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Zwanzig Jahre haben Fans in aller Welt auf eine Fortsetzung gewartet, jetzt ist sie endlich da! Mit „Echo eines Freundes“ hat der norwegische Bestseller-Autor seinen fünften Roman über den Sonderling Elling im Nautilus Verlag veröffentlicht. Wie alle bisherigen Bücher des in Hamburg lebenden Kultautors hat Gabriele Haefs, seine Ehefrau und vielfach ausgezeichnete Übersetzerin, auch den neuen Roman ins Deutsche übersetzt.
Längst hat Ingvar Ambjørnsen mit seinem Antihelden Weltruhm erlangt: Die Elling-Romane wurden in über dreißig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Es gibt auch ein vielgezeigtes Theaterstück über den liebenswerten Spinner und einen Film, der im Jahr 2002 als bester fremdsprachiger Film für den Oscar nominiert war.
Natürlich ist Elling im neuen Roman älter geworden. Er ist 58 Jahre alt und macht sich auf den Weg nach Oslo, um bei einer Witwe namens Annelore Frimann-Clausen eine Einliegerwohnung zu beziehen, die er selbst Sockelwohnung nennt. Bisher lebte Elling in einer betreuten Wohnsituation. Jetzt darf er erstmals sein Glück allein versuchen und er ist fest entschlossen, es zu schaffen. Doch die neue, erste eigene Wohnung ist nicht so, wie es wünschenswert wäre: Das Schlafzimmer hat kein Fenster. Schwarzer Pilz befindet sich oben an der Deckenleiste des Wohnzimmers (mit Küchenecke). Im Badezimmer hat der Pilz seinen Siegeszug bereits fortgesetzt. Doch Elling weigert sich zu weinen. „Ich versichere mir selbst, dass ich hiermit umgehen kann. Ich weiß nur zu gut, was die Alternative ist“. Wir wissen es auch und atmen ein wenig erleichtert auf. Denn der Mann scheint uns gereifter, vernünftiger geworden zu sein.
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Mit „Echo eines Freundes“ hat Ingvar Ambjørnsen einen weiteren tragikomischen Roman um seinen unverwechselbaren Helden geschaffen, in dessen Schrullen der ganze Irrwitz des Alltäglichen sichtbar wird. Elling erinnert uns immer wieder an die Absurditäten des Alltäglichen und fordert uns auf, darüber nachzudenken, wie anders wir „Normalos“ sein könnten, wenn wir es gelegentlich zulassen würden: „Die Vorstellung, wie es sein könnte, wenn andere als man selbst es wagten, von Zeit zu Zeit ein wenig grenzenlos zu sein. Sich gehenzulassen. Frei zu sein. Wenigstens ein bisschen freier“ .
Der fünfte Elling-Roman ist - wie seine Vorläufer  - auch ein philosophisches, auch ein psychologisches Werk. Und bedingungslos anrührend. Wenn Elling beispielsweise erstmals seinen neuen Arzt im neuen Wohnort aufsucht, ist dies eine äußerst schwierige Situation für unseren Antihelden. Wie traurig und komisch zugleich diese Situation ist, beschreibt Ingvar Ambjørnsen so eindringlich, dass wir Leser uns intensiv und lange – vielleicht sogar für immer – daran erinnern werden. Da heißt es beispielsweise: „Dr. Lennart Borg muss ungefähr eine Million Jahre alt sein. Ein kleiner birnenförmiger Kerl aus der Kreidezeit […] Greise männlichen Geschlechts erhalten eine Art Unschuld, bevor der Tod sie holt. Dass er noch immer praktiziert, hängt zweifellos mit einem Forschungsprojekt zusammen, das die Ärztekammer ins Leben gerufen hat. […] Und dann passiert etwas Seltsames. Ich entwickle nämlich eine tiefe Zuneigung zu diesem kleinen Wicht.“
Erinnern wir uns: Im ersten Buch starb die Mutter, mit der zusammen er in einer Sattelitenstadt in Oslo lebte. Elling muss aus der Wohnung raus, findet sich nicht mehr zurecht im Leben und kommt in eine psychiatrische Anstalt. Dort lernt er Kjell Bjarne kennen und die beiden beziehen eine vom Sozialamt zugewiesene Wohnung. Als Bjarne eine Frau kennenlernt nimmt das Unglück seinen Lauf, denn diese Frau entwickelt sich zur neuen Mitbewohnerin. Das ist äußerst schlecht für Elling, der jede Menge Kommunikationsschwierigkeiten hat, ziemlich verschroben und exzentrisch ist.
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„Dieses ganze Projekt handelt von Einsamkeit, die Bücher über Elling sind tausend Seiten Einsamkeit.“, sagt der Autor im einen Interview der norwegischen Zeitung VG. „Es ist mir nicht gleichgültig, wie das fünfte Buch aufgenommen wird. Ich kaue nicht gerade Nägel, aber ich bin gespannt. Ich habe genug andere Projekte, an die ich mich setzen kann, aber ich bin jetzt auch bereit, weiter über Elling zu schreiben.“
Es kann also durchaus sein, dass noch weitere Elling-Romane erscheinen. „Auch wenn die ersten vier Bücher nicht direkt zusammenhängen, weiß ich doch schon, dass ich die Handlung eines eventuellen sechsten Buches gleich am Ende von Buch fünf einsetzen lassen werde. Es wird ein bisschen mehr wie eine Fernsehserie mit Staffeln, wir machen direkt weiter“, so der Autor. Vielleicht lernt Elling im nächsten Buch sogar die Liebe seines Lebens kennen. Wer weiß – möglich ist alles, auch wenn es zunächst unmöglich erscheint. Wir sind gespannt und fiebern der Fortsetzung entgegen.
Ingvar Ambjørnsen: Echo eines Freundes
Ein Elling-RomanAus dem Norwegischen von Gabriele Haefs.
Edition Nautilus, 352 Seiten.
ISBN 978-3-96054-183-7Â
Abbildungsnachweis:
Header: Autorenportrait. Foto: Tina Poppe
Buchumschlag; Edition Nautilus
Übersetzerin Gabriele Haefs. Foto: Marion Hinz
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