„Wir alle haben eine einzigartige Zeit durchlebt, wir waren lange genug an einem Ort, um dort Wurzeln zu schlagen, ich habe versucht, dieses Gefühl einzufangen, ich habe es mein ‚Pilz-Album‘ getauft: Baumwurzeln und Pilze, die sich ihren Weg tief ins Erdreich bahnen."
Die isländische Künstlerin Björk beschreibt damit nicht nur ihr neues Album „Fossora", das am 30. September 2022 erscheint, sondern insbesondere das erste Stück „Atopos", das daraus ausgekoppelt wurde.
Während das Vorgängeralbum „Utopia" (2017) vom Element Luft beeinflusst gewesen sei, handele „Fossora" vom ‚Landen auf der Erde‘. Der Titel sei die weibliche Form von ‚fossore' und bedeute so viel wie „die, die im Boden gräbt".
Viele Stücke haben darüber hinaus ihren Ursprung in der Corona-Pandemie, wie aktuell viele Lieder. Björk geht mit diesem Thema aber deutlich abstrakter um als viele ihrer Musikerkollegen. Die dreizehn Stücke gehen nicht auf die Einsamkeit oder Tragik ein, die viele in dieser Zeit gefühlt haben. Björk nimmt die oberflächlich einfach erscheinenden Themen des Sich-An-Einem-Ort-Befindens und des Verwurzelt-Seins und baut daraus eine Brücke zum Spannungsfeld Mensch und Natur, einem der zentralen Themen ihres kreativ-künstlerisch-musikalischen Schaffens. Die 57-jährige Isländerin stellt so ihre Musik in den Vordergrund, wohingegen die Pandemie in den Hintergrund rückt.
Musikalisch ungewöhnlich rücken sechs Bassklarinetten konsequent in den Vordergrund, die das harmonische Grundgerüst von „Atopos" bilden. Dieser Part wurde von Björk sowohl geschrieben als auch produziert. Im Allgemeinen ist die Instrumentation bei ihr eher spärlich, aber immer mit vielen Eigenarten versehen.
Die isländische Künstlerin ist bekannt für ihre Kooperationen. Auch auf Single und Album fährt sie in die Welt, nach Indonesien. Die musikalische Zusammenarbeit mit Aditya Surya Taruna a.k.a DJ Kasymin, einer der beiden Musiker des indonesischen Techno-Duos „Gabber Modus Operandi“ (GMO) ist hörenswert! Das Duo verbindet Gabber mit Grind-Core, Noise, Funkot und Samples aus der traditionellen balinesischen Gamelan-Musik. Diese Einflüsse sind vor allem zum Ende von „Atopos" unüberhörbar. Gabber ist somit eine Stilrichtung des Hardcore-Technos, die diesen in seiner Härte aber übersteigt.
Das zu „Atopos“ gehörige Video ist von Viðar Logi unter der Leitung von Björk und dem Kreativdirektor und langjährigen Begleiter James Merry entstanden. Ihre unterirdische Welt ist vom Design digitaler Wurzelpflanzen von M/M Paris inspiriert. Darüber hinaus enthält das Video Passagen von DJ Kasimyn von GMO sowie den Klarinettisten Grímur Helgason, Hilma Kristín Sveinsdóttir, Helga Björg Arnardóttir, Kristín Þóra Pétursdóttir , Rúnar Óskarsson sowie der Oboenspieler Matthías Birgir Nardeau.
Björk ist seit jeher eine multidisziplinärer Künstlerin, die immer wieder Innovationen in den Genres von Musik, Kunst, Mode und Technologie hervorbringt und diese wie selbstverständlich miteinander verbindet und zu etwas neuem macht. Vielleicht gibt es in Europa nur Peter Gabriel, der das in gleicher Weise schafft.
Björk: „Fossora" / „Atopos“ (Single)
Label: One Little Independent, Bertus
CD, MC und LP
VÖ: 30.09.2022
Tracklist:
Atopos
Ovule
Mycelia
Sorrowful Soil
Ancestress
Fagurt Er í Fjörðum
Victimhood
Allow
Fungal City
Trölla-Gabba
Freefall
Fossora
Her Mother’s House
YouTube-Video:
Björk: Atopos (3:48 Min.)
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