Film
„Happy, Happy“ - von wegen glücklich! - 53. Nordische Filmtage Lübeck

Die 53. Nordischen Filmtage in Lübeck eröffnete der norwegische Beitrag „Happy, Happy“ (Sykt lykkelig).
Die Tragikomödie der jungen Regisseurin Anne Sewitzky, die mit ihren dreiunddreißig Jahren zu den Hoffnungsträgern der Filmszene in Norwegen gehört, erzählt die verhängnisvollen Beziehungen von zwei Ehepaaren in der tief verschneiten norwegischen Provinz. „Happy“ ist hier jedoch niemand. Im Gegenteil: Hinter scheinbar glücklichen, bürgerlichen Fassaden tun sich menschliche Schicksale auf.

Die Story des Films:
Elisabeth (Maibritt Saerens) und Sigve (Henrik Rafaelsen) ziehen mit ihrem adoptierten, afrikanischen Sohn in ein kleines Dorf auf dem Lande. Verliebt und selbstbewusst erscheinend, möchte das Ehepaar nach einer Affäre Elisabeths in der ländlichen Einsamkeit einen Neuanfang wagen. In dem gegenüberliegendem Haus leben Kaja (Agnes Kittelsen) und Eirik (Joachim Rafaelsen) mit ihrem Sohn. Gemeinsame Abende bringen die Familien freundschaftlich näher. Schon bald wird klar, dass es auch in der Beziehung von Kaja und Eirik kriselt. Während Kaja zum „Happy-Sein“ einen Mann, ein Haus und Kinder benötigt, drückt Eirik sich vor seinen ehelichen Pflichten und dem Wunsch seiner Frau nach einem weiteren Kind. Er geht lieber mit seinen Freunden auf Elchjagd. Zudem macht Eiriks latente Homosexualität eine enge Beziehung zu seiner von ihm als unattraktiv empfundenen Ehefrau unmöglich. Es kommt, wie es kommen muss: Kajas ungestillte Sexualität findet Erfüllung in der leidenschaftlichen Beziehung mit Sigve. Kaja, Elisabeth und Sigve singen gemeinsam im Dorfchor. Die Situation eskaliert auf einem abendlichen Chorsingen, bei dem Kaja mit ihrer hohen Fistelstimme "Amazing Grace" singt. Die Affäre ist nicht mehr zu verheimlichen. Während die Erwachsenen in ihre Liebesbeziehungen verstrickt sind, spielen die beiden Kinder Herr und Sklave nach einem Buch über die afrikanische Sklaverei. Bizarr, wie der kleine Afrikaner ohne sich zu wehren die Schikanen des weißen Jungen akzeptiert. Nur Kinderspiele? Oder was sollen diese Spielszenen dem Zuschauer sagen? Verwirrend auch die vier Musiker, die in kurzen Zäsuren die Handlung singend kommentieren.
Fazit dieses Films: Beide Ehepaare finden wieder zueinander. Elisabeth und Sigve verlassen mit ihrem Sohn das kleine norwegische Dorf.

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„Happy, Happy“ ist keineswegs eine leichte Komödie, sondern tiefgründiges Erzählkino. Der Film wird getragen von den grandiosen Leistungen seiner Schauspieler. Der Eindruck, dass Sex im Vordergrund dieses Spielfilmes steht, ist falsch. Es geht um Menschen mit kaputten zwischenmenschlichen Beziehungen, die mit einem vordergründigen „Happy-Sein“ kaschiert werden. Dennoch werden die 'Schrullen' der einzelnen Protagonisten humorvoll erzählt: Kaja mit ihrer Naivität und ihrem Hunger nach Sexualität sowie heilem Familienleben, der Eigenbrötler Eirik, der vor seiner Frau flieht und lieber auf Elchjagd geht, die taffe Elisabeth, die versucht, eine intakte Fassade aufrecht zu halten und der labile Sigve, der den Verlockungen des Fleisches erliegt.
„Happy, Happy“ ist der erste Spielfilm der norwegischen Regisseurin Anne Sewitsky. Auf dem diesjährigen Sundance Filmfestival in Utah gewann die Tragikomödie den World Cinema Grand Jury Prize. Norwegen schickt diesen Film übrigens auch als Kandidaten für den "Oscar 2011" ins Rennen.

Regie: Anne Sewitsky
Drehbuch: Ragnhild Tronvoll
Mit: Agnes Kittelsen (Kaja), Henrik Rafaelsen (Sigve), Joachim Rafaelsen (Eirik), Maibritt Saerens (Elisabeth), Oskar Hernæs Brandsø (Theodor), Ram Shihab Ebedy (Noa), Heine Totland (Dirigent)

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Vom 2. bis 6. November 2011 werden 147 Filme aus zehn nordeuropäischen Ländern gezeigt. Selbst für eingefleischte Cineasten ein Mammutprogramm, das viel „Sitzvermögen“ erfordert. Das Spektrum ist breit gefächert: Es reicht von Spiel- und Dokumentarfilmen, Kurzfilmen, Retrospektiven und Specials, Filmen für junge Zuschauer bis zu deutschen Produktionen des Filmforums. 150 Filmschaffende aus Skandinavien, dem Baltikum und Norddeutschland kämpfen um einen der begehrten acht Filmpreise.

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