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Welcher Dänemark-Fan kennt ihn nicht, den Begriff „Hygge“? Genau diesen Begriff nimmt der Autor Peter Graarup Westergaard in seinem mittlerweile sechsten Buch namens „Dänemarks Nordwesten - Thy-Gedichte“ ins dichterische Visier.

Mit stimmigen Worten wird hier die nordwestliche Region Jütlands namens Thy beschrieben. Die ursprünglich auf Dänisch im Dialekt Thybomål veröffentlichten Gedichte sind nun in deutscher Version Dank der Übersetzung von Kirsten Lund Jensen auf dem Buchmarkt erhältlich. Es sind liebenswerte Alltagsbetrachtungen, die das Leben in Thy mal ernst mal heiter reflektieren – echt hygge eben. Das macht Lust auf die Gegend, auf eine Reise nach Thy.

 

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Mit dem nur 62 Seiten starken Büchlein lässt sich die Reise lyrisch antreten. Sie lässt sich langsam und in Häppchen genießen oder relativ rasch in einem Stück. Im ersten Teil „Øster Skaarup“ wird der elterliche Hof skizziert, der 39 Hektar hatte, die Hälfte gute und die Hälfte schlechte Erde. Die in der Nähe lebenden Menschen werden uns vorgestellt mit ihren typischen Eigenschaften und mitunter befremdlichen Eigenarten und Handlungen. Da geschehen auch Dinge, die ganz und gar nicht hygge sind: Vor dem großen Krieg/schwängerte der Inhaber von Øster Skaarup sein Dienstmädchen,/während seine Frau im Krankenhaus lag. Diese skandalöse Tat hatte einen Besitzerwechsel zur Folge: Den Hof kaufte der Großvater des Ich-Erzählers. Auf dem Nachbarhof wohnte Hans Fisker./Er hatte Tattoos an beiden Armen,/aus seiner Zeit als richtiger Seemann. Jener Hans hatte auf diese Weise das Geld für den Kauf des Hofes verdient. Vom Troldborger Mann ist die Rede, der Milch von allen Landwirten in die Molkerei brachte: Er hatte ein ironisches Lächeln,/das nicht misszuverstehen war./Er konnte sich in einen Hasen verwandeln […]

 

Peter Graarup WestergaardDiese ersten Gedichte lesen sich wie kurze Prosageschichten. Man könnte diese Texte auch Prosagedichte nennen. Sie weisen uns ein in die Gegend, zeigen uns dort lebende Menschen und erzählen uns, wie diese so ticken. Im zweiten Teil wie auch in den folgenden („Andere kleine Welten“ und „Ein Flüchtling“) geht es ähnlich zu. In der „Ode an die Handwerker“ werden mit Hilfe poetische Bilder die verschiedenen Zünfte und ausübenden Handwerker manchmal sogar zu Künstlern stilisiert, wie Künstler behandelt. Von Maurermeister Madsen heißt es, er konnte eine Palette/Backsteine in solide Wände verwandeln. […] Der Zement war die Mystik,/die alles zusammenband. Oder Zimmermann Ringo, Ringo Starr genannt wie der Beatles-Schlagzeuger, weil seine Hammerschläge/dem Takt der Töne aus dem Rundfunk folgten. (Foto: Peter Graarup Westergaard)

 

Ein Unfall wird beschrieben, der Vater ist vom Gerüst gestürzt. Es sind mehrere aufeinander folgende Gedichte, die diesen Horror beschreiben, den der Ich-Erzähler, der Dichter, offenbar selbst als Kind erlebt hat. Im nächsten Gedicht wird von einem weiteren Unfall erzählt: Ein Dienstmädchen hat ein Feuer gelegt, die Scheune in Brand gesetzt, sie sehnte sich angeblich nach Hause. Beim dritten Unfall erfahren wir vom Bruder, der als Jugendlicher bei einem Autounfall komplizierte Brüche davontrug, wie die Röntgenbilder beweisen. Hier setzt lyrisch-philosophisches Denken den Schlusspunkt: Mit Röntgenbildern über die Zukunft /würden wir die schlimmsten Verletzungen/an unseren Geliebten vermeiden können.

 

Ein besonders schönes Gedicht des Bandes heißt „Torsteder Romanze“ und beginnt so: Der Funke sprang/das große Feuer fing an zu tanzen./Meine Worte sprachen Widerstand,/aber sie zeigten etwas, was du sehen konntest. […] Deine suchende Hand wischte mir/den Schlaf von den Augen und weckte mich,/ehe meine Alpträume mich blind machten. Ein anderes Gedicht endet so: Das Universum ist bodenlos und die Fantasie noch tiefer. In Thy scheint Gott eine Art Nebel zu sein, denkt sich jemand wie Sputnik-Peter, der mehr an fliegende Untertassen glaubt als an fliegende Traktoren und somit – laut Dichter - die praktische Denkweise der Bewohner von Thy geerbt hat. Das Leben wächst hier,/wo alles sprießt und üppig ausschlägt./Blätter grüner Bäume bleiben hängen/wie treue Schatten vor dem nahen Gott. Thy ist eben echt hyggelig, trotz aller Schatten.


Peter Graarup Westergaard: Dänemarks Nordwesten

Thy Gedichte

Aus dem Dänischen von Kirsten Lund Jensen

Verlag: mellemgaard, Odense

64 Seiten, Softcover

ISBN 978-87-7608-002-0

Weitere Informationen (Verlag)

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