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Literatur

 

Aber was steckt hinter historischen Begebenheiten und aus welchen Blickwinkeln betrachten wir diese? Wie sich der einzelne Mensch in jenen Zusammenhängen fühlt und seine individuellen Wahrnehmungen vermittelt werden können, ohne den Blick für das allgemein Gütige und für die Außenstehenden zu verlieren, das schafft ein Roman, der die Geschichte dreier Frauen aus Tibet in den Mittelpunkt stellt und somit weit mehr ist als nur eine Familiengeschichte.

 

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Großmutter, Mutter und Tochter – drei Frauengenerationen. Flucht, Exil und neue Heimat – sind ihr Dreiklang und ihr Schicksal. Die Schauspielerin, Autorin und Tibet-Aktivistin Yangzom Brauen schrieb das Buch „Eisenvogel“. Es basiert auf den Erzählungen ihrer Großmutter Kunsang Wangmo, einer buddhistischen Nonne, die im Roman liebevoll „Mola“ genannt wird - dem tibetischen Ausdruck für Oma - ihrer Mutter Sonam Dölma und ihren eigenen biographischen Daten. Die Autorin öffnet damit nicht nur Türen in das Haus der eigenen, persönlichen und privaten Geschichte(n), sondern bringt den Lesern die tibetische Welt, die Kultur und Religion näher; in all ihrer Einfachheit, wiederkehrender Rhythmik, archaischer Abgelegenheit, Unverständlichkeit und Gegensätzlichkeit. Themen wie Krankheit, Medizin, Tod, schamanische und religiöse Riten sowie klösterliches Leben tauchen ebenso auf wie die politischen Konsequenzen nach dem Einmarsch der kommunistischen Truppen Chinas nach Tibet, den gesellschaftlichen Umstrukturierungen und zur Minderheit im eigenen Land zu werden bis hin zu Aktionen für ein unabhängiges Tibet einzutreten.


Die dramatische Flucht über die Gebirgszüge des Himalaya ins nördliche Indien stellen eine immense Herausforderung dar, die viele mit dem Leben bezahlen und die Überlebenden vor neue hohe Aufgabenberge stellen: der Neubeginn in einer anderen Kultur, die noch zu jener Zeit der späten 1950er Jahre in Indien an manchen Stellen britisch-kolonial durchtränkt ist. Überlebensstrategien müssen her und die werden dort auch irgendwie gefunden.


Erst ab Mitte des Buches taucht eine wichtige Person auf und tritt in das Geschehen für alle spürbar konsequent und hartnäckig auf. Martin Brauen, ein junger Schweizer Ethnologe, der gegen alle Widrigkeiten seinen Gefühlen vertraut und es schafft, das Herz der jungen Sonam Dölma zu gewinnen. Mit der Idee, die geliebte junge Frau gemeinsam mit ihrer Mutter in die Schweiz zu holen, türmt sich das nächste Gebirge vor ihnen auf. Einreisepapiere für beide Frauen zu erhalten, den Segen des in Indien lebenden Rinpoches und Gurus zu erhalten, eine neue Sprache und Kultur zu erlernen und dabei die eigene nicht außer Acht zu lassen, sind als Aufgaben zu meistern. Wie europäisch sich bereits die in der Schweiz geborene Tochter Yangzom fühlt schreibt sie an vielen Stellen der Lebensgeschichte, erwähnt neben der Nähe auch die Distanzen zu den Gedanken und religiösen Praktiken ihrer Großmutter - jedoch fühlt sie immer auch ihre tibetischen Wurzeln und sie kämpft für die Freiheit ihres Volkes.


Eine Prophezeiung, dass das Volk der Tibeter sich wieder in der alten Heimatregion vereint und aus dem Exil zurückkehrt, gibt es nicht.


Yangzom Brauen: „Eisenvogel" Drei Frauen aus Tibet – Die Geschichte einer Familie

Heyne Verlag, München,
Gebundenes Buch mit Schutzumschlag, 416 Seiten, 13,5 x 21,5 cm, 8 Seiten Farbbildteil
ISBN: 978-3-453-16404-8

 



Bildergalerie: Pema und Yangzom Brauen in Pang-ri, Tibet (Foto: privat) - Yangzom Brauen, Sonam Dölma Brauen und Kunsang Wangmo (Foto: Tashi Brauen) - Sonam und Mola (als Hausmutter) im Sterling Castle, Nord-Indien (Foto: privat) - Schauspielerin und Autorin Yangzom Brauen (Copyright: Andreas Hofweber) - Buchtitel.

 

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