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Wer sagt eigentlich, dass Kunstmessen elitär und hochpreisig sein müssen? Schließlich gibt es genügend Menschen, die Kunst lieben und sie auch liebend gern kaufen würde - wenn sie es sich nur leisten könnten. Diese und ähnliche Gedanken müssen dem Londoner Galeristen Will Ramsay durch den Kopf gegangen sein, als er sich entschloss, die „Erschwingliche Kunstmesse“ ins Leben zu rufen. Die Resonanz auf die erste „Affordable Art Fair“ im Jahr 1999 war enorm und der wirtschaftliche Erfolg entsprechend.

Heute gibt es die Messe bereits in 15 Städten, darunter, New York, Amsterdam, Brüssel, Mailand und Singapur. Die Kritiken sind einhellig positiv, selbst die New York Times lobte den demokratischen Ansatz der Kunstmesse mit dem auffällig pinken Erscheinungsbild. Im Gründerland Großbritannien wurde die Affordable Art Fair bereits zwei Mal in Folge unter die „CoolBrands“ gewählt.

Die Wahl des deutschen Standortes ist Oliver Lähndorf zu verdanken. Der engagierte junge Kulturmanager, der vor den Toren Lübecks aufwuchs und zunächst die Filmakademie Baden-Württemberg besuchte, ist seit seinem Studium am Hamburger Institut für Kultur- und Medienmanagement bestens mit der Hamburger Szene vertraut. Noch während des Studiums unterstützte er F.C. Gundlach beim Aufbau des Hauses der Fotografie in den Deichtorhallen, später war er Vorsitzender des dazugehörigen Freundeskreises und initiierte gemeinsam mit der Kunsthistorikerin Jasmin Seck u.a. die Photo+Art Book Hamburg, eine Messe, die den Fokus auf Bücher und Magazine als autonome künstlerische Ausdrucksformen legt. Seit 2011 arbeitet Lähndorf als Messedirektor für Ransay Fairs Ltd., einem der größten Messeunternehmen weltweit, zu dem unter anderen die PULSE New York, die PULSE Miami und die Art Hongkong gehören, die 2011 mehrheitlich von der Art Basel übernommen wurde.

Man kann also davon ausgehen, dass Oliver Lähndorf wusste, was er tat, als er sich für Hamburg – und nicht etwa für Köln oder Düsseldorf – als Standort der der ersten deutschsprachigen Affordable Art Fair entschied.
Hamburg habe alles, was ein Messestandort braucht, so Lähndorf: Gute Künstler, gute Galeristen – und gutes Geld. „Ich kenne genug Leute, die bereit sind, 1.000 Euro für ein Bild oder ein Foto auszugeben, die sich aber in keine Galerie trauen, weil sie einfach Berührungsängste haben“.
Genau diese Scheu vor dem White Cube und den vermeintlich strengen Blicken der Galeristen will die Affordable Art Fair abbauen. Hier wird es ausgesprochen ‚relaxed’ zugehen, mit viel Musik (zusammengestellt vom DJ-Kolletiv Lovgang), einer großen Kinderecke und kostenlosen Angebote für die Besucher: Wem sein altes T-Shirt zu langweilig ist, kann es mitbringen und in einem der Siebdruckworkshops des Künstlerkollektivs „We are visual“ mit eigenen Motiven bedrucken.

Kurz: Auf dieser Messe geht jeder auf die Besucher zu und niemand muss Angst haben sich zu blamieren, wenn er zugibt, keine Ahnung von Kunst zu haben. „Bei uns ist der Punk aus der Schanze genauso gern gesehen, wie ein bekannter Sammler“, verkündet Lähndorf. „Wir sagen: Komm rein, bring dein Kind mit, auch deinen Hund, wenn Du möchtest. Bei uns musst Du nicht gleich 20.000 Euro oder mehr ausgeben, sondern steigst mit 1.000 oder 2.000 Euro ein.“
Auch in dieser Preisklasse gibt es hervorragende Arbeiten – und sogar große Namen, wie der Messechef betont: So präsentiert die Galerie St. Gertrude beispielsweise eine Edition von Jonathan Meese, die Galerie Renate Kammer ist mit den streng geometrischen Arbeiten von Gudrun Piper vor Ort und die Galerie Jens Goethel bietet Fotografien von Barbara McQueen, der Witwe des Filmstars Steve McQueen (1930-1980) zum Verkauf.

Es ist kein Zufall, dass Oliver Lähndorf drei Hamburger Galerien aufzählt, er will mit der Messe nicht nur Umsatz machen, sondern auch explizit den Hamburger Standort stärken. „Es wäre doch toll, wenn die Leute auf der Affordable Art Fair Kontakte zu den Galeristen knüpfen und in zwei Monaten dann auch mal in einer Galerie kaufen“, sagt er voller Zuversicht und rechnet dabei den Proporz vor: Ein Drittel der Galerien kommen aus Hamburg, ein Drittel aus Deutschland und ein Drittel aus aller Welt, u.a. aus New York, Tel Aviv und Singapur. Der Fokus jedoch liegt eindeutig auf der lokalen Szene – auch das gehört zum Konzept, ebenso die Extra-Schau der Emerging Artists, der Nachwuchskünstler, die hier zum Teil ihren ersten großen Auftritt haben.
Da die Affordable Art Fair ihr Erscheinungsbild so stark auf jung und dynamisch abgestimmt hat, mag es vielleicht verwundern, dass hier auch so hochbetagte Künstler, wie die 95-jährige Wedeler Künstlerin Gudrun Piper vertreten sind, doch für Oliver Lähndorf ist das kein Widerspruch: „Ich bin kein Freund von Kategorien. Die Mischung macht’s“. Das, so hofft er, werden vielleicht auch bald die renommierten Hamburger Galerien begreifen, die beim ersten Mal noch nicht mitmachen wollten.

Drei Jahre soll die Messe Zeit haben, sich in Hamburg zu etablieren, dann erst wird entschieden ob sie bleibt. „Hunderttauschend Mise sind einkalkuliert. Im ersten Jahr kann man noch keine Wunder erwarten. Am Anfang sind die Hamburger immer skeptisch, aber ich bin nicht jemand, der die Flinte gleich ins Korn wirft“, sagt Lähndorf. „Überall, wo wir hinkommen, heißt es: Oh, die Stadt ist schwierig – und dann geht’s doch durch die Decke, wie in Singapur, Amsterdam oder London.“

Lähndorfs Enthusiasmus, soviel steht schon mal fest, wirkt ansteckend – und neugierig macht die Messe allemal. Einen Tipp für Einsteiger hat der sympathische Kulturmanager auch parat: „Ich würde mir erst einmal einen Überblick verschaffen und mich inspirieren lassen – und dann nach dem Herzen kaufen“.


Affordable Art Fair, zu sehen vom 15. bis zum 18. November 2012 in der Hamburg Messe und Congress GmbH, Messeplatz 1, 20357 Hamburg, Halle A2. Öffnungszeiten: Donnerstag 15. November 11 bis 18 Uhr, Freitag 16. November 11 bis 20 Uhr, Samstag 17. November 11 bis 18 Uhr, Sonntag 18. November 11-18 Uhr

Fotonachweis Header: Oliver Lähndorf, Isabel Deimel
   

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