Die Gedanken sind frei – nach diesem Motto handelt und schreibt Dirk C. Fleck sich durchs Leben. Das ist durchaus auch für uns Leser:innen eine Bereicherung. Weil das so ist, hat Marina Silalahi die bisher weit gestreuten Texte in dem Buch „Gefleckte Diamanten“ versammelt und herausgegeben.
Und das ist gut so! Wer ist dieser Mann, den so viele anerkannt gute (und so viele vermeintlich schlechte) Gedanken bewegen? So kurz wie möglich gelistet: Dirk C. Fleck ist Journalist und Autor, war Lokalchef bei der Hamburger Morgenpost, Redakteur bei Merian und Die Woche, Reporter bei Tempo.
Er schrieb als Kolumnist für Die Welt und die Berliner Morgenpost. Die Liste seiner Tätigkeiten als freier Autor umfasst Magazine wie stern, Geo und Der Spiegel. Für seine Romane „Go! – Die Ökoldiktatur“ (1993) und das „Tahiti-Projekt“ (2008) wurde er mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis ausgezeichnet. So viel in Kürze.
Das aktuelle Buch „Gefleckte Diamanten“ verlangt mehr als eine flüchtige Auseinandersetzung mit den zahlreichen, meist kurzen, immer vielsagenden Texten. Es verlangt genaues Lesen, anschließendes Sinnieren und letztendlich ein Resümieren. Nur dann macht es Sinn, dieses Buch in die Hand zu nehmen, vor Augen zu halten. Alles andere ist sinnlos. Fakt ist, Dirk Flecks Gedankenspiele, Betrachtungen und Erkenntnisse sind ungewöhnlich, ja, manche auch gewöhnungsbedürftig. Sie können (und sollen) durchaus provokativ wirken, sind nie sinnentleert. Ganz im Gegenteil. Sie haben, machen und geben viel Sinn. Im Bestfall verhelfen Dirk Flecks Gedankenspiele uns Leser:innen zu neuen eigenen gedanklichen Ansätzen bei all den schwierigen Themen, die unsere heutige Gesellschaft tagtäglich zu bewältigen hat. Diese Gedankensplitter eines klugen Menschen sind belebend und faszinierend zugleich. Das betrifft alle Bereiche, die im Inhaltsverzeichnis als thematische Kapitel angekündigt und in den Texten tiefgründig bearbeitet werden: Betrachtungen, Gesellschaft, Krieg und kein Frieden, Kultur, Medien, Literatur, Frauen, Liebesdienerinnen, Wetter/Zeit, Ökozid, Natur & Mitwelt, Reminiszenzen, Bewusst sein und Schlusswort.
Im Vorwort schreibt die Herausgeberin Marina Silalahi: „Dirk C. Fleck schafft es, triviales Leben in Schönheit zu verwandeln, er versteht es, die eigentliche Botschaft, die sich hinter den Worten versteckt, unseren Sinnen „unverletzt“ zuzuführen.“ Schauen wir an dieser Stelle doch einmal genauer hin. Fangen wir mit dem Inhaltsverzeichnis an, das wiederum mit „Unsere Satzung“ beginnt. Der erste Satz dieser Satzung lautet: „In unserer Kunst sind die geweihten Reste gottesfürchtiger Kulturen aufgehoben.“ Das klingt ein wenig „schräg“, weil unkonventionell, erweist sich aber bei genauerer Betrachtung durchaus als wünschenswerter Slogan. Wir sollen das Feuer weitergeben, nicht die Asche… (ursprünglicher Gedanke von Thomas Morus, 1478-1535: Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme). Das heißt auch, wir sollten Kultur erinnern…
Sind wir so wie wir scheinen? Oder scheinen wir wie wir sind? Ist unser Körper Ausdruck unseres Seins? Sind wir so, wie wir erscheinen? Solche und andere Fragen stellen sich ungebeten, ungewollt beim Lesen des zweiten Satzungs-Satzes ein, der da lautet: „Anfangs haben wir sehr auf Worte gebaut, bis uns aus ihrer Ohnmacht eine Art Körper zu entstehen schien. Diesen haben wir ans Licht gebracht.“ Unerwünscht sind diese unsere Gedanken nicht, eher hilfreich. Was der Autor uns mit solchen Grundsätzen sagen will, ist nicht immer und sofort offensichtlich, dem müssen wir schon selbsttätig nachspüren, indem wir uns selbstständig einlassen auf diese seine Gedankenwelt. Diese Gedankenwelt strömt, aber verströmt sich nicht. Sie schlägt zwar mitunter Wellen und tut manchmal weh, auch wenn sie nicht verletzen will. Sie kann aber auch tröstlich sein, wie im dritten Satz der Satzung: „Wir sind die Spiegel, die ein wechselndes Panorama von Gedanken, Empfindungen, Gesichtern und Örtlichkeiten zeigen. Wir sind in Allem.“ Wir sind in Allem – ein tröstlicher Satz, der nachdenklich macht und hoffentlich Positives nach sich zieht…
Ja, dieses Buch kann vieles, es kann auch schön sein und die eigenen Gedanken der Leserschaft zum Leuchten bringen – auch darauf weist schon die Satzung hin: „Nichts ist vom Anderen so weit entfernt, das es nicht Verbindung mit ihm hätte.“ Dies ist der Kernsatz der Satzung. Ein wahrhaftiger Gedanke, eine schöne Maxime, wünschenswert zu erfüllen ist dieser Gedanke, wäre diese Maxime allemal. Manches in „Gefleckte Diamanten“ liest sich traurig, gibt sich verwundet, verloren, einsam; kummervoll, manches offenbart sich sogar als „tief vergrabener Hass auf alles Reine und Schöne“. Gefühle wie diese werden zum Glück wieder aufgehoben durch Sätze wie diese: „Wir sind im Geiste sanft. Wir werden energisch, wenn es anders nicht geht.“
Dirk C. Fleck kann auch gewollt komisch sein, indem er uns hinweist auf all die ungewollte Komik und all die Kuriositäten unseres normalen Alltaglebens. So heißt es beispielsweise: „Kein Glück will etwas mit Befriedigung zu tun haben.“ Oder: „Bei manchen Menschen weiß niemand, ob sie eine reiche Innenwelt verbergen oder die absolute Leere.“ Oder: „Ich erinnere mich, dass ich eine Zeit lang neidisch war auf die Dumm- und Dumpfheit meiner Mitmenschen. Mir brannten die Gehirnzellen durch und die knabberten zufrieden ihren Lebkuchen.“ Manchmal ist dieses Buch also auch heiter, gewollt oder ungewollt komisch. Trost ist allerdings selten zu haben in und trotz all der guten Gedanken des Autors, die wir trotzdem gerne mit ihm teilen. Denn das kommt uns zweifelsohne zugute, kann uns künftig nützlich sein. Folgen wir manchen dieser Gedanken in folgerichtigen zukunftsorientierten Handlungen, ist das gut für uns, unsere Mitmenschen, die Natur. Darauf lässt sich hoffen und bauen. Schon allein deshalb sollten wir dieses Buch lesen. Folgen wir also Dirk C. Flecks Empfehlung und „Schlagen wir doch Pflöcke in den Fluss des Lebens, um Orientierung zu haben und urteilen zu können.“ Mit diesem Autor könnte das gut gehen, besser gehen und funktionieren.
Dirk C. Fleck: „Gefleckte Diamanten“
herausgegeben von Marina Silalahi
Außer der Reihe 94 / p.machinery
196 Seiten. Paperback: ISBN 978 3 95765 386 4 (im Buchhandel erhältlich)
Hardcover (limitiert): ISBN 978 3 95765 387 1 (beim Autor erhältlich)
E-Book: ISBN 978 3 95765 729 9
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