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Im Gespräch: Dagmar Seifert mit dem Regisseur Alain Gsponer von Lila,Lila

Der dreiunddreißigjährige Alain Gsponer wirkt, gelinde gesagt, überhaupt nicht arrogant sondern fast anachronistisch liebenswürdig und gut erzogen.

Der in Berlin lebende Filmschaffende ist geborener und bekennender Schweizer und würde - schlank, langbewimpert, mit Märchenprinz-Gesicht – falls er aus Versehen ins Besetzungs-Büro stolpert und man ihn dort nicht erkennt, sicher gern für jede Hauptrolle gecastet.
Tatsächlich hat er sich bereits verschiedentlich als ungemein begabter Regisseur bewiesen, er erhielt etwa für seinen ersten Spielfilm "Rose" den deutschen Fernsehpreis und für die explosive Tragikomödie "Das wahre Leben" mit Katja Riemann und Ulrich Noethen den Preis der deutschen Filmkritik.

Dagmar Seifert (D.S.): Herr Gsponer, Sie haben aus Martin Suters Bestseller ‚Lila, Lila’ eine zauberhafte, bei allem Respekt vor Suter ganz eigene Filmkomödie gemacht…

Alain Gsponer (A.G.) ( - unter anderem Adolf-Grimme-Preisträger – im überraschten und erfreuten Ton eines Filmstudenten, der gerade für seinen ersten Kurzfilm gelobt wird): Oh? Danke! Vielen Dank!

D.S.: Ist der Erfolg, der jetzt auf Sie zukommt, einfach nur schön oder auch ein wenig Stress?

A.G.: Ach, natürlich schön, ja, aber für mich persönlich bedeutet es wirklich viel Stress. Ich bin leider jemand, der nicht gern im Rampenlicht steht, manchmal würde ich mir fast wünschen, dass neben dem roten Teppich, über den ich vor dem Kino gehen muss, gar niemand stehen würde…

D.S.: Wer sind Ihre filmischen Vorbilder?

A.G.: Zum Film gekommen bin ich vor allem durch den Einfluss von Ang Lee und Wong Kar-Wai, deren Filme der 1990er Jahre mich sehr geprägt haben und die ja sehr extrem die Genres Dramatik und Humor mischen.

D.S.: Bisher spielen Ihre Themen im Hier und Jetzt. Hätten Sie eventuell Lust, mal etwas Anderes zu machen, vielleicht einen Kostümfilm?

A.G.: Es kommt mir darauf an, dass ich Geschichten erzähle, die irgendwie in mir sind, die ich nachempfinden kann. Alles, was ich bisher gemacht habe, hat einen gewissen Bezug zu mir selbst und meinem Leben, überspitzt natürlich und verfremdet – aber man kann im Grunde nur zeigen, was man selbst erfahren hat. Ob das nun vielleicht auch mal in einem anderen Jahrhundert spielen kann? Ja, durchaus!

D.S.: Ich habe gelesen, dass Sie lange vor Drehbeginn mit Ihren Schauspielern Rollengespräche führen und dabei irgendwelche ‚aus Amerika bekannten’ Übungen machen, um Ängste abzubauen - ?

A.G.: Ach? Steht das irgendwo? Ja, also Amerika… Es gibt da so verschiedene Techniken… Zum Beispiel mache ich mit den Darstellern Familienaufstellungen.



D.S.: Wie nach Hellinger? (Bert Hellinger, Familientherapeut und Buchautor, Anmerkung der Red.)

A.G.: Doch, schon, obwohl natürlich etwas abgewandelt. Vor allem, wenn es sich im Film um eine Familienkonstellation handelt, erreicht man damit sehr viel.
Die Schauspieler sehen so sehr gut, in welcher Beziehung zu den anderen sie sich befinden und wo sie selbst stehen.

D.S.: Martin Suter, der die Buchvorlage ‚Lila, Lila’ geschrieben hat, ist ein Schweizer wie Sie. Empfinden Sie, dass es eine Art typisch Schweizer Denken oder Fühlen gibt, das sich von dem deutschen unterscheidet?

A.G.: Absolut. Der Schweizer ist sehr stark harmoniesüchtig, tendenziell nett und im Übrigen wahnsinnig sensibel. Eine energische oder entschiedene Bemerkung wird oft schon fast als Angriff gewertet. Übrigens kränkt es wohl jeden Schweizer, wenn man sich hierzulande über seine Langsamkeit lustig macht; die liegt oft einfach darin begründet, dass er sich Hochdeutsch artikulieren muss, was für ihn eine Fremdsprache ist!

D.S.: Kannten Sie Martin Suter, bevor Sie ‚Lila, Lila’ verfilmt haben?

A.G.: Nein, persönlich noch nicht. Aber natürlich kannte ich den Hype, der in der Schweiz um seine Bücher gemacht wurde und ich war entsprechend interessiert, als das Angebot kam. Wir sind dann auch alle gemeinsam - samt Daniel Brühl - nach Ibiza geflogen, um den Autor nach den Rechten zu fragen. Er war dann übrigens sehr einverstanden mit dem Ergebnis…

D.S.: Das soll er wohl sein! Und dann hatten Sie wahrscheinlich keine Probleme, die Rechte für Suters Roman ‚Der letzte Weynfeldt’ zu bekommen?

A.G.: Ja, das ergab sich natürlich daraus. ‚Der letzte Weynfeldt’ ist eine Koproduktion des Schweizer Fernsehens und des ZDF und wir drehen bis ungefähr Mitte Dezember, zum ersten Mal in meiner Heimat.

D.S.: Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg, Herr Gsponer!

A.G.: Ganz herzlichen Dank.

Siehe auch unsere Filmkritik von Lila, Lila.

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