CDs JazzMe
Rebekka Bakken: Little Drop Of Poison

Hätte man Rebekka Bakken früher mit Tom Waits in einem Satz erwähnt, wäre das wohl einigermaßen erstaunlich gewesen. Doch seit die norwegische Sängerin von der Bigband des Hessischen Rundfunks (hr-Bigband) für ein Tom-Waits-Projekt angefragt wurde, sind sich auch diese beiden musikalischen Pole nähergekommen. Und nun kommt die CD mit Waits-Songs. Gleich vorab: „The piano has been drinking“ ist nicht dabei. Das hätte Bakken wohl auch nicht entsprochen. Gemeinsam mit Arrangeur Jörg Achim Keller hat sie andere Songs ausgewählt und veredelt.

Es ist, als schlendere sie durch einen Kneipenabend mit eben jenen Waits-Songs auf den Lippen. Das schwingt, macht Spaß, hat Drive und Seele. Hier und da dauert es, bis man das Waits-Typische heraushört – und dann ganz viel Bakken darin erkennt. Ab und zu versucht die versierte Sängerin mit ihrer hellen klaren Stimme auch das Verruchte. Den gefährlichen Reiz von Waits’ Interpretationen erreicht sie jedoch nicht. Das tut auch nicht not. Denn sie gibt jedem einzelnen Titel einen eigenen Habitus und macht gleichzeitig immer noch ein Quäntchen Waits, Whiskey und raues Wetter hörbar. Wo das Original aufwühlt, beruhigt und besänftigt sie, gibt der Grabesstimmung eine neue, helle, gleichzeitig soulige Note. Und fügt immer noch etwas Unerwartetes dazu, eben „a little drop of poison“, ein Serum gegen allzu glatte Wiederauflagen. Nach einer Weile meint man, Bakken habe bei ihrem Kneipenbummel doch hier und da ein Schlückchen genommen, es wird ein bisschen relaxter, cooler, rauchiger, gleichzeitig mit noch mehr Herz. Sympathisch!

Rebekka Bakken: Little Drop Of PoisonDas alles kommt lässig rüber und überzeugt. Vor allem auch wegen des Zusammenspiels mit tollen Musikern, denen Keller mit den Arrangements auch genügend Bühne bot. Folk, Blues, Rock – alles findet hier seine Form. Den Widerspruch zwischen kristallklar und rau, den man anfangs vielleicht als störend vermuten mochte, sucht man beim Hören nicht mehr. Man spürt, dass Rebekka Bakken mit eigenen Assoziationen und Gefühlen auf die Musik reagierte und diese Version vertonte, wie sie selbst sagt. „Es ist so weit entfernt von dem, was ich sonst mache und fühlte sich gleichzeitig so nah an, als wären es meine eigenen Songs.“
Sag ich doch: irgendwie alles Bakken-like.

Zum Deutschland-Verkaufsstart der neuen CD spielte Rebekka Bakken (*1970) auf dem Elbjazz-Festival in Hamburg. Kommende Konzerttermine sind: 19.7. Dreieich, 20.7. Nürnberg, 25.7. Rottenburg/Neckar, 5.11. Lübeck, 7.11. Heidelberg, 8.11. Freiburg, 9.11. Biberach an der Riß, 12.11. Stuttgart, 13.11. Kaiserslautern, 14.11. Kreuztal, 22.11. Leipzig, 23.11. Essen. Weitere Konzerte im Oktober in Österreich.

Label: Emarcy, 2014
Bestellnummer: 4174862

Rebekka Bakken singt “San Diego Serenade” (Video)


JazzMe - In Kooperation mit Christoph Forsthoff, Sabine Meinert, Sven Sorgenfrey und Willy Theobald. Weitere CD-Kritiken, Interviews und Informationen aus der Welt des Jazz unter AboutJazz.

Kommentar verfassen
(Ich bin damit einverstanden, dass mein Beitrag veröffentlicht wird. Mein Name und Text werden mit Datum/Uhrzeit für jeden lesbar. Mehr Infos: Datenschutz)

Kommentare powered by CComment


Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.