Die Giraffentoast Gallery wird betrieben von der gleichnamigen Design Agentur, sitzt in Hamburgs Schanzenviertel, mit einem Ableger in Berlin-Kreuzberg. Sie nimmt erstmalig an der „add art“ teil.
Zu Gast ist die Künstlerin Andrea Ziegler, die wiederum 2015 bereits teilnahm, zusammen mit drei weiteren Künstlerinnen, damals in einer Kommunikationsagentur.
Mit ihr und Holger Markewitz-Peters, dem Gründer der Giraffentoast Design GmbH, treffe ich mich vor dem Aufbau in den Galerieräumen und wir sprechen über das Verhältnis von Kunst und Gesellschaft, Wirtschaft und die „add art“ im Besonderen.
Eigentlich wäre Giraffentoast nicht auf die Idee gekommen, teilzunehmen, letztlich sind sie nun doch eines von 17 Unternehmen, die in diesem Jahr in Hamburg die Initiative, der sich öffnenden Türen für das Publikum befeuert.
Holger Markewitz-Peters vermutete zunächst hinter der „add art“ – in seiner ehrlichen und offenen Art – ein reines kommerzielles Geschäftsmodell, bis ihm klar wurde, dass hier etwas anderes steht: ein inspirierter, überzeugender und durchdachter Anspruch gesellschaftliche Systeme miteinander zu verbinden. Bedauerlich sei lediglich, dass man während der Laufzeit so sehr mit sich selbst beschäftigt sei, dass man sich nicht mit den anderen teilnehmenden Künstler*innen und Unternehmen intensiv befassen könne. Eine gemeinsame Auftaktveranstaltung mit allen Teilnehmern könne das jedoch etwas nivellieren.
Im Jahr veranstaltet die Giraffentoast Gallery als räumlicher Teil des Unternehmens, um die drei Ausstellungen, gewöhnlich unabhängig von anderen Dachveranstaltungen.
Kommunikation ist einer der Begriffe, der häufig im Gespräch fällt. Dieser ist für alle ein wichtiger und zentraler Faktor. Dabei gefällt Andrea Ziegler die niederschwellige Werbung der „add art“ auf. Sie meint damit, dass sich jeder angesprochen fühlen kann und nicht nur das vertraute Kunstpublikum.
Ebenfalls ist ihr künstlerischer Fokus auf die Verhältnisse von Kommunikation gerichtet. „Ich interessiere mich für Menschen“, sagt sie in ihrem leicht oberpfälzischen Akzent, „ohne dabei während der Arbeit an ein bestimmtes Publikum zu denken. Meine Arbeit an sich findet in der Einsamkeit des Ateliers statt“. Ihre Werke sind genähte, gestickte Bilder, die auf horizontale Land- und Stadtkarten verweisen, aber in die Vertikale geklappt, von der Decke und an der Wand hängen. Eine große Anzahl ihrer Werke sind kartographische Muster: Baltimore, Dresden, Bremerhaven, Pilsen (Plzeň) oder Vermischungen verschiedener Knotenpunkte von internationalen städtischen Räumen, ohne diese verortet zu benennen. Wie eine textil-künstlerische Reportage fügt sich die eigene Mobilität in ein System aus Ortwechseln, Orientierungen, Flexibilität und Wegestrukturen. Daneben finden sich fragmentarische und aus dem Kontext herausgehoben dargestellte und auf Objekte verweisende Nähungen und Stickereien. „Mir ist es wichtig, dass man meine Bilder im Sinne einer politischen Vergleichbarkeit wahrnehmen kann, denn in den festgehaltenen Bewegungsräumen und Plänen zeigen sich Herrschaftssysteme“, erläutert die Künstlerin. „Freiheit und Flexibilität macht meine Generation aus und die damit verbundene Mobilität und die stetige Wiederkehr von Neuorientierung.“
Blick in die Ausstellung von Andrea Ziegler. Foto: Griraffentoast Gallery
Hier trifft sie mit ihren analogen Arbeiten bei dem Design-Unternehmen auf „pandemiegetriebene digitale Innovation“. Giraffentoast arbeitet überwiegend selbst kulturell für den Kulturbetrieb. Auffassungen der Künstlerin Andrea Ziegler passen insofern gut zu der Design GmbH.
Die Arbeiten von Andrea Ziegler sind verkäuflich, die Gallery nimmt aber keine Prozente. Das ist Teil des „add art“-Konzepts. „Die Wirtschaftlichkeit der Kunst spielt in anderen Ländern oft eine größere und legitimere Rolle als in Deutschland. Wenn ich hier nur am Geldverdienen interessiert wäre, hätte ich einen anderen Beruf gewählt“, sagt Ziegler etwas ernüchtert. Während ihres Aufenthalts in Baltimore/USA kam sie mit der Selbstverständlichkeit des Geldverdienens als Künstlerin in Berührung.
Künstlerin und Design-Unternehmer wissen noch nicht genau, was sie an den kommenden Tagen erwarten wird, wie viele Besucher kommen, wie die Auslastung der Führungen sein wird und wer sich wie und wofür interessiert. Für alle gilt also: überraschen lassen.
add art 2022 – Hamburgs Wirtschaft öffnet Türen für Kunst
zu besuchen vom 17. bis 20. November 2022 in 17 Unternehmen in Hamburg.
Informationen, Termine und Anmeldung zu Führungen bei der add art
Weitere Informationen (Homepage Giraffentoast Gallery)
Hinweise zu einer weiteren Ausstellung:
Andrea Ziegler: „Wer weiß, was noch passiert“, 29.11. bis 23.12.2022 im Marschtorzwinger (Liebfrauenkirchhof) in Buxtehude, veranstaltet vom Kulturteam der Hansestadt Buxtehude.
Öffnungszeiten: Di-Fr 15-18h, Sa+So 11.18h
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