Bildende Kunst
Herzenssache. Wilhelm Busch malt. Ernst Barlach Haus, Hamburg

Wilhelm Busch (1832-1908), der alte Weise mit dem Rauschebart aus Wiedensahl im Hannöverschen, ist in seinen frühen Jahren weit herumgekommen. Antwerpen, Düsseldorf, München, Frankfurt und das Land zwischen Weser und Oker waren einige Stationen. Das Ernst Barlach Haus gibt jetzt einen Einblick in die Welt des Malers Wilhelm Busch. Die meisten der mehr als 70 Bilder stammen aus dem Museum Wilhelm Busch in Hannover.

„Max und Moritz“, „Die fromme Helene“, „Plisch und Plum“ oder „Der Unglücksrabe“ – in Buschs Geschichten mit dem selbstsicheren, virtuosen Strich und den boshaften Versen wird geprügelt, betrogen und gelogen, verunglimpft und gekokelt. 25 Jahre lang dachte sich der eigenbrötlerische Junggeselle und dreifache Oheim immer neue Streiche gegen die scheinheilige Moral aus, weil Verleger und Publikum es so wollten. Nach rund 50 Sequenzen und vielen Lebensjahren gingen ihm die Pointen aus und er war vermögend genug, um endlich ungestört und zum „Selbstplaisir“ zu betreiben, was er als junger Student an Kunstakademien gelernt hatte – in Öl zu malen. Die in den nächsten Jahren entstandenen mehreren hundert Ölbilder und an die 2.000 Zeichnungen nannte er geringschätzig „kleine Chosen“ und versteckte sie vor der Öffentlichkeit. Zu Unrecht, wie viele meinen.

wilhelm busch sammelbildBusch war weder ein akademischer noch ein bloß realistischer Maler. Schon gar nicht wollte er der Porträtist der gehobenen Gesellschaft sein wie etwa seine reüssierenden Münchener Freunde Franz von Lenbach und Friedrich August von Kaulbach. Aber er war auch kein Feierabendmaler oder Bohemien á la Maler Klecksel. Seine häufig zigarrenkistendeckelgroßen Ölbilder – Genreszenen, karge und verlassen wirkende Interieurs, Landschaften, Porträts, etwa seiner jahrzehntelangen Gesprächspartnerin, der Frankfurter Bankiersgattin Johanna Keßler – entstanden außerhalb der Strömungen seiner Zeit. An seinem Faible für die alten Niederländer Rembrandt oder Frans Hals, deren Bilder er während seiner Antwerpener Zeit kennenlernte, mag es gelegen haben, dass er nicht im Stil der Zeit, dem Impressionismus malte. Felder, Wiesen und Wälder gibt Busch skizzenhaft verkürzt, in breitem, kräftigem Pinselstrich und satten und tonigen Farben wieder. Modern und packend allerdings sind die sich gegen den Realismus sperrenden, fast schon zu abstrakter Expressivität tendierenden Bilder mit den „Rotjacken“. Sie sind leuchtende Fixpunkte in der tosenden und traurig gestimmten Verlassenheit, mit der er die Natur einhüllt.

Frühe Bilder gleichen zuweilen Spitzweg'schen Idyllen; spätere setzen jenes frei, was für den Maler Busch charakteristisch erscheint: weite Horizonte aufreißende Landschaften, Waldlichtungen oder Ernteszenen. Buschs Ölbilder, auf sehr wenige Farben konzentriert, scheinen sich nicht allzu sehr von seiner Zeichenkunst zu unterscheiden. Sie gleichen ihnen im Duktus, in der Vehemenz, in der genialen Abbreviatur. Statt der Feder oder des Strichs zeichnet sein Pinsel – auch und gerade weil er nicht auf Linien, Lineaturen und Konturen verfällt. Und die Schraffur, eines der zu hoher Virtuosität getriebenes Mittel der Zeichnung, kehrt unverändert als malerisches Mittel wieder.

Busch war eben auch ein erfolgreicher Maler und Paul Klee notierte nach dem Besuch der im Todesjahr Wilhelm Buschs veranstalteten Gedächtnisausstellung in seinem Tagebuch „Hals verdünnt und verkleinert, aber etwas Hals eben doch. Kein Kitscher, sondern ein wohlorientierter Europäer. Einige Kerle mit roten Jacken gehören in eine Gemäldegalerie, sind durchaus gut“.

Herzenssache. Wilhelm Busch malt

zu sehen bis 10. Juni 2019
Geöffnet: Di.-So. 11-18 Uhr

Ernst Barlach Haus – Stiftung Hermann F. Reemtsma
Jenischpark
Baron-Voght-Straße 50a
22609 Hamburg
Weitere Informationen


Abbildungsnachweis:
Header: Detail aus Wilhelm Busch: Kinder auf Weidenstumpf (Die Geschwister), um 1883, Öl auf Papier/Pappe, 25 x 19,8 cm. Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst, Hannover
Im Text:
Wilhelm Busch: Sammelbild mit neun Studien, um 1880, Öl auf Pappe, 42 x 60 cm. Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Karikatur & Zeichenkunst, Hannover


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