Die Umschreibung „Rückkehr einer Legende“ wird gewöhnlich immer dann benutzt, wenn historische Objekte oder Sportler plötzlich wieder sichtbar (gemacht) werden. Wenn es um eine Automarke wie den Borgward geht oder den „Silberpfeil“ von Mercedes, ein Iron Man es schafft, nach Hawaii zurückzukehren und dort zu siegen oder wenn zukünftig der HSV wieder in der 1. Bundesliga anklopfen sollte.
Wobei – mit dem HSV sind wir schon bei der richtigen Verortung, denn die Freie und Hansestadt Hamburg spielt eine mehrfach zentrale Rolle bei der Rückkehr eines Segelschiffs, präzise gesagt einer Viermastbark in ihren ursprünglichen Heimathafen.
Die ehemaligen Chefredakteure von „Geo“ (Gruner+Jahr) Michael Schaper und Peter-Matthias Gaede sowie der Fotograf Heiner Müller-Elsner haben sich ausführlich und bildreich dem Frachtsegler gewidmet und das Buch „Peking – Rückkehr einer Legende“ – im Delius Klasing Verlag erschienen – erarbeitet.
Historisch ist das Buch sehr gut in Etappen ausgearbeitet: im Jahr 1909 in Auftrag gegeben, gebaut 1911 von der Hamburger Werft Blohm+Voss fuhr der große Frachtsegler „Peking“ als einer der legendären Flying P-Liner unter der Flagge der Reederei Ferdinand Laeisz über die Weltmeere, überstand Hurrikans, Wirtschaftskrisen, Umbenennung, zwei Weltkriege und den maroden Zustand im Hafen von New York. Alle zwischen 1903 und 1926 gebauten schnellen Viermastbarken wurden von der Reederei mit Namen versehen, die den Anfangsbuchstaben „P“ bekamen, wie das Schwesterschiff „Passat“, das heute in Travemünde liegt und die weiteren, wenn auch nicht baugleichen Schwestern: Pangani, Petschili, Pamir, Pola, Priwall und Padua (heute Kruzenshtern). Das „P“ deswegen, weil der Spitzname der Ehefrau von Carl Laeisz, Sophie Laeisz (1838-1912), „Pudel“ war und dieser ihrer Frisur zu verdanken war. Ab 1857 wurden alle Schiffe zu P-Seglern und noch heute sind die modernen Schiffe der Reederei mit einem „P“ als Anfangsbuchstabe versehen.
Salpeter, um dieses Wirtschaftsgut ging es, das in der nördlichen Atakama-Wüste Chiles abgebaut und für Dünger und Sprengstoff benötigt wurde und nach Hamburg transportiert werden musste. Es gibt viele Verbindungen zur Hansestadt: eines der Wahrzeichen der Stadt heißt „Chilehaus“. Salpeter machte die Reederei reich und seine schnellen Schiffe – bei englischen Matrosen auch Flying P-Liner genannt – unterstützten dies.
1932 wurde die „Peking“ allerdings in Folge der Weltwirtschaftskrise an die Shaftesbury Homes and Arethuse Training Ship nach London verkauft. Sie wurde zu einem stationären Schulschiff umgebaut und in „Arethusa“ umbenannt. 1974 versteigerten die Briten die Viermastbark an die J. Aron Charitable Foundation (Jericho, NY). 1975 gelangte der Rumpf der Viermastbark nach New York City wo sie originalgetreu wieder aufgeriggt und mit ihrem alten Heimathafen „Hamburg“ als Heckschriftzug versehen wurde. Dort lag sie nun auch wieder unter ihrem ursprünglichen Namen „Peking“ am Pier des South Street Seaport Museum in New York. 2015 beschloss der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, die mittlerweile völlig marode „Peking“ für das im Aufbau befindliche Hafenmuseum Hamburg nach Hamburg zurückzuholen.
Seit Spätsommer 2020 ragen die gelben Masten imposant im Hamburger Hafen in die Höhe, Spanten und Takelage erstrahlen in neuem Glanz: Über 110 Jahre nach seinem Stapellauf präsentiert sich das Segelfrachtschiff „Peking“ wieder in seiner einstigen Schönheit und machte als weiteres großes Museumsschiff im Hafen von Hamburg fest.
Heiner Müller-Elsner, ein Fachmann im Bereich der Technik- und Unternehmensfotografie, hat die dreijährige Restaurierung des deutschen Großseglers in der norddeutschen Peters-Werft in Wewelsfleth begleitet. Seine Bilder zeigen eindrucksvoll, wie aus einem schrottreifen Wrack sukzessive das Flaggschiff des neu entstehenden Deutschen Hafenmuseums wurde.
Nicht dass nun die Geschichte der „Peking“ zu Ende wäre, aber die Publikation „Peking – Rückkehr einer Legende“ fasst das bisherige äußerst präzise zusammen, zeigt ein Stück Nostalgie, harten Arbeitsplatz, Hamburger Geschichte und weltverbindendes Frachtmittel. Auch wenn die „Peking“ heute nicht mehr aus eigener Kraft in See stechen kann, weil der Rumpf zu instabil wäre, hat es nichts an seiner majestätischen Wirkung verloren.
Gutes und abwechslungsreiches gestalterisches Design, der Wechsel von bild- zu informationslastigen Seiten, aber insbesondere die hervorragenden Fotos, auch von vielen Details, machen das Buch selbst zur Legende, denn wie aktuell das Thema der Frachtsegler ist, zeigt sich in der intensiven internationalen Beschäftigung umweltfreundliche Wind-Antriebe für Schiffe zu entwickeln: Segelnde Frachter also neu gedacht.
Peking – Rückkehr einer Legende
von Heiner Müller-Elsner (Fotograf), Peter Matthias Gaede (Autor), Michael Schaper (Autor)
(Deutsch) Gebundene Ausgabe, 160 Seiten, 167 Abbildungen
ISBN: 978-3-667-12109-7
Weitere Informationen www.delius-klasing.de
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