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Herausgeber und Autor Wilfried Handwerk versandte kürzlich ein Buch mit dem wunderschönen Titel „Die Augen von Anna“. Der Untertitel lautet: Deutsche Poeten über den Frieden. Diese publizistische Lektüre wurde 2024 in Moskau veröffentlicht.

 

Linksseitig befinden sich die deutschen Texte, rechtsseitig die übersetzten Texte in russisch. Die Auswahl der Zitate traf der Greifswalder Uwe Durak und die Gestaltung des Buches traf Vladimir Fadejew, laut Klappentext in Abstimmung mit dem Russischen Schriftstellerverein.

 

Diese Lektüre wirkt wie ein erneut aufblitzendes Morgenrot am sehr blass gewordenen und von Kriegsgeschrei erfüllten Himmel. Nach dem ersten Überfliegen der Seiten schlagen empfängliche Herzen gleich schneller. Da erinnern politisch hellwache Geister aus Vergangenheit und Gegenwart zum Entsetzen politischer Dummköpfe und Kriegshetzer an jene Zeiten, da die enge Freundschaft zwischen der DDR und der Sowjetunion Kraft gab für den Kampf um den Frieden.

 

„Beurteile die Menschen eher nach ihren Fragen als nach ihren Antworten" (Voltaire, französischer Philosoph)

 

Was auf den aufmerksamen Leser zukommt, sind sage und schreibe 41 Autoren, u.a. Wortmeldungen der Musikbands Puhdy und Karat sowie ein Appell der „Internationalen Allianz“. Der Autor des Gedichtes „Die Augen von Anna“, Wilfried Handwerk, geboren 1945 in Kössern, Ökonom, schrieb es anlässlich der Geburt seiner Tochter im Jahr 2020. Man findet den Text auf Seite 26, hier zunächst nur die ersten zwei Strophen:

So klar, so strahlend voller Lust, fast gierig, die Welt zu erschließen.

Sie treiben mir Tränen ins Gesicht, ich habe Angst, ich fürchte mich.

Es ist so schwer, die Welt zu verstehen.

Leise singt Anna ein schönes Lied, den Text, den, kennt nur Sie.

 

Die Augen von Anna COVERWer mit Fragen auf die Welt schaut wie große Dichter und Denker in der Vergangenheit sowie in der heutigen Welt des Jahres 2024, dem dürfte klar sein, dass sie wieder einmal – gefährlicher als alles bisher Dagewesenes - aus den Fugen geraten ist. Was lehrt die Geschichte? Wer steckt hinter dem Kriegsgeschrei? Dieses Buch mag dazu beitragen, tiefer zu blicken, Mut aufzubringen, dem Menschsein eine Gasse für eine friedvolle Zukunft zu schlagen.

 

Gleich zu Anfang richtet der verdiente Kulturproduzent und Kritiker der Russischen Föderation Iwan Golubnitschij die Aufmerksamkeit der Leser auf die historisch gewachsenen geistigen Bande zwischen Russland und Deutschland, besonders auf die „schweren Herausforderungen des XX. Jahrhunderts, als deutsche antifaschistische Schriftsteller“ gemeinsam mit den besten Vertretern des Volkes die nationale Würde des deutschen Volkes „gegen die Nazi-Verbrecher“ verteidigten.

 

Aus der heutigen veränderten politischen Realität ergebe sich die Notwendigkeit „die russischen Leser mit der Literatur Deutschlands bekanntzumachen:“ „Die Augen von Anna“ sei „ein deutlicher und überzeugender Schritt in diese Richtung. Die Übersetzungen deutscher Poesie ins Russische von Wladimir Fadejew „eröffnen dem russischen Leser ein neues Überdenken des Erbes der deutschen Klassiker“ und „zeitgenössischer Poeten Deutschlands.“

 

Auf Seite 16 findet man vom deutschen Autor und Musikpoeten Tino Eisbrenner eine sehr schöne Ergänzung zu diesem Thema: „Wo die Politik zögert, muss die Kunst die Völker verbinden! Und dieser Idee folgt auch jenes Buch hier.“ Wie einst zu Puschkins oder Goethes Zeiten sei auch heute die Kunst Spiegel unserer Gesellschaft. Schlimmer noch, die Politik zögert nicht nur. So verweist der deutsche Schriftsteller Wolfgang Bittner unter dem Titel „Bomben-Stimmung“ u.a. knallhart auf folgende Zustände:

„Menschlichkeit, ein schöner Traum,

ein Vorwand,

„humanitäre Einsätze“, heißt das oder „Demokratisierung.“ In Wahrheit: Profit, Rendite, Strategie und Größenwahn.

Zurück bleiben ein Schlachtfeld, die Weinenden, Leidenden, die Entrechteten und Bedürftigen, die tickenden Zeitbomben und das Staatstheater

Terrorismushysterie" (S.218/220)

 

Auf Seite 222 bekennt er:

Die Russen, auch sie wollen keinen Krieg, auch sie wollen friedlich leben,

sie brauchen weder Streit noch Sieg,

unsern Vätern haben sie vergeben.

Die Jungen, auch sie wollen keinen Krieg, sie wollen keine Heuchelei,

keine Hetze, kein Hurrageschrei, kein Morden, keine Metzelei,

keinen Krieg, sie wollen Frieden!

Und auch die Russen wollen Frieden.

 

Da fallen auf Seite 38 Zeilen ins Auge, als wären sie nicht von Gottfried August Bürger im 18. Jahrhundert geschrieben, sondern heute im Jahre 2024 der bundesdeutschen Wirklichkeit:

Sie nennen`s Streit für`s Vaterland, In welchen sie dich treiben.

O Volk, wie lange wirst du blind

Beim Spiel der Gaukler bleiben?

Sie selbst sind das Vaterland, Und wollen gern bekleiben.

 

Bertolt Brecht hält den Lesern sein Gedicht „Und was bekam des Soldatenweib“ unter die Nase: „Aus Russland bekam sie den Witwenschleier.“

Mut zum Widerstand rief einst Johannes R. Becher mit seinem Gedicht „Die Friedenstaube“ die Leser auf: „Den Frieden zu erringen, Dazu habt ihr die Macht!“ (S.100)

Kurt Tucholsky ruft den Heutigen zu: Merkt ihr nischt? „Von der Welt könnt ihr nichts wissen. Ach, wie seid ihr angelogen! (S. 82)

Es sei nicht die Zeit für Traumseligkeit, ermahnt Helga Lange aus Greifswald auf Seite 160 die Leser. Konkret benennt der Musiker und Lyriker Jens Fischer Rodrian die Staatenlenker, die am Hetzen sind und dem Ruf des Geldes blind folgen. (S. 214) Sein Appell:

Widerstand ist Pflicht.

Wir fürchten Euch nicht.

Kein Schatten ohne Licht.

Es naht das Ende Eurer Schicht. (S.216)

 

Fazit

Der Rezensent, der bereits zahlreiche Buchtipps für kritische Autoren, so u.a. für Wolfgang Bittner, geschrieben und veröffentlicht hat, legt tief berührt das Buch aus der Hand. Welch ein Glücksfall diese Lektüre darstellt! In einer Zeit, in der zahlreiche Bürger Deutschlands und des Westens generell in die geistige Verbannung gedrängt werden, nicht dazu veranlasst werden, tiefer über die Friedensproblematik nachzudenken und danach zu handeln. Um diesem Drängen nach Wahrheit eine zusätzliche Gasse zu schaffen, deshalb traf ich mit diesem Buchtipp eine gewisse Auswahl der dringlichsten Fragestellungen. Diese poetische Lektüre verdient es, von noch sehr lebendigen und nachdenklichen Geistern gelesen und verinnerlicht zu werden.

 

So, wie es in einem Appell der internationalen Allianz der Russlanddeutschen u.a. heißt: „Die Geschichte zeigt, dass, wenn unsere beiden Völker zusammengearbeitet und sich gegenseitig ergänzt haben, das Ergebnis Weltfrieden war. (…) Das inspirierende Projekt Die Augen von Anna ist ein hervorragendes Beispiel für Volksdiplomatie auf der Plattform von öffentlichen Organisationen. Es macht die Welt zu einem besseren Ort, erzeugt hohe Gefühle und berührt die Seele. Es sind Projekte wie diese, die unsere kulturellen und historischen Bindungen unzerstörbar machen.“ Den Initiatoren des Projektes spricht die Allianz ihre tiefe Dankbarkeit aus. (S.226/227)


„Die Augen von Anna“, Deutsche Poeten über den Frieden

Autoren/Herausgeber: Uwe Durak, Wladimir Fadejew, Wilfried Handwerk

Moskau 2024.

ISBN: 978-5-00170-967-1

Das Buch kann man online bestellen (Betreff: Die Augen von Anna), über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.

 

Hinweis: Die Inhalte der Kolumne geben die Meinung der jeweiligen Autoren wieder. Diese muss nicht im Einklang mit der Meinung der Redaktion stehen.

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