Herleitung zu den Sephardim, für die in Spanien und Portugal lebenden Juden, (nach einer der vielen Vertreibungen aus Jerusalem dort hingelangt) schnell nachvollziehbar.
- Geschrieben von Hans-Juergen Fink -
Dass Jacques Loussier der Mann ist, der in den 1950er- und 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts den Swing aus dem alten Bach herauskitzelte und ihn mit seinen Jazz-Improvisationen aus der E-Musik-Schublade herausholte, ist eine bis heute unvergessene Revolution. Dass Loussier außerdem ein Komponist ist, der mehr als 70 Film- und Ballettmusiken geschrieben hat und dass er im Studio seines Schlosses Miraval in der Provence unermüdlich, ja fast besessen daran arbeitet, die sogenannten „ernste“ Musik mit den Stilmitteln der anderen Hälfte des musikalischen Universums zusammenzubringen, weiß kaum einer. Jetzt lädt eine verdienstvolle Naxos-CD mit den zwei Violinkonzerten Loussiers zum 80. Geburtstag dazu ein, diese andere Seite des „Play Bach“-Erfinders zu entdecken.
- Geschrieben von Claus Friede -
Manchmal gehen die Verheißungen eines CD-Covers und der musikalische Inhalt auf der silbernen Scheibe etwas getrennte Wege. So in diesem Fall, die als Inhalt den Meister des Kastratengesangs der Barockzeit Carol Borschi alias Farinelli benennt und sich lediglich drei von zwanzig Stücken darauf befinden, die vom Countertenor Bejun Mehta in die entsprechende Richtung überhaupt geleitet werden. Alle weiteren sind Kompositionen rein für Instrumente aus dem italienischen, spanischen und deutschen Raum der 17. und 18. Jahrhunderts.