Chinesisches Neujahr und Frühjahrsfest – eine Reise durch die Feuerwerks- und Laternenfestkultur Taiwans — Teil 2/3
Die Reise in die chinesischen Neujahrsfestlichkeiten geht weiter. Und selbst in den drei KulturPort.De-Beiträgen kann ich nur kurz in die Vielzahl der Veranstaltungen, Events und Traditionen eintauchen. Das Allerbeste ist, jeder reist selbst einmal in der Zeit nach Taiwan und bringt seinen Erlebnisbericht mit nach Europa.
Es ist ein eher ungewöhnliches und selbst für taiwanisch-temperamentvolle Verhältnisse ein sehr eigenes religiöses Fest: das Beehive Fireworks Festival (dt.: Bienenkorb Feuerwerk Festival). Dafür ist es eines, dass seit dem 18. Jahrhundert gefeiert wird, da kann man getrost von Tradition sprechen. Eine Cholera-Epedemie hatte die Stadt Yanshui seit mehr als 20 Jahren im Griff. Die Einheimischen beteten und baten den chinesischen Kriegsgott Guan-gong, die Massenerkrankung abzuwehren. Am Tag des Laternenfestivals (fünfzehn Tage nach chinesische Neujahr) wurden Feuerwerkskörper entlang der Straßen gezündet, in die Hoffnung, Guan-gong möge in das Dorf kommen und helfen. Besser kann man wohl nicht auf sich aufmerksam machen! Und tatsächlich die Epidemie wurde besiegt, aber das Feuerwerkgetöse setzte sich als Brauchtum fort und nahm schließlich die gesamte Stadt für sich ein. Besucht man Yanshui, gelegen im äußersten Norden des Bezirks Tainan, außerhalb der Frühjahrsfeierlichkeiten wirkt sie eher schmucklos und durchschnittlich.
Ausgangspunkt des Feuerwerkfestivals – das die Stadt über zwei Tage in Atem hält – ist der 1715 gebaute und 1799 in seiner heutigen Form ausgestaltete Wu- (bzw. Guan-di-)Tempel. Seine beeindruckende Schönheit und die vielen Details, Dekors und ausgeschmückten Winkel, auf mehreren Stockwerken und bis hinauf aufs Dach, ist allein einen Besuch wert.
Der Eingangsbereich wirkt wie eine Leistungsschau floraler Kunst, so fallen einem die Räucherstäbchennäpfe, Gebetszettel und Spendenurnen erst beim zweiten Blick auf.
Direkt hinter dem Guan-di-Tempel sind verschiedene Service-Gebäude, in denen an langen Schnüren unzählbar viele Feuerwerkskörper in Reih und Glied gebracht und miteinander verbunden werden.
Schon Tage vor den Festival sind in der örtlichen Turnhalle, die an Bienenstöcke erinnernden Kästen mit den Feuerwerkskörperbatterien bestückt worden.
Wenn dann die Dämmerung über Yanshui hereinbricht füllt sich langsam der Tempelvorplatz und die verschiedenen Gruppen formieren sich und bereiten sich auf ihre jeweiligen Aufgaben vor.
Bevor sich die Teilnehmer jedoch auf ihren Prozessionsweg durch die Stadt machen können, müssen sie die Sicherheitsvorschriften beachten. Dazu gehört in besonderer Weise schützende Kleidung, denn die Feuerwerkskörper werden teilweise in die Menge geschossen. Zur Ausrüstung gehört ein Helm mit Gesichtsschutz, ein dickes Halstuch, Handschuhe, feuerfeste Jacke und Hose sowie festes Schuhwerk. Schilder in chinesischer und englischer Sprache sind allerorts zu finden.
Richtig gekleidet können sich dann die zumeist jungen Besucher ins Getümmel stürzen. Lediglich die Anwohner, die für das Spektakel vor die Haustüren treten, sind zumeist ungeschützt. Nach dem Eröffnungsreden und dem -signal, eine unüberhörbar laute Sirene, zieht unter den ersten Feuerwerkssalven die mit Lichtern und Figuren geschmückte Wagenkolonne durch die Stadt.
Spätestens wenn der Passionszug losgezogen ist, weiß jeder warum die Sicherheitsvorschriften gelten: neben einigen Höhenfeuerwerken, werden nun vor allem die Batterien in den Bienenstöcken gezündet und die fliegen wie ein wild gewordener Bienenschwarm kreuz und quer in, durch und über die johlende Menschenmenge. Für Bürger Yanshuis gilt es mindestens von einem Feuerwerkskörper getroffen zu werden, weil dies dann für das gerade begonnen Jahr jedes Unglück abwendet.
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Das Feuerwerk gleicht einer martialischen Show mit Leuchtspurmunition und es ist ratsam, Ohrstöpsel zu tragen. Für Europäer erinnern mache Szenen an G7-Gipfeltreffen... Nur gut, dass hier Gewalt gar kein Thema ist und so verblasst diese Erinnerung und neue überlagen diese. Für Feinstaub-Allergiker oder -Neurotiker wäre es nicht günstig das Beehive Fireworks Festival zu besuchen.Wer sich nicht ins Zentrum der Gefahren begeben möchte, der hat die Möglichkeit, von höheren Positionen aus das Festival zu beobachten, aber auch dort ist man nicht vor Feuerwerkstreffern geschützt. Der Rund-um-Blick über die Stadt – vor allem bei Vollmond – vom Dach eines Tempelgebäudes belohnt in anderer Art als mittendrin zu sein, im Getümmel.
Das Festival geht über zwei Nächte und in denen kommt die Stadt nicht zur Ruhe. Aber selbst dann, wenn man sich dem direkten Feuerwerk entziehen möchte haben die Besucher vielfache Möglichkeit sich an den vielen Verkaufsständen mit Köstlichkeiten der Region einzudecken, besonders erwähnenswert das Obst.
Beehive Fireworks Festival 2019
Weitere InformationenLesen Sie auch Teil 1/3 von "Chinesisches Neujahr und Frühjahrsfest – eine Reise durch die Feuerwerks- und Laternenfestkultur Taiwans": 2019 Taiwan Lantern Festival
KulturPort.De — Follows Art dankt dem "Ministery for Foreign Affairs", Taipeh und der Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Büro Hamburg dem 2019 Beehive Fireworks Festival in Yanshui, der Stadt- und Bezirksverwaltung von Tainan sowie Exploring Tainan Cultural Assets & Heritages Company für die Unterstützung.
Abbildungsnachweis:
Headerfoto: © Bo-Tai Shih, Exploring Tainan Cultural Assets & Heritages Company
01: Quelle Wikipedia. Foto: Pbdragonwang. Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported
02und 03: Fotos: © Claus Friede
04und 05: Fotos: © Bo-Tai Shih, Exploring Tainan Cultural Assets & Heritages Company
06: Foto: © Claus Friede
07: Sicherheitshinweisim Programmheft des Beehive Fireworks Festival 2019
08 bis 11: Fotos: © Bo-Tai Shih, Exploring Tainan Cultural Assets & Heritages Company
12und 13: Fotos: © Claus Friede
Video © Claus Friede
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