Himmel aus Gold - Indianischer Barock aus Ecuador
- Geschrieben von Claus Friede -
Noch bis zum 27. Februar 2011 färbt das Museum für Völkerkunde Hamburg den Himmel golden.
Unter dem Titel „Indianischer Barock aus Ecuador“ stellt die Ausstellung die Pracht religiöser Kunstwerke Quitos, der Hauptstadt Ecuadors, vor. In mehrerlei Hinsicht kann das Museum, trotz des etwas exotisch und fremd klingenden Titels, eine einzigartige Präsentation vorweisen: Die ältesten Werke haben seit 300 Jahren Ecuador noch nie verlassen, sie stammen größtenteils aus Gotteshäusern und sind bis heute in die tägliche Verehrung und Anbetung eingebunden, wie die Heilige Jungfrau Maria von Quito und schließlich verweist sie auf die engen Beziehungen zwischen Ecuador und Hamburg.
Bereits 1846 gründete Ecuador in der Hansestadt ein Konsulat. So ist es nicht verwunderlich, dass bereits in der Gründungsphase des Museums für Völkerkunde zwischen 1849 und 1879 Objekte aus Ecuador ins Haus kamen. Bis heute wird die Verbindung zum Andenstaat gepflegt und dabei die vorspanische so wie auch ihre aktuelle Kultur dokumentiert.
Das eigentlich Bedeutungsvolle kommt jedoch, neben der wissenschaftlichen, religiösen und künstlerischen Attraktion, aus Ecuador selbst: die urbane Gesellschaft konnte eine positive Wandlung vornehmen, eine Rückbesinnung auf die indigenen Wurzeln. Das eigene Erbe differenziert anzunehmen und neu zu bewerten, ist die erwähnenswerte Leistung.
Wenn man sich die historischen Zusammenhänge anschaut, so war Quito vor Ankunft der Spanier die Mitte der Welt, die heilige Stadt, Wohnstatt des Sonnengottes in den Anden. Auf fast 3.000 Meter Höhe gebaut, liegt sie zwischen zwei Bergketten am Fuß des Vulkans Pinchincha.
„Quito verfügt über ein jahrhundertealtes kulturelles Erbe, das seinen Ausdruck im materiellem und immateriellem Vermächtnis der ursprünglichen Völker und Akteure findet, die im Laufe der Zeit den politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Wandel vollzogen haben. Die größte historische Altstadt Südamerikas, ihre Kirchen, Kapellen, Straßen und Plätze sowie ihre strategische Lage haben dazu beigetragen, dass die UNESCO Quito als erste Stadt zum Kulturerbe der Menschheit aufgenommen hat“, heißt es in der Museumsbroschüre.
Der Barock hat in Ecuador – anders als in Europa, über viele Jahrhunderte gedauert. Die Werke in der Ausstellung stammen somit aus dem frühen 16. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
Zwar tragen viele der Künstler spanisch klingende Namen, sie sind jedoch indigener Abstammung und lernten in den damaligen Kunst- und Gewerbeschulen des Landes die europäisch orientierte Malerei und Bildschnitzkunst. Dass dennoch auch indianischer Einfluss leicht und hintergründig zu spüren ist, zeigen die reich verzierten Gewänder der Figurengruppen und die „Kondorflügel“ der Marienstatuetten. Auf einem Messgewand sind Seidenstickereien von Papageien und geschmückte Indios abgebildet. Die Gewänder der Jungfrau von Carmen oder des Heiligen Josef sind farbenfroh und blumenreich verziert und kreieren eine ganz eigene unwiderstehliche Ästhetik.
Die Pracht des Barock wird auch durch die Figurengruppe des Altars des Heiligen Antonius aus der Kirche San Francisco deutlich. In die feinen, vergoldeten Holzschnitzereien des riesigen Altars sind fast bunt wirkende Holzskulpturen einer Mariä Himmelfahrts-Gruppe integriert. Sie stammen von Manuel Chili, genannt Caspicara, einem der namhaftesten Künstler des 17. Jahrhunderts aus Ecuador. Bei vielen Werken steht jedoch anstatt eines Urhebernamens, ein „anonym“, denn selbst die Meister signierten die Kunstwerke nicht und aus den Archivbüchern lassen sie viele Kunsthandwerkernamen nicht mehr rekonstruieren.
„Ich hoffe, die Hamburger wissen, was wir da gerade an Schätzen in unserem Museum haben und kommen in Scharen“, sagte Wulf Köpke, Leiter des Völkerkundemuseums zu Beginn der Ausstellung.
In der Tat, das wäre angemessen für diese einmaligen Kunstwerke.
Himmel aus Gold - Indianischer Barock aus Ecuador
Noch bis 27.02.2011
Eintritt: 7€ erm. 3€, Kinder frei
Eine Ausstellung in Zusammenarbeit mit der Ecuadorianischen Botschaft in Deutschland.
Der Katalog hat 72 Seiten und gibt neben vielen Abbildungen und verschiedenen Texte in spanischer und deutscher Sprache einen tiefen Einblick in die Zeit und Werke.
Museum für Völkerkunde Hamburg
Rothenbaumchaussee 64
20148 Hamburg
Abbildung Header: Detail aus "Heilige Jungfrau Maria" - Künstler: Bernardo de Legarda- Mitte des XVIII. Jahrhunderts, Quito
Abbildungen Galerie:
1. "Heilige Jungfrau Maria" - Künstler: Bernardo de Legarda- Mitte des XVIII. Jahrhunderts, Quito
2. "Rosenkranzjungfrau mit Dominikerstammbaum" - Künstler: anonym - Ende des XVIII. Jahrhunderts - Museum des Klosters Santa Catalina
3. "Liegender Christus" - Künstler: Manuel Chili, Caspicara (zugeschrieben) - Ende des XVIII. Jahrhunderts, Nationalmuseum der Zentralbank Ecuadors
4. "Die Heilige Rosalia" - Künstler: Anonym - XVIII. Jahrhundert, Kloster Santa Clara
5. "Jungfrau von El Carmen" - Künstler: Bernardo de Legarda (zugeschrieben) - Mitte des XVIII. Jahrhunderts - Museum Fray Pedro Gosseal, Kloster San Francisco
6. "Der Heilige Josef" - Künstler: Manuel Chili Caspicara (zugeschrieben) - Ende des XVIII. Jahrhunderts - Museum Fray Pedro Gocial, Kloster San Francisco
7. "Gnadenmadonna von der Göttlichen Barmherzigkeit" - Künstler: Manuel Samaniego - Ende des XVIII. Jahrhunderts - Nationalmuseum der Zentralbank Ecuadors
8. "Erzengel Gabriel" - Künstler: Bernardo de Legarda - Mitte des XVIII. Jahrhunderts - Museum Fray Pedro Gocial, Kloster San Francisco
Alle Fotos: Christoph Hirtz
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