Amelie Fried: &bdquo;Traumfrau mit Ersatzteilen&ldquo;. Heiterer turbulenter Roman &uuml;bers &Auml;lterwerden

: Geschrieben von Marion Hinz - Donnerstag, 13. Oktober 2022 um 08:08 Uhr

Amelie Fried ist den meisten von uns nicht nur als Autorin, sondern auch als TV-Moderatorin bekannt. Seit 1984 moderierte sie Sendungen wie „Live aus der Alten Oper“ und „Stern-TV“. Von 1998 bis 2009 konnten wir sie gemeinsam mit Giovanni die Lorenzo in Deutschlands ältester Talkshow „3 nach 9“ erleben.

1995 erschien Amelie Frieds erstes Buch „Die Störenfrieds. Geschichten von Leo und Paulina". Damit begann ihre Erfolgsstory als Schriftstellerin: Sieben Romane wurden zu Bestsellern, vier der Romane verfilmt. Jetzt ist der 14. Roman von Amelie Fried erschienen. Auch er hat berechtigte Chancen, zum Bestseller zu werden.

„Traumfrau mit Ersatzteilen“ erzählt die (Fortsetzungs-)Geschichte von Cora, die mittlerweile in die Jahre gekommen ist und zu Beginn des Romans ihren 60. Geburtstag gar nicht feiern will. Erzählt wird eine bittersüße Komödie über die Herausforderungen des Älterwerdens, über den Verlust von Illusionen und den Wert von Freundschaft.

„Meine runden Geburtstag begannen immer harmlos und endeten mit einer Überraschung“, heißt es zu Beginn des Romans. „Nicht auszudenken, was heute passieren würde.“ Weil Cora diesmal überhaupt keine Lust hat, ihren Geburtstag zu feiern, beschließt sie, im Bett zu bleiben und den Tag einfach zu verschlafen. Das Smartphone ist ausgeschaltet, der Festnetzanschluss rausgezogen. Doch die Türklingel meldet sich erbarmungslos und vorbei ist es mit der erwünschten Ruhe. Ehemann Ivan steht vor der Tür und mit ihm die erste Geburtstagsüberraschung. Fast dreißig Jahre hält unsere Ehe nun schon. Das Praktische an so langen Beziehungen ist, dass man den anderen in- und auswendig kennt“, meint Cora. Einen weiteren Vorteil sieht sie darin, „dass man nicht mehr ununterbrochen miteinander sprechen muss“. Alle Geschichten, Beschwerden, Witze seien bekannt, man hat sie schon tausendmal gehört. „In einer guten Ehe lacht man trotzdem.“ Dennoch: Ivan ist für Überraschungen immer gut. Wobei die wenigsten seiner Überraschungen bei Cora gut ankommen. Auch nicht die aktuelle zu ihrem 60. Geburtstag.

Amelie Fried versteht es, auf kunstvolle und dennoch leichte Weise zu unterhalten. Das hat sie auch mit den beiden Traumfrau-Romanvorgängerinnen (Traumfrau mit Nebenwirkungen 1996, Traumfrau mit Lackschäden 2014) gezeigt. Es gelingt ihr auch mit dem neuen Roman. Obwohl das Buch ein ernsthaftes Thema behandelt, ist es leicht und vergnüglich zu lesen. Das betrifft auch jene Stellen, die sich mit den körperlichen Tücken des Älterwerdens auseinandersetzen. „Das Problem des Älterwerdens ist, dass man dem Eindruck der Verwahrlosung schwer etwas entgegensetzen kann.“ Sätze wie diese entfalten aufgrund ihrer Übertreibung erheiternde Komik und gewinnen durch ihren positiven Unterhaltungswert. Nachdenklich machen Äußerungen der Romanfigur wie die folgende: „Die Person, die mir im Spiegel entgegensah, war äußerlich gealtert, innerlich aber nahezu die gleiche wie damals. Das war vielleicht die größte Überraschung am Älterwerden: dass die anderen einen als verändert wahrnehmen, man aber im Kern die Persönlichkeit blieb, die man immer schon war. Mit ein bisschen mehr Wissen und Erfahrung, aber im Wesentlichen doch dieselbe.“ Unterhaltsam zu sein und den Leser*innen etwas zum Nachdenken mitzugeben, beides zu erreichen, ist Prinzip bei Amelie Fried. „Ich glaube, dass es – bei allem Lesevergnügen – in den Geschichten um etwas gehen muss, wenn man als Leser*in dabeibleiben soll“, äußert sie hierzu in einem Interview.

Amelie Fried Traumfrau mit Ersatzteilen Cover Geschrieben hat Autorin Fried das Buch für alle Fans der Traumfrau-Romane, aber auch für Neueinsteiger. Für sie selbst hat sich der Begriff Traumfrau über die Jahre geändert. Er war aber von Anfang an ironisch gemeint. „Es gibt keine Traumfrauen“, so die Autorin. Dies sei immer eine Projektion von anderen, die ihre Vorstellung von Schönheit und Weiblichkeit auf jemand übertragen. Amelie Fried will auch mit diesem neuen Roman möglichst vielen Frauen Mut machen, zu sich selbst zu stehen, den Humor nicht zu verlieren, obwohl das Älterwerden bekanntlich nicht immer lustig ist. Das merkt auch Protagonistin Cora. Für sie ist es eine Zumutung, sechzig zu werden. Immerhin, zehn Jahre lang hat sie das Älterwerden erfolgreich verdrängt. Doch nun scheint es ihr nicht mehr zu gelingen. Plötzlich wollen alle von ihr wissen, welche Träume sie sich noch erfüllen möchte in ihrem Leben, das bereits mehr als die Hälfte gedauert hat.

Zehn Jahre liegen zwischen den bisher drei Traumfrau-Büchern. Sie beginnen immer an einem runden Geburtstag. Nebenher hat Amelie Fried viele andere Bücher geschrieben, Kinderbücher, Sachbücher, weitere Romane. Nun ist ihre und unsere Traumfrau zurückgekehrt, und Amelie Fried nimmt den Erzählfaden um Cora wieder auf. Die erzählten Geschichten haben viel mit Amelie Frieds eigenen Erfahrungen zu tun. Genau deshalb wirken ihre Traumfrau-Romane auch so authentisch. So wie auch Amelie Fried selbst, was nach eigener Aussage nicht immer gelingt - beweist Romanheldin Cora in fast allen Lebenslagen Humor und Selbstironie. Auch deren Leidenschaft für gutes Essen und deren Abneigung für narzisstische Männer teilt die Schriftstellerin.

Mit einem Narzisst ist Traumfrau Cora allerdings offensichtlich selbst verheiratet. Seine Überraschung zum 60. Geburtstag erweist sich für sie als Flop. Auch alles Weitere scheint von nun an schief zu gehen. Sohn Paul verlobt sich mit seiner Freundin, die von Cora überhaupt nicht gemocht wird und Coras beste Freundin lüftet ein Geheimnis, das ihre langjährige Freundschaft zu zerstören droht. Und dann erhält Cora auch noch eine Nachricht, die ihr ganzes Leben verändern könnte und die sie vor eine schwierige Entscheidung stellt. Am Ende des Romans ist Cora um ein paar Illusionen ärmer und ein paar Erfahrungen reicher. Die Moral der flüssig erzählten Story lautet: Heute ist der erste Tag deines Lebens, mach was draus. So heißt es schon im Klappentext. Ein guter Rat, dem zu folgen sich lohnt.