
Es ist eine vollkommene Liebeserklärung, die die gebürtige Berliner Mezzosopranistin, Kammersängerin, Regisseurin und Leiterin des Richard-Strauss-Festivals Brigitte Fassbaender ihrem Lieblingskomponisten macht: Sie ist die treibende Kraft hinter diesem Mammutprojekt, das gemeinsam mit dem Richard Strauss Institut in Garmisch-Partenkirchen im Vorfeld zum 150. Geburtstag des Meisters in Planung ging.
Herausgekommen sind 250 Stunden digitales Aufnahmematerial katalysiert auf neun Stunden auf neun CDs, die von vielen Künstlern – allein vierzehn Sängerinnen und Sänger und fünf Pianisten – meisterlich bespielt und besungen wurden. Die Liste der Lyriker, deren Texte von Strauss vertont wurden ist wesentlich länger: Goethe, Shakespeare, Brentano, Uhland, Fallersleben, Liliencron und Morgenstern sind dabei. Bis 1891 beschäftigte er sich eigentlich lediglich mit drei Lyrikern intensiv: August von Schack, Felix Dahn und Hermann von Gilm, wohl weil ihre Texte das musikalische Empfinden in kreative Wallung brachten – später taten das noch viele andere.
Wer es sich stimmlich leisten kann oder sich lediglich an der Lyrik und den Interpretation erfreuen möchte, der kann das tun, denn sämtliche 179 Lieder und 2 Melodramen sind im beigefügten Textbuch zu finden – mit englischer Übersetzung, aber extrem winzig gedruckt.

Strauss liebte, wie er es einmal für seine Opern formulierte „glückliche Worte“. Die sind auch hier reichlich zu finden, auch wenn er in den Jahren des Nationalsozialismus und als Präsident der Reichsmusikkammer (von November 1933 bis Juni 1935) gerne auch NS-ideologische Texte mit Noten versah. Damit disqualifiziert sich ein Teil des Liedguts aus jeglicher Aufführungs- und Konzertpraxis, „was auch keinen Verlust bedeutet“, wie Jürgen May vom Richard Strauss Institut richtig im Begleitheft formuliert. Das gilt auch für die melismatischen Dehnungen des Wortes „mein Führer“ am Ende des Lieds „Das Bächlein“. Strauss versuchte sich anfangs so eine Führungsposition im „Reichskulturleben“ zu sichern. Er schaffte es jedoch sich bereits vor der Kriegszeit zu distanzieren und wurde z.B. wegen seines Briefwechsels mit Stefan Zweig auch distanziert – aus welchen Gründen auch immer.
Erwähnenswert ist das letzte Lied der Anthologie, denn da ist Strauss wieder ganz Romantiker – als Mensch und Komponist. Das Klavierlied „Malven“ (TrV 297, 1948, Text: Johann Wolfgang von Goethe; „Aus Rosen, Phlox und Zinnienflor, ragen im Garten Malven empor...) bezieht sich auf das gleichnamige Gedicht von Betty Werhli-Knobel (1904-1998), das in einer Schweizer Zeitschrift erschienen war und auf das Strauss ein paar Monate vor seiner Vertonung stieß. Mit einer persönlichen Widmung für die Sopranistin Maria Jeritza (1887-1982) versehen – „Der geliebten Maria, diese letzte Rose!“ beschließt er sein Schaffen als Komponist und Kavalier mit einer Rose.
Alles Gute zum Geburtstag, Richard Strauss, und danke Brigitte Fassbaender!
Richard Strauss – Complete Voice and Piano 1870-1948
Twopianists Records (1 CD-Box mit 9 CDs)
Kat.Nr.: TP1039312
Aufgenommen in: Garmisch-Partenkirchen, zwischen 1. und 30. November 2013
R. Strauss: Complete Works for Voice and Piano - Documentary (in engl. Sprache)
R. Strauss: Complete Works for Voice and Piano - Teaser
Interview mit Brigitte Fassbaender bei KulturPort.De
Abbildungsnachweis:
Header: Einzelcover der Box
CD-Box-Cover
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