Die stimmberechtigten Mitglieder des Kunstbeirates sind vom Rat der Stadt Köln als ausgewiesene Fachleute berufen und beraten als ständiges Gutachter-Gremium den Rat und seine Ausschüsse sowie die Bezirksvertretungen in allen Fragen von Kunst im öffentlichen Raum. Der Kunstbeirat ist keine selbstgeschaffene Interessenvertretung der Kunstszene, wie in Politik und Verwaltung mitunter angenommen wird. Die diesem Gremium vom Stadtrat selbst zugewiesene Funktion zu beraten und ggf. Empfehlungen zu anstehenden Entscheidungen auszusprechen, wurde in den letzten zehn Jahren nur teilweise oder gar nicht genutzt und in den jeweiligen Beschlüssen oftmals ignoriert. In vielen Fällen wurde der Kunstbeirat – entgegen der bestehenden Geschäftsordnung – weder befragt noch gehört. Seine (oft ungefragt verfassten) Stellungnahmen zu unterschiedlichen Themen blieben immer wieder unbeachtet.
Die vielen aus eigener Initiative erarbeiteten Vorschläge und Projekte wurden ebenfalls kaum wahrgenommen und trotz zahlreicher Gesprächsangebote der Kunstbeiratsmitglieder nur vereinzelt im Kulturausschuss und in der Verwaltung aufgegriffen und diskutiert.
Vor allem aber hat der Kunstbeirat in der Vergangenheit vielfach darauf hingewiesen, dass seine jetzige Verfasstheit den komplexen und umfangreichen Aufgabenstellungen für den Bereich der Kunst im öffentlichen Raum in keiner Weise entspricht. Zu den erforderlichen Veränderungen hat der Kunstbeirat bereits vor geraumer Zeit dezidiert Vorschläge gemacht, die bis heute folgenlos geblieben sind (siehe Punkt 1 in der folgenden Aufzählung).
Es gibt eine lange Liste von Beispielen für die Nichtbeachtung des Kunstbeirates und seiner ehrenamtlichen Arbeit. Dies sind die zentralen und gewichtigsten Fälle der letzten Jahre:
1. Die dringend notwendige Schaffung einer finanziellen, personellen und programmatischen Struktur für städtische Kunst im öffentlichen Raum, die diese Bezeichnung verdient, findet nicht statt. Trotz einer entsprechenden Zielsetzung in der o.g. Kulturentwicklungsplanung und der 2021 im Auftrag des Kunstbeirates erarbeiteten Studie „EG KiöR Köln“ mit konkreten Vorschlägen für ein „Kölner Modell“ werden hierzu keine Umsetzungsschritte unternommen. In der Studie werden auch beispielhaft die seit vielen Jahren erfolgreich funktionierenden Konzepte in München, Zürich und Düsseldorf betrachtet, die zeigen, dass und wie es geht.
2. Trotz aller Bemühungen des Kunstbeirates gibt es bis heute kein Konzept oder auch nur erste Aktivitäten, die eine formalisierte inhaltliche Beteiligung von Kunst und Kultur an Stadtentwicklungsprozessen ermöglichen, so wie es die Kulturentwicklungsplanung aus dem Jahr 2019 verbindlich vorsieht.
3. Die vom Kulturdezernat beauftragte Konzeption der als Triennale angelegten „Urbanen Interventionen Köln“ wurde mit ersten konkreten Projektvorhaben bereits bis zum Start einer Erstausgabe ausgearbeitet und zur Realisierung vorbereitet. 2020 erfolgten der Stopp und die „Verschiebung“ auf einen nicht genannten Zeitpunkt durch die Oberbürgermeisterin.
4. Das vom Kunstbeirat initiierte Kunstprojekt „Cumulus“ von Christian Odzuck, bei dem das ehemals am WDR-Filmhaus verbaute und seither zwischengelagerte Relief von Karl Hartung integriert werden sollte, wurde 2021 vom Kulturausschuss zur Umsetzung beschlossen. Die im Kulturdezernat mehrfach erstellte Beschlussvorlage zur notwendigen Schenkungsannahme des noch im WDR- Eigentum befindlichen Reliefs durch die Stadt Köln wurde bis heute nicht in den Rat eingebracht. Die Umsetzung ist auch drei Jahre nach dem Beschluss des Kulturausschusses nicht erfolgt.
5. Die aktuellen Planungen für die Verlängerung der Stadtbahn von der Bonner Straße nach Süden bis Meschenich nehmen durch einen Brückenbau über den Verteilerkreis hinweg eine Zerstörung des Kunstwerks „Standortmitte“ in Kauf. Der Kunstbeirat blieb in der Beratungsfolge zur entsprechenden Beschlussfassung unberücksichtigt. Seine ausführliche Stellungnahme, die er aus eigener Initiative verfasste und dem Rat mitteilte, blieb unberücksichtigt. Gleiches gilt für die Planung einer Fußgänger- und Fahrradbrücke über den Rhein, die linksrheinisch auf dem Elisabeth-Treskow-Platz im Rheinauhafen errichtet werden soll und das Kunstwerk „Leuchtturm“ betrifft.
Im März 2024 ging das folgende Schreiben des Kunstbeirates an die kulturpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen im Stadtrat:
Am 29. Februar 2024 hat der Kunstbeirat getagt. Zu dieser Sitzung hatten wir aus besonderem Anlass neben den ständigen Gremiumsmitgliedern auch die kulturpolitischen Sprecher*innen der Ratsfraktionen eingeladen. Einziger Tagesordnungspunkt war die aktuelle Situation und die Zukunft des Kunstbeirats. Aufgrund unserer nunmehr jahrelangen Tätigkeit sehen wir dringenden Handlungs- und Veränderungsbedarf nicht nur bezüglich unseres Gremiums, sondern für die Kunst im öffentlichen Raum ganz allgemein.
Den Diskussionsverlauf der Sitzung haben wir als sehr konstruktiv wahrgenommen, und die positiven Rückmeldungen – auch aus Ihrer Fraktion – ermutigen uns, die in der Sitzung angedachten weiteren Schritte gemeinsam mit den politischen Kräften dieser Stadt zu gehen. Wir haben uns in der Sitzung darauf verständigt, mit mindestens zwei Anträgen das Gremium Kunstbeirat und die Kunst im öffentlichen Raum für Köln voranzubringen: Zum einen soll das Projekt „Urbane Interventionen Köln (UIK)" wiederbelebt werden, und zum anderen soll auf Grundlage der Ausarbeitung „EG KiöR Köln“ von Stefanie Klingemann, die selbst einige Jahre Mitglied des Kunstbeirats war, die Verwaltung mit der Weiterentwicklung des Kunstbeirats zu einer neuen arbeits- und entscheidungsfähigen Struktur beauftragt werden. Zu Ihrer besseren Information senden wir die beiden betreffenden Konzepte anbei mit.
Wir wünschen uns daher zwei entsprechende fraktionsübergreifende Anträge, die mit einer regelmäßigen Unterrichtung des Ausschusses für Kunst und Kultur über den jeweiligen Fortschritt verbunden sein sollten. Werden dazu Finanzmittel benötigt, so könnten diese über freie Mittel der Kulturentwicklungsplanung bereitgestellt werden, da die Umwandlung des Kunstbeirats zu einer neuen organisatorischen und programmatischen Struktur wie auch das Projekt UIK ausdrücklich benannte Bestandteile der KEP 2019 sind.
Inzwischen wurde im Ausschuss für Kunst und Kultur unter dem Titel „Kunstbeirat stärken!“ die Führung eines Fachgesprächs als dringlich beantragt und beschlossen. Das begrüßen wir sehr und stehen darüber hinaus auch für weitere Gespräche und gemeinsame Beratungen gerne zur Verfügung.
Das im obigen Schreiben erbetene Fachgespräch fand schließlich am 8. Juli 2024 statt und ergab die Zusage der kulturpolitischen Sprecher*innen, eine Ausarbeitung der vorliegenden Studie „EG KiöR Köln“ zur Neustrukturierung der Kunst im öffentlichen Raum hin zu einer beschlussreifen und damit politisch entscheidbaren Fassung zu beauftragen. Seitdem hat der Kunstbeirat von den Fraktionen oder vom Kulturausschuss keine Rückmeldung mehr erhalten.
Da der Rat der Stadt Köln die ehrenamtliche Arbeit der stimmberechtigten Mitglieder im Kunstbeirat offenbar nicht in Anspruch nehmen möchte, haben wir in unserer Sitzung am 21. November 2024 beschlossen, unsere Tätigkeit in diesem Gremium zu beenden. Mit Dank für die gute Zusammenarbeit an Michael Lohaus und Hermann Koch im Kulturdezernat und mit großem Bedauern, dass unser Engagement für die Kunst in Köln anscheinend nicht erwünscht ist, legen wir unser Ehrenamt im Kunstbeirat der Stadt Köln nieder.
Köln, 25. November 2024
Prof. Tobias Becker Lutz Fritsch
Kay von Keitz
Prof. Gereon Krebber Prof. Oliver Kruse Birgit Laskowski
Ute Piroeth
Dr. Anne Schloen
(die stimmberechtigten Mitglieder des Kunstbeirates der Stadt Köln)
Quelle: Kunstbeirat der Stadt Köln
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