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„reART revitalisiert den Kunstmarkt durch den Handel bekannter und gesuchter Kunstwerke! Professionell und durch persönliche Betreuung. Das ist der neue Weg, erlesene und außergewöhnliche Kunstwerke, z.B. aus Privatbesitz, Galerien oder Nachlässen zu kaufen, verkaufen, oder neu zu entdecken“, heißt es auf der Internetseite der Firma und proklamiert für sich ein neues Geschäftsmodell.
Offensichtlich ist dieses Modell, trotz einiger Risiken, auch bei Bundesregierung und der Deutschen Bank angekommen, denn „reART“ wurde im Wettbewerb „Deutschland – Land der Ideen, 365 Orte im Land der Ideen“ als „ausgewählter Ort 2011“ ausgezeichnet.
Der in Hamburg ansässige Galerist Georg Molitoris steckt hinter „reART“. Was auf den ersten Blick unspektakulär und gewöhnlich daher kommt, hat in kurzer Zeit bereits erstaunlichen Erfolg zu verzeichnen.
Claus Friede traf Georg Molitoris und stellt „reART“ vor und fragt nach den Merkmalen, welche Risiken beim Internethandel mit Kunst bestehen und wie Kunst digital, anstatt analog zu verkaufen ist.
Claus Friede (CF): Wie und wann sind Sie auf die Idee und den Namen von reART gekommen?
Georg Molitoris (GM): reART hat sich aus meiner Galeriearbeit entwickelt. Viele meiner Kunden haben bereits viel Kunst gekauft und die Wände voller Werke. Es gibt also eine Begrenzung der Portfolien und es wird ab einem bestimmten Punkt nicht mehr gekauft. Welchen Weg kann man also gehen, um Werke wieder zurück in den Markt zu bringen. Meine Recherchen ergaben, dass es im Internet bereits viele Möglichkeiten gibt, mit Angeboten über Galerien zu verkaufen oder online zu versteigern. Das Manko, das ich sehe ist, es gibt vieles und fast alles ist anonym. Vertrauen ist aber eine wichtige Konstante im Kunsthandel. Ein weiterer Punkt ist, dass bei fast allen Internetangeboten die Werke klein und unattraktiv abgebildet sind und das ist mir unverständlich, denn Bilder haben eine immense Wirkung, egal, ob es ein kleines oder großes Format. Auch die Skulpturen – teilweise extrem schlecht fotografiert – das hinterlässt keinen wirklich guten und vertrauenswürdigen Eindruck, der Lust macht Kunst zu kaufen. Über die Präsentationsform habe ich mir primär und ausführlich Gedanken gemacht und dies kombiniert mit guten Rechercheformaten wie Art-Price und Art-Net, wo man viel über den Handel und dessen Einschätzung viel erfahren kann: Wie steht ein Künstler mit seinen Arbeiten da? Wie viele Auftritte hat er auf Auktionen gehabt, in wie vielen Katalogen ist er schon veröffentlicht worden, welche Losdetails gibt es, die man dann wiederum dem Kunden vermitteln kann. Es lassen sich persönliche Einschätzungen von Verkäufern dann auch berichtigen: Ihre 1.500 Euro Verkaufspreis sind einfach zu hoch, der letzte Handel lag bei 350 Euro.
Die war die Grundidee. reART ist entstanden, weil ich den Kunstmarkt revitalisieren will. Ich versuche, die Werke, die bereits im Kunstbetrieb sind, wieder in den Kunstlauf zurück zu bringen. Der Titel „re“ und „ART“ habe ich natürlich englisch gewählt, um es internationaler zu formulieren und außerdem lässt es sich auch besser aussprechen als ReKunst. Die Domain habe ich auch ohne Probleme mit „De-Endung“ bekommen. Am Auftritt habe ich dann auch fast drei Jahre gearbeitet und nun eine visuell sehr ansprechende Form gefunden, aktuell und kundenorientiert.
CF: Wie machen Sie die Seite publik? Internetseiten gibt es wie Sand am Meer. Aber irgendwie müssen sie zu den Kunden vordringen. Wie gehen Sie vor?
GM: Angefangen hab ich mit Print-Anzeigen, doch ich habe schnell gemerkt, dass die Leute, die sich für Kunst im Internet interessieren, nicht über die Anzeigen kommen. Allein das Eingeben der Adresse www.reart ist vielen dann bereits zu umständlich. Ich hab mich anschließend sehr stark auf die Suchmaschinen-Welt konzentriert und mich dort für Anzeigenschaltungen entschieden, mit wenig, aber ganz präzisen Aussagen und guter Gestaltung. Wenn jemand „Kunst verkaufen“ oder „Kunst kaufen“ in die Suchleiste eingibt, landet er schnell auf der reART-Werbeseite. Außerdem sind die sogenannten „Keywords“ wichtig, und ich habe dann mit der Zeit gelernt, welche Keywords gut, welche weniger gut funktionieren. Daran arbeite ich quasi täglich, um diese Suchergebnisse für mich zu verbessern und zu konkretisieren. Außerdem versuche ich immer wieder, Artikel in regionalen oder auch überregionalen Kunstzeitschriften unterzubringen. Mein Fokus liegt zur Zeit auf der Schweiz, Österreich und Italien, weil ich dort mehr und mehr Kunden akquirieren kann.
CF: Wer frequentiert denn überhaupt die Seite? Sie erhalten sicherlich monatliche Analysen, anhand derer sie sehr genau und deutlich sehen können, wie viele User auf den Seiten waren, welche Seiten aufgerufen wurden, über welche Keywords sie gekommen sind und aus welchen Ländern sie anklicken.
GM: Neben Deutschen eben viele Schweizer und Österreicher. Außer den Analysen bekomme ich jedoch direkte Reaktionen, Anrufe, Schreiben, etc. Einige von denen haben eine Sammlung oder auch nur drei Arbeiten von einem Künstler. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass anfangs nicht das Niveau da war, was ich haben wollte. Aber auch hier hat sich durch eine Überarbeitung und Präzisierung der Keywords schnell etwas geändert.
Prozentual kann ich ihnen jetzt nicht genau sagen, wer am meisten besucht. Aber die Schweizer haben anscheinend viele Kunstwerke zuhause.
CF: Das ganze System funktioniert dann besonders gut, nicht wenn das Angebot sich immer mehr vergrößert, sondern wenn ein Handel betrieben werden kann. Und wie funktioniert das? Gibt es Sammler oder Käufer, die nach bestimmten Künstlern suchen oder wie kommt der Handel zustande?
GM: Also der Handel kommt dadurch zustande, dass ganz bestimmte Leute natürlich ganz bestimmtes suchen. Es sind in erster Linie Privatpersonen, die ganz konkret ein Bild abfragen und mehr darüber wissen möchten. Nachgefragt werden Echtheitszertifikate und Fragen gestellt, die dann lauten: Ist das Werk, so wie es dargestellt ist, auch wirklich vorhanden. Der Handel beginnt damit, dass wir dem potentiellen Käufer die Arbeit schicken, er hat zwei Wochen Zeit, diese zu prüfen. Bevor er das Bild bekommt muss er das Geld natürlich überweisen oder auf einem Konto hinterlegen. Und wenn die Prüfung dann positiv war, wird im Gegenzug die Provision abgezogen und der Betrag wird dem Verkäufer übermittelt. Das funktioniert in den meisten Fällen gut.
Was mittlerweile interessant ist, und darauf liegt nun einer meiner Schwerpunkte, mit Galerien, Auktionshäuser, Museen und Firmen zu handeln. Ich sehe daran, wer meinem Newsletter abruft, es klicken sich immer mehr Auktionshäuser ein, Galerien noch weniger, um zu sehen, was bietet reART neu an oder was sind die aktuellen Nachrichten. So entstehen neben dem kommerziellen Handel auch kommunikative Interessen. Ich arbeite nun mehr mit zwei Auktionshäusern in Hamburg zusammen und habe von einer Mineralölfirma den Auftrag bekommen, deren Sammlung aufzulösen. Dies sind meine neuen und interessanten Kunden. Auch der kleine Einzelkunde ist interessant, soll es auch bleiben, den will ich nicht verschmähen, aber attraktiv sind die großen Kunden auch wegen der Reputation. reART ist so eine Art „Melting Pot“ für große Anbieter geworden. Einige haben Schubladen voller Grafiken. Die können sie bei mir ins Netz stellen. Kostenlos, zeitlich unbegrenzt, und irgendwann kommt einer und sagt, die Grafik such ich.
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