Kultur Blog
- Geschrieben von Claus Friede -
Es gibt viel zu tun – noch sehr viel! Vielleicht auch deswegen der recht pragmatische Titel eines Gemeinschaftsprojekts der Häuser der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden: „Kunstbesitz. Kunstverlust. Objekte und ihre Herkunft“.
Es geht schlicht um geraubte, abgepresste, zweifelhaft erworbene, unterschlagene und erbeutete Kunst- und Kulturwerke sowie -objekte. Angefangen von der Kolonialzeit über die diversen Kriege seither, befinden sich – und das gilt für viele Länder und Nationen – Werke in öffentlichen und privaten Sammlungen, die eigentlich anderen gehören. Wer die jeweils sind, ist teilweise nur sehr mühevoll – wenn überhaupt – herauszufinden. In den Museen spricht man von Provenienzforschung und da verraten die Rückseiten von Bildern oder die Unterseiten von Objekte sowie Akten voller Papiere, historische Kataloge und Publikationen oft mehr, als die Kunstwerke selbst.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -
Die Menschen zum Lachen zu bringen ist harte Arbeit. Noch schwieriger, als sie zu Tränen zu rühren. Nicht ohne Grund ist das Lachen im Deutschen ein Ort, wo man die Leute hinbringt und keine Gefühlsregung, wie der syrische Comedian Kinan Al aus Berlin beim Wettkampf um den 17. Hamburger Comedy Pokal im ausverkauften Schmidt’s TIVOLI trocken bemerkte.
Mit seinem lakonischen Humor gewann das Schwergewicht unter den sieben Finalisten im Handumdrehen die Herzen der Zuschauer, was ihm neben dem 2. Platz auch gleich noch den Publikumspreis sicherte.
- Geschrieben von Christel Busch -
„Ich habe heute die ganze, umfassende Bestialität dessen gesehen, was eines der schrecklichen Konzentrationslager der Nazis war“, schrieb US-Leutnant Albert Gaynes in einem Brief Ende April 1945 an seine Frau Debbie in New York.
Weiter heißt es „Ich habe den gottlosen Anblick selbst, mit meinen eigenen Augen, gesehen. Debbie, ich hoffe, Du wirst niemals das sehen, was ich bis zu meinem Tod vor Augen haben werde.“ Auf acht Seiten versucht Gaynes, sein Entsetzen und den menschenverachtenden Horror der Nazis in Worte zu fassen. Dem Brief fügte er dreizehn Fotografien des US-Sergeanten Robert J. Hartwig bei, welche die Befreiung der Opfer im Dachauer Außenlager Landsberg-Kaufering dokumentieren. Fünfzig Jahre später hat die amerikanische, in Israel geborene Künstlerin Yardena Donig-Youner die Dokumente zu einer Ausstellung „A Letter to Debbie“, verarbeitet.
- Geschrieben von Dagmar Reichardt -
Ein Tusch, ein Trommelwirbel und… „the show is on“! So steuert Hollywood unsere Emotionen, und so dirigiert Morricone seine prolongierte Episode der „Farewell-Tour“, die ihn 2019 in die ausverkaufte Berliner Mercedes-Benz-Arena führt – überhaupt nicht! Zum „allerletzten Mal in Deutschland“ gibt der neunzigjährige Maestro ein Live-Konzert in Deutschland, der sich in Zukunft ganz seiner Familie und der „absoluten Musik“ widmen will. Neugierig sprach ich mit Morricone exklusiv und bin ihm nach Berlin gefolgt.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -
Vier Stunden und keine Minute zu lang. Auf Kampnagel begeisterte das Tanztheater Wuppertal mit seinem Gastspiel „1980 – Ein Stück von Pina Bausch“ – einem wahrhaft magischen Abend, dem es 39 Jahre nach seiner Uraufführung immer noch gelingt, Sehgewohnheiten zu torpedieren.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -
Es ist das wohl böseste Ehedrama, das je geschrieben wurde. Und auch das bekannteste: Dutzende Male wurde Edward Albees Theaterstück „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ von 1962 für die Bühne bearbeitet.
Die Verfilmung mit Elizabeth Taylor und Richard Burton (1966) ist legendär. Nun hat Karin Beier den gnadenlosen Geschlechterkampf am Deutschen Schauspielhaus Hamburg mit Maria Schrader und Devid Striesow inszeniert – als einen klug auf zwei Stunden gekürzten Wettkampf zweier intellektueller Hochleistungs-Exhibitionisten, die ihre gegenseitige Zerfleischung coram publico als eine Art akademische Disziplin um die schmerzhaftesten Verbalinjurien austragen.
- Geschrieben von Anna Grillet -
Auf absurde menschliche Abgründe versteht sich Yorgos Lanthimos wie kaum ein anderer. Dieses Mal entsagt der griechische Regisseur seinem surrealistisch distanzierten kühlen Stil, entführt uns stattdessen in einen betörenden wie klaustrophobischen barocken Kosmos der Dekadenz.
„The Favorite – Intrigen und Irrsinn” ist eine bitterböse brillante Satire über drei Frauen im Kampf um Macht und Gunst am britischen Hof Anfang des 18. Jahrhunderts. Wundervoll maliziös inszeniert, opulent, raffiniert der Spott wie der Dekor. Das Schloss wird zur Bühne, ein hochemotionales Schlachtfeld, hier sind Männer lediglich Mittel zum Zweck, sie spielen nur noch eine klägliche Nebenrolle. Belohnt wurde die bild- und wortgewaltige Groteske dafür mit zehn Oscar-Nominierungen.
- Geschrieben von Christel Busch -
„Als vielleicht geschichtlich bedeutendste, sicher professionellste ungarische Fotografin, die in der Weimarer Republik sowohl durch Moholys „Neues Sehen“ wie durch die „Neue Sachlichkeit“ geprägt wurde, ist Eva Besnyö anzusehen“. (Andreas Haus, Marburg 1986)
Die Ausstellung im Paula Modersohn-Becker Museum in Bremen geht der Frage nach wie sie Fotografie-historisch einzuordnen ist. Als Straßen-, Portrait- und Werbefotografin, als Kriegs- und Zeitdokumentaristin sowie als Reportagefotografin und Bildberichterstatterin, als Architektur-, Wissenschafts - und Naturfotografin? Sie war alles zugleich. Die ungarisch-niederländische Fotografin Eva Besnyö (1910 Budapest - 2003 Amsterdam) passt mit ihrem fotografischen Œuvre in keine Schublade.
- Geschrieben von Claus Friede -
Wenn man sich die biographischen Daten des Kameramanns und Fotografen Bernd Meiners anschaut, so erhält man schnell ein recht klares und präzises Bild der Person.
1974 legte er zunächst seine Meisterprüfung als Fotograf ab und studierte dann von 1980 bis 86 Visuelle Kommunikation beim Dokumentarfilm- und Videoprofessor Gerd Roscher und beim Bühnenbildner und Regisseur Wilfried Minks an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg. Seither ist Meiners aus den Bereichen Kunst-, Dokumentarfilm sowie der Fotografie nicht wegzudenken. Das bestätigen auch viele Ausstellungen und Preise und Auszeichnungen, die er als Kameramann erhalten hat, den Bundesfilmpreis in Gold, den österreichischen Kamerapreis oder den Gold Camera Award in Los Angeles, um nur einige zu nennen.
- Geschrieben von Anna Grillet -
Beirut. Das Alter von Zain (Zain al Rafeea) wird auf zwölf Jahre geschätzt, genau weiß es keiner. Der schmächtige magere Junge sieht viel jünger aus, aber der Zorn, sein Zynismus ist der eines Erwachsenen. Das Kind illegaler syrischer Immigranten verbüßt eine fünfjährige Haftstrafe, doch in diesem Prozess steht Zain als Kläger vor Gericht, er verklagt seine Eltern, weil sie ihn auf die Welt gebracht haben.
Drei Jahre hat Nadine Labaki für „Capernaum – Stadt der Hoffnung” recherchiert. Die Dreharbeiten begannen kurz nach der Geburt ihrer Tochter Myroon und dauerten sechs Monate. Die libanesische Regisseurin löst meisterhaft die Grenze zwischen Fiktion und Realität auf, dahinter verbirgt sich eine ästhetisch virtuos inszenierte „Mad Max”- Allegorie voll rauer Poesie und fordernder Systemkritik. Erschütternd, herzzerreißend, fern jeder Sentimentalität.