In seiner unverwechselbaren Art, teilweise prosaisch, hat der Original Flensburger Jung und promovierte Philosoph Frank-Peter Hansen Stadtrundgänge durch seine Heimatstadt Flensburg niedergeschrieben.
In 99 mit Fotos unterlegten Miniaturen ist dies eine Liebeserklärung an die im äußersten Norden Schleswig-Holsteins gelegene drittgrößte Stadt des Bundeslandes. Aus persönlicher Sicht geschrieben, bietet dieses Buch uns Lesern die Möglichkeit, Flensburg mit Hilfe eines Ortskundigen auf unterhaltsame Weise neu oder auch anders (wieder) zu entdecken.
Der literarische, ortskundige Spaziergang beginnt am Wahrzeichen der Stadt, am Nordertor.
Nordertor Flensburg. Foto: Jens Junge
Neben allgemeinen Informationen über die Geschichte des Tores bietet der Autor uns einen persönlichen Tipp, wie wir uns dem Tor nähern sollten: „Macht euch von Süden her auf den Weg. Die steil abfallende Marienstraße hinab. St. Marien fest im Blick. Die Kompagniegasse ist, bei Nacht, versteht sich, wie ein schwarzer Trichter, der die Zeit verschluckt. […] In der Norderstraße hallen die Schritte von den Wänden nieder. […]“
Bilder wie diese sorgen für die literarische Qualität dieses Reiseführers. Tipps wie dieser sind allen kleinen Flensburger Fluchten zugeordnet. Und die insbesondere sind es, die das Buch zu einer Kostbarkeit machen. Wann und wie wir uns St. Petri nähern sollten – besonders an kalten Winterabenden, empfiehlt Hansen und macht Lust auf genau diese Situation „bei Schneefall und einer steifen Brise von Nordost, die das kristallene Gestöber gegen die brennenden Wangen peitscht“, denn genau dann „ist die Atmosphäre in doppelter Hinsicht atemberaubend.“ Wer mehr hierzu wissen möchte, dem sei das Buch ans Herz gelegt.
Geordnet hat Hansen seine Wege durch Flensburg nach zwei sich konzentrisch erweiternden Kreisen. Im Vorwort bittet der Autor darum, ihm „vom Zentrum mählich und das Schwindelgefühl beim Kreisen in Kauf genommen an die Peripherie zu folgen, und zwar linksherum, entgegengesetzt dem Uhrzeigersinn.“ Schon hier zeigt sich die eigenwillige, andersartige Gestaltung des Reiseführers, die auch eine imaginierte Fahrradtour impliziert. Auf die zwei Kreise folgt ein dritter Teil, der uns Mitreisende an der Innenförde entlang bis zum Cliff von Holnis führt. Im vierten Teil wird uns das Angeliter Land nähergebracht. Und schon bewegen wir uns langsam wieder auf Flensburg zu, dorthin, „wo das still genießende Schlendern seinen Ausgang genommen hat“, so Frank-Peter Hansen.
Bei Holnis. Foto: Demiahl
Es könne durchaus sein, dass ihm bei diesem Rundgang einiges durch die Maschen geschlüpft sei, gesteht der Autor und entschuldigt sich zugleich für solche möglichen Auslassungen. Fest steht, das spielerisch leichte Herumschweifen war Frank-Peter Hansen weitaus wichtiger als die reine, exakte Erfassung aller Flensburger Sehenswürdigkeiten. Dieser spielerischen Fortbewegungsart, diesem Flanieren verdanken wir manch anregenden Moment, der uns innehalten lässt, sofern wir den „Anweisungen“ dieses Reiseführers folgen. Dann spüren wir das Lokalkalorit, atmen die Landschaft, nehmen all die charaktervollen, geschichtsträchtigen Miniaturen in uns auf und können Heimat (nach)fühlen. Eine solch dichte Atmosphäre ist es, die Frank-Peter Hansen mit diesem individuellen Reiseführer schafft, der uns durch die malerisch-heimeligen Orte des idyllischen Städtchens an der Förde und sein Umfeld, die hügelige Endmoränenlandschaft, führt und begleitet.
Flensburg – Kleine Fluchten
Verlag Könighausen & Neumann
252 Seiten, kartoniert
ISBN 978-3-8260-7775-3
Weitere Informationen (Verlagsseite)
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