Musik
Ensemble Resonanz: Don Quijote tanzt und verführt an der Alster

Die spanische Romanfigur (be-)geistert musikalisch durch halb Europa und vier Jahrhunderte – sein kongeniales Medium in der kleinen Musikhalle: das Ensemble Resonanz und der Cellist Jean-Guihen Queyras
.

Das Ensemble Resonanz – konzeptionell eine Schnittstelle zwischen Solistenensemble und Kammerorchester – vereinte an einem Abend Komponisten, die sich in ihren Werken musikalisch mit Don Quijote oder seinem Herkunftsland Spanien auseinandergesetzt haben: Georg Philipp Telemann, Luigi Boccherini, Francisco Guerrero und Aulis Sallinen. Eine Zusammenstellung, die auf einen Vorschlag eines Mitglieds des Ensembles zurückging.

Im „Lauschangriff“, dem Einführungsdisput mit Jean-Guihen Queyras und Tobias Rempe (Geschäftsführer des Ensembles) führte der Kulturjournalist und Moderator Claus Friede das Publikum an die Kompositionen und die Musiker heran. Queyras lobte die Motivation und die Kompetenz des Streicherensembles, mit welchem er zwischen September 2010 und Mai 2012 als Artist in Residence sechs Programme gestalten wird.

Dann das Konzert: Mit Telemanns Ouvertüre „Burlesque de Quixotte“ demonstrierte das Ensemble Resonanz Artikulationskunst und ausgeprägten Gestaltungswillen. Tänzerische und rhetorische Interpretationsansätze verschafften der spanisch-volkstümlich gefärbten Komposition Ausdrucksstärke. Bemerkenswert die rasanten Tempi, die durch ihre Leichtigkeit barock und modern zugleich wirkten.

Guerreros Streichtrios „Zayin 2“ (vor und „Zayin 5“ nach der Pause) zeichnen sich aus durch abstrakte, aber organische Formen für konzentrierten Ausdruck. Abwechselnd gebraucht der in der Nachfolge von Edgar Varèse stehende Spanier in längeren und kürzeren Steigerungen virtuos die Klangpalette verschiedener Streichtechniken (Doppelgriffstaccati, Glissandi, Flautati und Flageoletts). Drei Mitglieder des Ensembles beseelten furios diese klanglichen Abgründe.

Boccherinis Cellokonzert G-Dur (klassisch mit formalen Freiheiten der Sonatensatzform) wurde wunderbar ausmusiziert im Zusammenspiel von Solo und Tutti – von Queyras besonders verklärt und nostalgisch in den Kadenzen.
Nach der Pause wiederum Boccherini, auf deutsch „Die Nachtwache von Madrid“ in der Streichorchesterfassung – und eine musiktheatralische Burleske à la Ensemble Resonanz: Celli wurden gehalten wie Gitarren, Streichergruppen standen spielend auf, verlangten vehement Beachtung und bekamen aus dem übrigen Ensemble kontra oder Pärchen schmachteten sich zu nächtlichen folkloristischen Klängen zu. Sehr unterhaltsam und stets überzeugend der Musikvermittlung dienlich.

Was die „Nachtwache“ dem Publikum szenisch-pittoresk an Abwechslung darbot, erreichten „the nocturnal Dances of Don Juanquixote“ des Finnen Aulis Sallinen durch eine virtuose Stilcollage: kubanische, jazzige, bluesige, modernistische Klangschichten, Walzerrhythmen, Sevillanas – überquellende Buntheit allein zusammengehalten durch das Solocello. Queyras personifizierte in seinem Cellospiel den Don Quixotte in seinen verschiedenen Affekten, bis in den Tod des einsamen Helden, den das Cello alleine zum Schluss dieses musikalischen Kaleidoskops ausspielte, ohne den Humor dabei zu verlieren. Eine Milonga von Astor Piazzolla als Zugabe ließ den Abend melancholisch-verliebt ausklingen.
Was für ein erfrischendes Konzert: Bravo!

Weitere Informationen: www.ensembleresonanz.com und www.jeanguihenqueyras.com
Siehe auch: www.kultur-port.de
Foto: Benjamin Krieg, Feldkirch Festival

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