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Der renommierte Schweizer Künstler und Fotograf Hans Danuser ist am Montag, dem 26. August, unerwartet verstorben. Erst im Mai 2024 hatte er sein Archiv der Fotostiftung Schweiz als Schenkung übergeben. Danuser gehörte zu den Wegbereitern neuer konzeptueller fotografischer Ansätze, die künstlerische Forschung, Wissenschaft und drängende Fragen der Gegenwart miteinander verknüpften.


Bereits mit dem 1989 vollendeten Zyklus «IN VIVO» fand der 1953 in Chur geborene Hans Danuser in der Kunstwelt international Beachtung. Der Zyklus befasste sich mit gesellschaftlich und politisch brisanten Themen und nutzte dafür eine innovative Bildsprache, die sich nicht nur auf vielschichtige Information fokussierte, sondern auf visuelle und ästhetische Sensibilisierung setzte. Danusers «IN VIVO»-Aufnahmen aus gut abgeschirmten Zonen und Zentren der Macht und Wertschöpfung wie Goldmarkt, Kernenergie, Biotechnologie oder Genforschung kippen von der Gegenständlichkeit in die Abstraktion und vermitteln dem Betrachter das Gefühl eines Kontrollverlusts. Mit seiner seriellen und prozesshaften Konzeption von «IN VIVO» hat Hans Danuser auch massgeblich den heutigen Diskurs zwischen den Naturwissenschaften und den Künsten vorweggenommen und mit angestossen.


Auch in den Arbeiten ab den 1990er-Jahren in international anerkannten Forschungslabors – wie etwa bei seinen grossformatigen «Frozen Embryo Series» – fand der Künstler eindringliche Metaphern für die bedrohlichen Entwicklungen der einsetzenden Globalisierung und einer Gesellschaft, deren Institutionen und Grundwerte zunehmend erodieren – dies dann explizit in seinen auf Langzeitbeobachtung angelegten «Erosion»-Zyklen der 2000er Jahre. Ausgehend von einer damals aufkommenden Sensibilisierung für den Klimawandel, visualisiert Hans Danuser eindringlich die Kraft der Erosion als globales Phänomen, das nebst dem geologischen Aspekt im heutigen globalen und wirtschaftlichen Kontext eine soziale Dimension erhält – scheinbar Festes, Bestehendes wird aufgelöst, Felsen erodieren, Macht wird umverteilt. Der Künstler griff hierfür auf geologisches Material wie Schiefergestein, auf mineralische Elemente oder gar auf die Sprache zurück, um über die Grenzen des Mediums Fotografie hinauszugehen. So gehörten zu seinem künstlerischen Repertoire auch algorithmische Schrift-Bild-Installationen (z.B. «Counting out Rhymes project»), Materialforschung, Kunst am Bau unter Einbezug der Betroffenen und ungewöhnliche Präsentationsformen: bei der Ausstellung «Frost» im Fotomuseum Winterthur (2001) legte er zum Beispiel seine grossformatigen Tableaus auf dem Boden aus – eine Première in der Fotografie.

Hans Danusers Werk ist zwar wesentlich der Fotografie verpflichtet, hat aber ebenso einen festen Platz im grösseren Kontext der zeitgenössischen Kunst gefunden. Neben vielen grossformatigen Bildern umfasst sein Werk auch die gut dokumentierten Prozesse seines Schaffens im Schnittbereich zwischen Forschung, Lehre und künstlerischer Praxis. Es enthält nicht nur zahlreiche Dokumente und Vergrösserungen mit Ausstellungsqualität, sondern auch die Unterlagen zu den Projektentwicklungen, die zukünftig von der Fotostiftung auszugsweise öffentlich zugänglich gemacht werden.


Internationale Resonanz fanden auch seine Kollaborationen mit andern Künstler- und Forschungs- persönlichkeiten wie zum Beispiel in den Projekten «PARTITUREN UND BILDER» mit dem Architekten Peter Zumthor, «Wildwechsel – HELL DUNKEL» mit dem Schriftsteller Reto Hänny, «THE LAST ANALOG PHOTOGRAPH» mit Reinhard Nesper, Laboratorium für anorganische Chemie der ETH Zürich (LAC) und die Projektentwicklung zu «NEUERFINDUNG DER FOTOGRAFIE – Hans Danuser-Gespräche, Materialien, Analysen» mit Bettina Gockel, Institut für Kunstgeschichte der Universität Zürich.


Hans Danusers Arbeiten sind u.a. in folgenden öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten: Kunsthaus Zürich, Sammlung George Reinhart, Sammlung Walter A. Bechtler,
Fotomuseum Winterthur, Metropolitan Museum of Art New York, Sammlung Howard Stein New York, MoMA (Museum of Modern Art New York), Aargauer Kunsthaus, Kunstmuseum Graubünden. Seine Arbeit wurde mehrfach mit Eidgenössischen-, Kantonalen- und Städtischen Kunststipendien und Preisen ausgezeichnet.

Quelle: Fotostiftung Schweiz

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