
Ein Repertoire zwischen Weltmusik und Jazz: die Album-Neuerscheinung der beiden in Teheran geborenen – der Komponistin und Sängerin Golnar Shahyar und des Oud-spielende Mahan Mirarab – verspricht einen besonderen Reiz.
Dazu der Wiener Perkussionist Amir Wahba und schon bildet sich ein schlagkräftiges Trio. Wenn noch namhafte Gäste dazukommen, wie der türkische Meistergitarrist Erkan Ogur und Alain Perez am Bass, dann ist die Erwartungshaltung endgültig ultimativ.
Das persische Wort „Derakth“ (deutsch: Baum) beschreibt ein verästeltes Lebewesen, das sich aus dem Wurzelwerk der Musiktradition des Irans zum Stamm persischer Identität, der Poesie und des Klangs bis hin zu den Zweigen der Feinsinnigkeit von Text, Sprache und Melodie emporlebt und im Blattwerk mit weltumspannenden Grooves ein Musikprojekt präsentiert, das intensiver kaum sein kann. Zyklisch im trans-, multi- und interkulturellen Anspruch wie es schon 2014 beim Vorgängeralbum „Sormeh“ (Name eine kleinen Ortes im Iran) mit der Kombination aus sephardischem Klezmer, Jazz und persischer Klassik zu hören war.

Das wird auch in der biographischen Aussage der KünstlerinGolnar Shahyar deutlich. „Es ist sehr typisch für iranische Familien, dass sie auf der ganzen Welt verstreut leben... Nach der Revolution, die dem Iran/Irak Krieg folgte, verließen viele Familien das Land auf der Suche nach Frieden und Freiheit. Auch unsere Kultur und Musik ist voller Melancholie, voll der Sehnsucht von Rückkehr in die Heimat und dem Wiedersehen mit unseren Lieben. Meine Familie und ich immigrierten vor 16 Jahren nach Kanada, ich danach nach Österreich und seit dieser Zeit haben wir nicht mehr wirklich zusammen gelebt!“
Die Verortung muss sich demnach über etwas Immaterielles, über Landesgrenzen, Orte hinweg definieren, es ist also jeweils ein Raum in uns, den es zu finden gilt. Sprache und Musiktradition sind die sichtbaren architektonischen Pylonen, um das immaterielle Gebäude dahinter finden zu können.
Trotz den vielen Reminiszenzen an die Tradition des Orients ist das Album größtenteils modern-zeitgenössisch. Gerade die großartigen Kombinationen mit Jazz wie bei „Man Moj Raa“ im Gegengewicht zum transzendent-traditionell wirkenden „Haj Ghorban“, dem letzten Stück des Albums, machen das Album zu etwas Besonderen und verdeutlichen den großen schöpferischen Fundus.
Die Triebe des Baumes bestehen aus den eigenen klar umrissenen künstlerischen Haltungen und offerieren uns eine allem innewohnende Schönheit in einer Variation an Ausprägungen. Glücklich, wer solche Künstler beheimatet – Felix Austria!
Golnar & Mahan – Derakht
Golnar Shahyar (Komposition, Gesang, Gitarre, Piano), Mahan Mirarab (Oud, Gitarren, Gesang), Amir Wahba (Percussion), Erkan Ogur (Kopuz, Gitarre), Alain Perez (Bass), Kaveh Savarian (Ney) und Luis Guerra (Piano).
Lotus Records
CD
LR 17047CD
YouTube-Videos:
- Golnar & Mahan – Derakht (live im Sunset, Paris)
- Golnar & Mahan – Negaram (live im Burgtheater, Wien)
- Golnar & Mahan -- Javdanegi
Abbildungsnachweis:
Header: Golnar & Mahan Trio. Foto: Ina Aydogan
CD-Cover
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