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Douglas-Sirk-Preis für Julian Schnabel

Filmfest Hamburg verleiht den Douglas-Sirk-Preis an Julian Schnabel für sein künstlerisches Werk.

„Es muss nicht nur alten Damen und Herren für ihr Lebenswerk gedankt werden“, sagte Festivalleiter Albert Wiederspiel zu Beginn der Preisverleihung, „sondern es sollten gerade auch die geehrt werden, die noch mitten im Schaffen sind.“ Und das trifft auf den 59-jährigen gebürtigen New Yorker Julian Schnabel zu. Schnabel ist wie ein Renaissance-Künstler in vielen Genres zuhause, als Maler, Designer und Filmemacher – und in allen Disziplinen sehr erfolgreich. Er wird für sein Gesamtwerk geehrt, obwohl er erst 1996 mit „Basquiat“ seinen ersten Film präsentierte, nachdem er aber bereits als Maler bereits Ende der 1970ger- und in den 80ger-Jahren für internationales Aufsehen sorgte.

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Zum Filmfest Hamburg präsentierte Schnabel sein neustes Werk: „Miral“, eine Geschichte, die auf dem Buch der israelisch-palästinensisch-italienischen Autorin und Journalistin Rula Jebreal basiert und autobiographische Züge aufweist.
Er habe Jebreal in Italien kennengelernt, erzählte der Künstler, in Venedig, wo er eine Ausstellung vorbereitete. Sie habe ihn gebeten, ein Filmscript zu lesen und zu prüfen, ob er es verfilmen wolle. Begeistert war er nicht davon und schrieb ihr, sie möge ihm doch einmal das Buch zu senden. Darin habe er in der Ausführlichkeit dann seine Filmgeschichte gefunden. Eine Geschichte über die Emotionalität des Alltags, über Kindheit und Jugend, über Erziehung und Lebenshaltungen in Konfliktsituationen in Israel und Palästina.
Schnabel las dem Filmfestpublikum Passagen aus seinem Brief an die Autorin vor, den er ihr nach Lesen des Buches „Miral“ (im Deutschen: „Die Straße der Blumen“) zusandte: „Für mich ist es unwichtig welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen – sondern vielmehr welche Kinder wir der Welt hinterlassen!“

Der in München lehrende Kunsthistoriker und -soziologe Prof. Dr. Walter Grasskamp hielt die Laudatio auf den Douglas-Sirk-Preisträger und sagte:
"Ende der siebziger Jahre eroberte eine neue Generation von Malern in kurzer Zeit den transatlantischen Kunstbetrieb.
In Deutschland nannte man sie die Jungen Wilden – ein ziemlich blöder Name – aber jung waren sie in der Tat.
Nie zuvor in der Geschichte sind so junge Künstler so schnell so erfolgreich gewesen: Die Abstrakten Expressionisten hatten ihren internationalen Durchbruch erst mit Ende vierzig erlebt; die Pop-Künstler dann mit Ende dreißig, aber die Jungen Wilden waren gerade mal Ende zwanzig.

Darin war Julian Schnabel keine Ausnahme, denn er hatte seine erste Einzelausstellung in einem Museum bereits mit 25 Jahren.
  

Als dann aber 1982, auf der documenta 7, das Erntedankfest der neuen Malerei gefeiert wurde – da war Julian Schnabel doch die Ausnahme. Denn in dieser Weltausstellung der Kunst, auf der Gleichaltrige wie Dokoupil oder Salomé zu sehen waren, Keith Haring oder David Salle, fehlte ausgerechnet der Künstler, der damals international am meisten diskutiert wurde: Julian Schnabel. Was die anderen Trendausstellungen der 1980er Jahre angeht – A New Spirit in Painting, Zeitgeist oder Westkunst – so war Schnabel natürlich auf ihnen vertreten und also keine Ausnahme.
Aber er gehörte dann wiederum zu den Ausnahmen, weil ihm der Erfolg auf dem Kunstmarkt treu blieb. Das unterscheidet ihn von anderen ‚overnight sensations’ seiner Generation, von denen einige ihre Ateliermiete später nicht mehr zahlen konnten oder inzwischen von Hartz IV leben, falls sie sich nicht auf eine Akademieprofessur hatten retten können; ich nenne keine Namen.

Was Julian Schnabel aus seiner Generation aber als ganz besondere Ausnahme hervorhebt, ist, was er aus seinem Erfolg als Maler machte. Denn er löste ein Versprechen ein, das andere in seiner Generation zu früh abgegeben hatten, um es erfüllen zu können - das Versprechen nämlich, dass ein Künstler nicht lebenslänglich an die Gattung gebunden bleiben muss, mit der er berühmt geworden ist. In der Moderne ist diese Freiheit des Branchenwechsels nur selten ausgelebt worden – im kurzen Frühling von Dada und Surrealismus, als Künstler, Filmemacher und Dichter die Künste durcheinander würfelten. Ansonsten galt als künstlerische Freiheit stets die Schusterweisheit, bei seinen Leisten zu bleiben.

Erst in Andy Warhols ‚factory’ wurden die Grenzen zwischen den Gattungen wieder überspielt – zwischen Film und Musik, Malerei und Druckgrafik, Zeichnung und Zeitung. Und seit den achtziger Jahren ist es üblich, dass Künstler mit Video, Performance, Fotografie, Malerei und welchen Gattungen auch immer gleichzeitig arbeiten.
Aber wer von ihnen hätte, wie Julian Schnabel, ein Œuvre sowohl in der Malerei wie im Film vorzuweisen, das zugleich Anerkennung bei der Kritik findet und erfolgreich ist? Das könnte man wieder eine Ausnahme nennen, aber es ist singulär.
Vor allem ist Julian Schnabel nämlich ein Ausnahmekünstler, weil er dem Erfolg einen neuen Sinn gegeben hat.
In der Kunstgeschichte der Moderne zählte der Erfolg eigentlich nicht; vielmehr hat lange der Misserfolg als das Kennzeichen des wahren Künstlers gegolten. Deshalb war Vincent van Gogh ihr Heros.
Es ist daher kein Zufall, dass Vincent van Gogh direkt zu Beginn des ersten Films von Julian Schnabel beschworen wird, denn dieser Film handelt vom Gegenteil – vom frühen Erfolg, der das Leben kosten kann: „Basquiat“ war erst 21 Jahre alt gewesen, als er 1982 auf der bereits erwähnten 'documenta7' ausgestellt wurde.
Damit hatte die rasante Verjüngung des Ruhms im Kunstbetrieb beinahe jene Jugendmarkierung erreicht, die Arthur Rimbaud immer noch als Rekord hält – freilich, ohne dass man anschließend noch in irgendeinem Aden verschwinden könnte.
An dem Film „Basquiat“ finde ich besonders überzeugend, wie selten er seinen Helden beim Malen zeigt.
Es ist nämlich schwierig, wenn nicht unmöglich und manchmal sogar richtig peinlich, Maler bei der Arbeit zu filmen – und erst recht Schauspieler, die Maler spielen.

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