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Rezensiert! "The Fall"

„The Fall“ ist in jeder Beziehung ein merkwürdiger Film. Nicht wenige behaupten sogar, er sei einfach bemerkenswert schlecht. Andere jubeln, er wäre ein geniales Meisterwerk.
Regisseur Tarsem Singh konstatierte in einem Interview, dass man „The Fall“ entweder liebt oder hasst: „Der Film ist sehr polarisierend.“ Bis dahin hatte der in Indien geborene Regisseur sich mit herausragenden Werbefilmen und Videoclips („Losing My Religion“) einen Namen gemacht und Preise eingeheimst. Im Jahr 2000 errang sein erster Spielfilm „The Cell“ mit Jennifer Lopez große Aufmerksamkeit.

Das Motiv von „The Fall“ trug der Regisseur seit etwa zwei Jahrzehnten im Herzen. Er war fasziniert von der Grundidee eines bulgarischen Films von 1981, „Yo Ho Ho“, und er kaufte die Rechte. Es geht darin um einen gelähmten Schauspieler, der im Krankenhaus einen kleinen Jungen mit Abenteuergeschichten ködert, damit dieser ihm Gift für seinen Selbstmord besorgt.
Tarsem wollte dasselbe erzählen auf seine ganz eigene Art, so farbig und eindrucksvoll wie möglich, jedoch ohne Special Effects – das war die eine Bedingung, die er sich selbst stellte. Außerdem wünschte er sich einen kindlichen Darsteller (weiblich oder männlich, ganz egal) der vollkommen natürlich wirkte, auf gar keinen Fall wie ein schauspielerndes Kind.
Absolute Authentizität also als oberstes Kriterium. Und das für einen Fantasy-Film!

Vor ungefähr siebzehn Jahren begann der Regisseur, sich seine Kulissen zusammen zu suchen, überall auf der Welt, hauptsächlich an Orten, wo er Werbespots drehte. Sieben Jahre dauerte die Suche nach dem Kind, ebenfalls weltweit. Schließlich wurde eine fünfjährige Rumänin gefunden, die kaum Englisch sprach, Catinca Untaru, die Unbefangenheit in Person. Jetzt musste es schnell gehen, denn es war ja abzusehen, dass die naive Ungezwungenheit des drallen kleinen Mädchens sich mit jedem Tag ein wenig verlor.

Inzwischen stand fest, dass Tarsem das Projekt selbst finanzieren würde. (Er verrät das letztendliche Budget lieber nicht. Er hat sich zeitweilig fast ruiniert.) Kein Produzent, kein Geldgeber hätte sich auf eine derart abgehobene Idee eingelassen. Beispielsweise existierte statt eines Drehbuchs nur eine ungefähre Struktur.

Dadurch, dass Tarsem alles aus eigener Tasche bezahlte, konnte er machen, was er wollte. Und er leistete sich etwas ganz Unverzeihliches: er drehte vier Jahre lang (an gelinde gesagt verschiedenen Drehorten in 18 Ländern) einen Film für sich selbst, den absolut vollkommenen Film, so, wie er ihm persönlich vorschwebte. Er pfiff dabei auf Publikumsgeschmack, Trends, Kritikermeinungen und Kategorien.

Die Quittung für so viel Individualität erhielt er, als er „The Fall“ präsentierte. 2006 war das Fantasy-Drama fertig gestellt, 2007 wurde es auf der Berlinale gezeigt und bekam immerhin eine ‚Lobende Erwähnung’ (Allerdings im Kinderfilmwettbewerb. Es soll jedoch kein Kinderfilm sein.) Anschließend wanderte es durch weitere Festivals, bevor es 2008 endlich in wenigen amerikanischen Kinos anlief - und jämmerlich floppte. Im März 2009 huschte das Werk verschämt ein paar Tage lang durch einige eher entlegene deutsche Kinos.

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Die Kritiker fielen, mit wenigen Ausnahmen, über den Film her wie die Hyänen. Er wurde für hohl und oberflächlich erklärt, viel zu simpel. Schöne bunte Bilder, aber eine naive, kindische Erzählung. Gern drehte man den Absatz in dem Tatbestand um, dass Tarsem ein guter Werbefilmer sei, mehr eben nicht. Man warf ihn mit M. Night Shyamalan (gepriesen für „The Sixth Sense“, ausgebuht für „Das Mädchen aus dem Wasser“) in einen Topf und rührte kräftig zusammen: diese indischstämmigen Regisseure würden offenbar generell überschätzt und brächten kaum mehr als verblüffende Erstlinge zustande, der Rest wären pseudo-esoterische Schlieren oder Kalenderblätter.

Über Hauptdarsteller Lee Pace hieß es, seinem schläfrigen Charme fehle die Präsenz und sogar das sieben-Jahre-lang-gecastete Kind Catinca fand keine Gnade: eine amerikanische Kritikerin beanstandete, die Kleine schauspielere zu wenig und verliere sich im Improvisieren.

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