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Nachdem er einige Vorbereitungen getroffen hatte und bevor er losging, um sich zu beweisen, traf Jan eine Nachbarin im Treppenhaus. „Schon ein Schopp gefundn, Herr Hauser?“
Er schüttelte den Kopf. „Noch nicht, Frau Möller.“
„Das wird! Das wird ganz bestimmt! Solln Sie mal sehn. Jetzt, wo Sie sich von diese Frau getrennt ham wird alles gut. Schöne Festtage, falls wir uns nich mehr sehn…“
Jan hätte gern gesagt, dass Yvonne nach Weihnachten wahrscheinlich wieder kam und dass sie die Frau seines Lebens war, dass er sich schrecklich unglücklich fühlte, dass nichts gut werden würde ohne sie und dass sie ihm insofern gar nicht erst schöne Festtage zu wünschen brauchte. Aber Frau Möller hatte schon ihre Tür aufgeschlossen, lächelte ihm zu und verschwand in ihrer Wohnung.

Also trabte er zur U-Bahn und fuhr nach Harvestehude.
Hier stand er vor einer schönen alten Villa und blickte nachdenklich durch das Gitter des Gartentors auf die pompöse Haustür, an der ein Buchsbaumkranz hing. Da er kurzsichtig war, sah er alles nur ziemlich verschwommen. Und nun? Sollte er eindringen, wenn es dunkel war? Die Alarmanlagen auslösen, sich von einem Rassehund beißen lassen und die Feiertage mit Blutvergiftung im Knast verbringen?
Wie absurd, hier zu stehen und ein fremdes Haus anzustarren. Wie unrealistisch, ein Verbrechen zu planen – wie im Kino.
Andererseits wurden schließlich ständig Verbrechen begangen, ganz real…

Er schlug den Kragen hoch. Es hatte angefangen, mit großen, nassen Tropfen zu schneien, er konnte hören, wie sie leise um ihn herum und auf seinen Schultern und seinem Kopf aufklatschten, ein sehr melancholisches Geräusch.
Gerade, als Jan zu dem Schluss kam, dies sei eindeutig nichts für ihn, gerade, als er auf die andere Straßenseite wechselte, um nach Hause zu fahren, sich einen heißen Tee zu machen und im Computer nach Stellenangeboten zu suchen oder ein Röhrchen Schlaftabletten zu schlucken – genau in dem Moment rannte drüben ein kleiner blonder Junge durch den Garten, stieß die hohe Gartenpforte auf und lief durch die dünne Schicht Schneematsch. Ein schmaler kleiner Junge, ungefähr neun Jahre alt. Möglicherweise, sehr wahrscheinlich der kleine Alexander Borges junior.
Jan folgte dem Kind zögernd. Es trug keine Jacke und keinen Mantel, nur einen geringelten Pulli und eine Jeans. Schon wurden seine hellen Haare dunkel und strähnig vor Nässe.

Sechs Straßen weiter lief der Kleine plötzlich ein paar Stufen hinunter und hockte sich vor eine Kellertür. Hier saß er überdacht.
Jan stieg langsam hinterher die Stufen hinunter; sieben Stück, er zählte mit.
Der kleine Junge weinte, beide Hände in die Augen geschraubt. Jan räusperte sich, und das Kind fuhr zusammen, nahm die Hände vom Gesicht und blickte auf.
„Hey!“, sagte Jan halblaut.
Der Junge wischte sich mit dem Ärmel die Nase. „Hey. Darf ich hier mal eben sitzen?“
„Klar“, sagte Jan großzügig, als wäre er der Hausbesitzer. „Du bist ja ganz nass. Hast du keinen Anorak oder so was?“
„Doch. Schon. Aber jetzt nicht. Ich meine…“
„Nicht bei dir?“
„Hmhm.“
„Vielleicht solltest du dir was zum Überziehen holen? Wohnst du weit weg?“
„Hmmmm…“ machte der Kleine unbestimmt. „Ich will nicht nach Hause. Nie wieder!“
„Ich verstehe. Ach, übrigens, ich bin Ja… Ja….“ Jan klappte den Mund zu. Wahrscheinlich war es nicht sehr intelligent, seinen richtigen Namen zu nennen. Sollte er ihn jetzt schnell in Jakob abändern?
„Yaya? So wie Yaya Bings?“, fragte der Junge interessiert.
„Ähm – ja, genau.“
„Ist ja krass. Ich heiß Axel.“
Jan setzte sich neben das Kind auf die unterste Treppenstufe. „Und warum willst du nie mehr nach Hause?“
Axel sah gleich wieder traurig aus. „Weil sie da nur auf mir rumhacken. Ich bin an allem Schuld. Meine Mutter weint die ganze Zeit und mein Vater ist mies drauf und böse auf mich. Weil er eine Freundin hatte. Jetzt nicht mehr. Sie war nicht gut für ihn, sagt er jetzt. Aber was braucht er überhaupt eine Freundin, wenn er meine Mutter hat? „
Jan überlegte. „Vielleicht war sie besonders hübsch?“

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