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Film BlacKkKlansman

Ein schwarzer Cop infiltriert den Ku-Klux-Klan, es klingt verrückt, unglaublich, aber die Geschichte des „BlacKkKlansman” ist wahr und Spike Lees zornigster Film: überbordend, urkomisch, todernst, politisch hochexplosiv, leidenschaftlich und nüchtern zugleich. Das packende Leinwand-Epos basiert auf der Autobiographie von Ron Stallworth, der 1978 undercover sieben Monate lang gegen die Organisation ermittelte.
Die facettenreiche Agit-Prop-Satire wechselt ständig zwischen lustvoll Clowneskem und Dokumentarischem, Black Power und übelster Rassendiskriminierung. Auch wenn der Zuschauer sich oft nur ergötzt an der grotesken Tumbheit des Gegners, so wird doch das Lachen bald zum rebellischen Aufbegehren. Was am Ende bleibt, ist ein Gefühl des puren Entsetzens. Donald Trump und die gewalttätigen Ausschreitungen der Rechtsextremen 2017 in Charlottesville/Virginia sind omnipräsent.

Ron Stallworth (John David Washington) ist der erste Schwarze beim Police-Department von Colorado Springs und auch der jüngste Detective, beim Vorstellungsgespräch hat er sich virtuos durch die Fangfragen larviert. Willkommen ist der Neuling wahrlich nicht allen Kollegen, ihm schlägt auch offener Hass entgegen, doch Ron ist keiner der sich leicht verunsichern lässt, er begehrt auf, will die Zeit nicht weiter zwischen staubigen Akten im Keller zu vergeuden. Sein erster Einsatz als verdeckter Ermittler führt ihn zu einem Vortrag des Black-Panther-Aktivisten, Kwame Ture aka Stokely Carmichael (Corey Hawkins). Es ist eine unangenehme Gewissensprüfung für den jungen Cop, solche wie er sind dort verpönt, Verräter, Handlanger eines weißen Unrechtssystems, das Schwarze seit Jahrhunderten unterdrückt und ausbeutet. Ture ist ein begnadeter Redner, die Begeisterung der afroamerikanischen Studenten ansteckend.

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Der verkabelte Ron würde nur zu gern mit einstimmen in den Sprechchor der Unzufriedenen, die Faust erheben in kämpferischer Solidarität, wenn der radikale charismatische Bürgerrechtler schildert, wie selbst er sich hatte manipulieren lassen, als Kind den weißen „Tarzan” auf der Leinwand anfeuerte, jene Schwarzen, die nichts weiter waren als wilde Bestien, zu vernichten. Das Kino reflektiert sich selbst, „BlacKkKlansman” beginnt mit einer der legendären Szenen des Südstaaten-Klassikers „Vom Winde verweht” (1939), in der Scarlett O’Hara über einen Platz voller verwundeter konföderierter Soldaten irrt. Das rassistische schwülstige Machwerk wird quasi zur Kulisse für einen Cameo-Auftritt Alec Baldwins, dem Spezialisten für Trump-Parodien. Hier verkörpert er einen rechten Hardliner der White Power Bewegung bei den ridikülen Bemühungen einen wirkungsvollen Spot über die Überlegenheit des Weißen Amerikas zu drehen. Immer wieder verhaspelt er sich, fängt den verpatzten Satz von Neuem an, blickt dabei Beifall heischend in die Kamera.

Während seines Undercover-Auftritts verliebt sich der coole wortgewandte Cop in die politisch engagierte Afro-Amerikanerin Patrice Dumas, Präsidentin der Black Students Union (Laura Harrier). Von diesem Moment an kann er keinem Menschen gegenüber mehr wirklich ehrlich sein. Ein verzweifelt diffiziles Versteckspiel beginnt. Seinen Vorgesetzten überzeugt er, dass die Sorge über mögliche terroristische Attentate von Seiten der Black Panther übertrieben sei. Der Chef ist voll des Lobes, niemand ahnt, dass Rons Interesse an Patrice etwas Anderes sein könnte als beruflicher Ehrgeiz. Der ambitionierte Youngster hat nun einen festen Platz im Geheimdienst-Team des Departments. Beim Lesen der Zeitung fällt ihm eine Anzeige der örtlichen Niederlassung des Ku-Klux-Klans auf. Spontan wählt er die Telefonnummer, mit dem für weiße Rassisten typischen Akzent bekundet er sein Interesse auf dem Anrufbeantworter. Wenig später schon der Rückruf, die Kollegen starren ihn entgeistert an, wie er voller Abscheu über Schwarze, Juden, Mexikaner, Iren herzieht, jener Ron Stallworth verachtet ganz offensichtlich jeden, in dessen Adern nicht reines arisches Blut fließt und sehnt sich von ganzem Herzen nach Gleichgesinnten.

Walter Breachway, Leiter der KKK-Ortsgruppe, freut sich über solch gottesfürchtigen Mann, die Gespräche mit ihm bereiten dem Youngster ungeheures Vergnügen genau wie dem Zuschauer, einer Mitgliedschaft in der Organisation steht nichts im Wege. Nun fehlt nur noch ein Detective, der ihn bei dem bevorstehenden persönlichen Treffen doubelt, die Wahl fällt auf den jüdischen Kollegen Flip Zimmerman (absolut grandios Adam Driver). Der schlaksige eher zurückhaltende Officer ist wenig begeistert, nur widerwillig übernimmt er die Rolle des weißen Rassisten. Ganz bewusst hat Flip bisher seiner Herkunft oder Religion keine Bedeutung beigemessen, das verändert sich jetzt, führt zu einer Identitätskrise. Ron ist ein unnachgiebiger Lehrmeister, Flip muss sich genauso anhören wie seine Telefonstimme, es ist ein hartes Stück Arbeit, mit Hilfe von Szenen aus „Der Pate” studieren die beiden Diktion und Tonfall ein. Die Kontaktaufnahme klappt, nur wird es irgendwann brenzlig, als ein knallharter Antisemit im Keller auf einem Lügen-Detektor-Test beharrt, Ron kann sein Double in letzter Minute vor einer Katastrophe bewahre. Während der Ermittlungen ergeben sich immer mehr Hinweise darauf, dass die Klan-Mitglieder einen blutigen Anschlag planen. Die Farce verspricht Turbulenzen

„Malcolm X” trifft auf „Chi-Raq”: Spike Lee, der kompromisslose Altmeister des Black Cinema, praktiziert zuweilen genüsslich Schwarz-Weiß-Malerei, hat für seine Gegner nur Spott und Häme übrig, er macht sie nicht zu boulevardesken Karikaturen, sie sind es längst. Patrice und die schwarzen Aktivisten dagegen umgibt eine seltsame Aura von antiquiertem Blaxploitation-Kino. Virtuos sabotiert der zierliche 61jährige Regisseur jede Form von Feel-Good-Movies oder Action-Comedy, Die durcheinander wirbelnden Stile, Codes und Genres entlarven sich selbst und ihre Protagonisten. John David Washington (Sohn von Denzel) spielt Ron, den kühnen Helden und unermüdlichen Grenzgänger als ironischen Stoiker, mehr nassforsch als sensibel. Er hat die wundervollsten bissigen Dialoge im Film, das Drehbuch schrieb Lee zusammen mit David Rabinowitz, Charlie Wachtel und Kevin Willmott. In den moralisierenden Tiraden und bigotten Hass-Predigten tauchen immer wieder die Reizworte der Trump-Ära auf wie „America First”, Patriotismus wird reduziert zum zwielichtigen Privileg des Weißen Mannes. Ron imitiert deren Sprache, Argumentationsweise so perfekt, dass er am Telefon selbst David Dukes Vertrauen gewinnt. Vom Grand Wizard hat der sich zum National Direktor unbenannt, spekuliert nun darauf, in der Politik Karriere zu machen. Hier werden die eigentlichen Entscheidungen getroffen, ob bei Straf- oder Steuergesetzen. Ein Präsident, der konform geht mit den Auffassungen des Ku-Klux-Klan, eine Vorstellung die zum damaligen Zeitpunkt völlig wahnwitzig erscheint, aber leider Wirklichkeit wurde.

David Duke zum Narren zu halten, ihn auszutricksen, bereitete dem wirklichen Ron Stallworth viel Vergnügen. Und das tut es noch immer: „Duke hatte einen Master Abschluss in Politikwissenschaft von der Louisiana State University. Er präsentierte sich selbst als Aushängeschild des neuen Klans, eines frisch wiederauflebenden, neu organisierten Klans, der das so genannte N-Wort nicht verwendete - ein Wort, das er übrigens hasst. Du kannst keinen Begriff verwenden, um dieses Wort zu mildern. Er das N-Wort nie in der Öffentlichkeit verwendet. Er hat es oft privat gesagt, aber nicht in der Öffentlichkeit. Das war Teil seines Image-Neuaufbaus. Er trug seine Klan-Robe nicht in der Öffentlichkeit, auch das war Teil seines Image-Neuaufbaus. Und er vermarktete den Klan, die beste Art es zu beschreiben ist, er vermarktete den Klan... so wie Donald Trump seinen Namen vermarktet.”

In der finalen Schlüsselszene von „BlacKkKlansman” verkörpert der 91jährige Harry Belafonte einen Bürgerrechtsaktivisten, der Studenten einen Vorfall aus dem Jahr 1916 schildert. Ein geistig behinderter schwarzer Teenager wird der Vergewaltigung an einer weißen Frau bezichtigt, vom Mob gefoltert und ermordet. Fotos von den Gräueltaten sollen als Postkarten an den denkwürdigen Tag erinnern. Parallel schneidet Spike Lee einen Kinoabend des Ku-Klux-Klan. Gezeigt wird David Wark Griffith’ „The Birth of a Nation” (1915). Die Popcorn kauenden Zuschauer grölen, frohlocken, als auf der Leinwand die KKK-Mitglieder den schwarzen Vergewaltiger gefangen nehmen und töten. Das dreistündige Historien-Epos ist nicht nur das finanziell erfolgreichste sondern auch einflussreichste Werk der Stummfilmzeit. Die rassistische Message verhalf dem Ku-Klux-Klan zum entscheidenden Durchbrauch. Belafontes Tag am Set war der letzte Drehtag und Lee bat seine Crew, im Smokings zu erscheinen, um die legendäre Ikone der Bürgerrechtsbewegung zu ehren. „BlacKkKlansman” wurde Cannes mit dem großen Preis der Jury ausgezeichnet, wohl auch eine symbolische Geste in Richtung Trump.
Spike Lee hat seinen Film der 32jährigen Heather Heyer gewidmet, die 2017 bei einer Anti-Rassismus-Demo getötet wurde, als ein Neo-Nazi mit seinem Wagen in die Menschenmenge raste. Ihre letzten Worte waren: „Wer sich nicht empört, schaut einfach nicht hin.”

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Originaltitel Film: BlacKkKlansman

Regie: Spike Lee
Darsteller: John David Washington, Adam Driver, Topher Grace, Laura Harrier
Produktionsland: USA, 2018
Länge: 136 Minuten
Gestartet: 23. August 2018
Verleih: Universal Pictures International Germany

Fotos, Pressematerial & Trailer: Copyright
Universal Pictures International Germany

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