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Am Wochenende startet die 17. dokumentarfilmwoche hamburg im Metropolis Kino. Am 2. und 3. Oktober zeigt sie einen Querschnitt aus dem ursprünglich für April 2020 geplanten Programm. 13 Filme, die Kindern in Paris Regie, Kamera und Cast überlassen, die vom Einfluss des Klimawandels auf Fischer*innen im Indischen Ozean handeln, die bei einer Flucht über das Mittelmeer dabei sind und die zeigen, wie die Zeit für die Insassen eines Hamburger Jugendgefängnisses vergeht. Die Filme porträtieren eine österreichische Kleinstadt, dekonstruieren Technopartys und stellen alle auf ihre Weise die drängenden Fragen unserer Zeit: Nach dem Recht auf Zugang und Teilhabe ebenso wie nach der Notwendigkeit, dem eigenen In-der-Welt-sein einen Sinn abzuringen.

 

 

Zustand und Gelände (03.10., 17:00 Uhr)

Ein Höhepunkt ist der vielfach ausgezeichnete Film »Zustand und Gelände» von Ute Adamczewski, der sich auf Spurensuche nach „wilden Konzentrationslagern“ begibt, die zur Ausschaltung politischer Gegner*innen eingerichtet wurden und heute weitgehend in Vergessenheit geraten sind. Der Film erzählt nicht nur von Orten, die früh im Nationalsozialismus zum Teil der faschistischen Infrastruktur wurden, sondern die später – nach dem Zweiten Weltkrieg, nach dem Ende der DDR, in der gesamtdeutschen Gegenwart der NSU – umkämpfte Räume einer Deutungshoheit von Geschichte und Legitimation politischer Linien wurden. Die dokumentarfilmwoche zeigt den Film zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober um 17.00 Uhr mit Ute Adamczewski als Gast und ergänzt das Programm am Sonntag, den 4. Oktober mit einem begleiteten Rundgang durch Hamburg St. Pauli zu vergleichbaren Orten.

 

Donbass Sinfonie (03.10. 20:00 Uhr)

Seit über 10 Jahren gehört eine Retrospektive zum festen Bestandteil der dokumentarfilmwoche. Die geplante Retrospektive der Filmemacherin und Autorin Trinh T. Minh-ha wird im April 2021 nachgeholt werden. Ein gerade frisch restaurierter Klassiker der Filmgeschichte steht dennoch auf dem Programm: Der erste sowjetische Tonfilm »Enthusiasmus/Donbass Sinfonie» wurde erstmals vollständig 1931 in Hamburg aufgeführt. Der Filmemacher Vertov zeigte ihn vor 1.800 Arbeiter*innen an der Schauburg an der Reeperbahn, wo heute die »Tanzenden Türme« stehen. Einen Monat später wurde der Film vom SPD-Reichsinnenminister verboten. Seither zerfiel die Filmkopie. Die »Donbass-Sinfonie« bringt industrielle Klänge sowie Blicke in die Arbeitswelt im Donbass-Becken in Einklang: auf der Straße, vor Stahlkochern und Dreschmaschinen, Close-ups von Arbeiter*innen – mit einer Besonderheit: Es fehlt das sozialistische Pathos. Peter Kubelka (86) ging ab 1972 daran, den Film in seiner experimentellen Form weiterzuführen.

 

Present Perfect (02.10. 17:30 Uhr)

Livestreaming ist in China seit 2016 Hype und ein riesiges Geschäft. Seit März dieses Jahres gehen viele Menschen auch hier mit einem veränderten Verständnis an dieses Thema heran. Am Freitag, den 2.10. um 17:30 wird der Film »Present Perfect» der in Chicago lebende chinesische Regisseurin Shengze Zhu gezeigt, die 10 Monate lang eine Handvoll Menschen begleitete, die regelmäßig ihr Leben live im Internet leben.

 

Hamburger Produktionen (03.10., 11:30 Uhr)

Als einziges, ausschließlich auf Dokumentarfilme spezialisiertes Festival der Region, fühlt sich das 12-köpfige Kollektiv der dokumentarfilmwoche insbesondere der örtlichen Filmlandschaft verpflichtet. Daher werden auch zwei Hamburger Produktionen gezeigt: Steffen Goldkamps Kurzfilm »Nach zwei Stunden waren zehn Minuten vergangen« bringt uns das Leben in der JVA auf der Elbinsel Hahnöfersand nahe und »At the Bottom of the Sea« geht im südlichen Texas der Natur auf den Grund. Menschen durchqueren die Region, um in die USA migrieren zu können. Sie hinterlassen Habseligkeiten – und bleiben manchmal selbst zurück. Die Filmemacher Karsten Krause und Steffen Goldkamp sind zur Vorführung am 3.10. um 11.30 Uhr zu Gast.

 

Filmemacher*innen zu Gast in Hamburg

Da neben dem Zeigen der Filme vor allem auch das Sprechen darüber im Fokus der dokumentarfilwoche steht, haben trotz der zurzeit schwierigen Reisebedingungen auch viele andere der Macher*innen zugesagt nach Hamburg zu kommen, um im Anschluss an die Filme dem Publikum Rede und Antwort zu stehen. Darunter auch Éric Baudelaire, der »Un Film Dramatique» am Samstag, den 03.10. um 14:00 präsentiert.

Kamera und Mikro werden in diesem Film von Kindern geführt. Vier Jahre lang haben Schüler*innen des Collège Dora Maar Saint-Denis gemeinsam mit Baudelaire ihren Film entwickelt. Auch wenn »Liberté, Égalité, Fraternité« an ihrer Schulfassade prangt, wissen die Kids bereits, dass diese Losung für sie nur bedingt gilt. Schließlich leben sie in dem »Problembezirk« der Pariser Banlieue schlechthin. Und so wird diskutiert: Wird mir meine Intelligenz und Freundlichkeit helfen, oder werde ich immer nur nach meiner Hautfarbe und sozialer Herkunft beurteilt werden?

 

Haltung will die dokumentarfilmwoche nicht nur in ihrer Filmauswahl und Gesprächen zeigen, sondern auch in diskursiven Formaten. Aus dem »Positionen-Programm« wird daher eine Lesung sowie Buch- und Filmpräsentation zum Werk des österreichischen Filmemachers Gerhard Friedl stattfinden.

 

„Auch wenn unser Festivalprogramm ursprünglich insgesamt rund 50 Veranstaltungen an fünf Spielorten umfasst hätte, bildet diese Miniausgabe inhaltlich, formal und politisch einen aussagekräftigen Querschnitt aus aktuellen Themen und uns wichtigen Bereichen der Filmlandschaft. Wir freuen uns daher sehr, dass das Filmfest Hamburg uns diese Möglichkeit eröffnet hat und wir diese Auswahl mit dem Hamburger Publikum teilen können“, hieß es aus dem Team der dokumentarfilmwoche. 

 

dokumentarfilmwoche hamburg


Die dokumentarfilmwoche hamburg hat sich einen festen Platz unter den Hamburger Filmfestivals erobert. Sie ist als lokaler Treffpunkt für Dokumentarfilminteressierte ebenso einzigartig wie als Plattform für die ansässige Filmkultur und den Austausch mit internationalen Gästen. Gezeigt wird eine große Bandbreite an Produktionen, die von experimentellen, ohne Senderbeteiligung und Fördermittel erstellten Dokumentarfilmen´bis hin zu herausragenden internationalen Koproduktionen reicht. Wichtig ist auch die Bindung zu Hamburgs Dokumentarfilmszene. Deren Arbeiten werden unter dem Label „Dokland Hamburg“ präsentiert. Außerdem will das Team den Austausch über den Dokumentarfilm als Kunstform in all seinen Facetten vorantreiben. Das Festival wird kollektiv organisiert unter dem Dach des Vereins dokumentarfilmwoche hamburg e. V.

Die dokumentarfilmwoche hamburg bereichert die Kulturlandschaft der Hansestadt Hamburg bereits seit 2004 und ist seitdem stetig gewachsen. Nach den Anfängen im 3001-Kino kamen die Spielorte Metropolis, Lichtmeß und B-Movie hinzu, seit 2018 ist die fux eG zentraler Festivalort und kreativer Spielraum.

 

Quelle: dokumentarfilmwoche hamburg

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