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Film

Weniger vergnüglich sind allerdings die Riesenmappen, für die er mit verantwortlich ist. Mappen, die erstellt werden müssen, um den verschiedenen Filmförderern plausibel zu machen, warum sie eine Filmidee unbedingt finanzieren sollten. Dazu braucht es manchmal groteske Verrenkungen. Zum Beispiel, weil viele Filmförderungen nun mal lokal bezogen sind und man deshalb etwa einen Kameramann aus der speziellen Gegend nehmen muss, obwohl man doch mit dem eigenen ganz zufrieden ist. So was führt zwangsläufig immer wieder zu Notlösungen.

An Notlösungen, sagt Gronau, ist er aus seinen eigenen Filmvorhaben mehr als gewöhnt. Wenn man mit Freunden filmt, die in einer anderen Stadt studieren und nur am Wochenende ein paar Stunden spielen können, wenn die Location nicht gemietet sondern freundlicherweise zur Verfügung gestellt – und dann wieder entzogen wird – dann muss man nicht nur Plan B in der Hosentasche haben, sondern möglichst auch Plan C und Plan D. Also möglichst viele Hosentaschen und ein flexibles Gemüt. Natürlich kann auch dieser Balanceakt besonderen Spaß machen. Und letztendlich gehört Organisieren durchaus zu seinen Stärken.

Trotzdem würde Gronau sich wünschen, dass es im deutschen Filmgeschäft manchmal etwas amerikanischer zugeht. Dass man nicht immer auf ‚sichere‘, bereits bewährte Themen zurückgreift, sondern sich auch mal an neue Einfälle ran wagt. Wenn er für die C-Films-Produktion Drehbücher auswertet, stößt er häufig auf phantastische Ideen – und weiß doch schon, dass die hierzulande keine Chance haben werden: „Das ist eine Frage der Mentalität. So was wird in Deutschland leider nicht realisiert. Sie trauen sich nicht…“

Gleichzeitig muss er zur Berufsschule. Hier wundert er sich drüber, dass ihm Mathe, früher nicht unbedingt sein Lieblingsfach, plötzlich viel plausibler vorkommt: „Na ja, jetzt weiß ich eben, wofür ich rechne…“

Natürlich bleibt neben der Ausbildung immer noch Platz für eigene Aktivitäten. Die sahen im vergangenen Jahr so aus: „Boys – Auch nur eine Sitcom" ist das bisher dreiteilige Pilotprojekt einer Web-Serie (wieder vom Kreisjugendring, der Sparkassen Stiftung Südholstein und dem Kreis Pinneberg im Rahmen der „Jugendinitiative mit Pfiff 2013" unterstützt, wie schon der Film „Kalter Frühling" vor zwei Jahren).

Die kleine Serie dreht sich um drei junge Männer einer Hamburger WG. Dabei handelt es sich um den ein wenig unbeholfenen Junganwalt Max (Jonathan Gorsolke) und den Albert Einstein zitierenden Computer-Freak Steffen (Christopher Hahn), die gerade infolge ihrer Schlampigkeit die Mitbewohnerin verloren haben und denen eher zufällig als neues WG-Mitglied Patryk (Olaf Conrad) ins Haus fällt. Patryk ist ein Musiker ‚mit stillstehender Karriere‘, der sich von einer sprechenden Hasenpuppe verfolgt fühlt, während ihn tatsächlich kreischende und Dessous werfende weibliche Fans jagen.

Den Autor und Regisseur erleben wir in einer Nebenrolle als aalglatten Anzug-mit-Weste-Träger samt Erfolgsbärtchen und Yuppie-Hornbrille, der vor allem den liebenswerten Max zu Boden demütigt. Worauf Max aufsteht, um sich erneut demütigen zu lassen…

Nicht nur der Junganwalt wirkt etwas unbeholfen. Und das ist ja kein Wunder, weil Gronau einmal mehr unter erschwerten Bedingungen arbeiten musste, sprich: Plan G musste aus der Hosentasche. So gab es etwa besonders lange Drehtage vom frühen Morgen bis zum Abend, allerdings fielen die erhofften Probentage aus verschiedenen Gründen komplett weg. Außerdem wurden die drei Pilotfolgen im Hochsommer gedreht, draußen herrschten über 30° Hitze, das steigerte sich in der zum Studio ernannten Schul-Aula unter den Scheinwerfern zu gefühlten 50°, erzählt der Regisseur in seinem ‚Making Of‘ – und da trägt er, in der kochenden Aula, den besagten Anzug-mit-Weste plus wärmenden Bart.
Zehn weitere Folgen der Web-Serie sind in Planung und das Projekt ist für den Kreisjugendpreis nominiert. Aber das ist natürlich noch nicht alles.

Da gibt es den Minitrailer für die Komödie „Honigmond" der Hagebuttenbühne. „Das war alles sehr spontan und ich hatte quasi keine Vorbereitungszeit…“
Und er hat sich ein weiteres Mal einen Beitrag zum ‚99FIRE-FILMS AWARD’ (99 Stunden Zeit, zu einem vorher unbekannten Thema einen 99 Sekunden Film zu drehen) gegönnt. Der heißt „Dein Leben“.
In Planung oder bereits in Arbeit sind mehrere Projekte. Und weil selbst Gerrit Gronau sich nicht zerreißen kann, fungiert er manchmal mehr im Hintergrund als ausführender oder beratender Produzent.
„Risse“ beispielsweise wird ein fiktiver Politthriller, basierend auf politischen Affären aus Schleswig-Holstein (Barschel, Simonis, Engholm, usw.). Im Zentrum steht ein junger und ambitionierter Politiker, der alles dafür tut, um Ministerpräsident zu werden. Dafür schreibt Gronau gerade das Drehbuch und hat schon Kontakt zum Kreis und zum Land aufgenommen. Voraussichtlicher Drehbeginn: Anfang 2015.

Bei Dämmerung handelt es sich um ein Multimedia-Projekt: „Wahrscheinlich das umfangreichste, an dem ich je gearbeitet habe. Damit beschäftige ich mich bereits seit Sommer 2013. Es spielt in einem fiktiven Zukunftsszenario. Geplant ist das Ganze als Webserie, mit fiktiver viraler Kampagne, Spielfilm und etlichen Kurzfilmen und sogar Comics. Ich entwickle dazu gerade mit ein paar anderen eine komplette Parallelwelt im Stile von George Orwell. Das wird aber noch lange dauern. Die ersten Kurzfilme könnten immerhin schon Ende diesen Jahres erscheinen…“

Uetersen filmt! möchte, in Zusammenarbeit mit dem Ludwig-Meyn-Gymnasium im Rahmen der Konferenz der Generationen, alte und junge Bürger der kleinen Stadt in einem Projekt zusammenführen. „Eine Untergruppe will Kurzfilme, Dokumentationen oder Musikvideos produzieren. Hier fungiere ich als eine Art beratender Produzent und bin nur in der Organisation und nicht an der aktiven Arbeit beteiligt. Alleine aus Zeitgründen schaffe ich das nicht. Erstes Projekt soll eine Kurz-Doku sein.“
Mehr als bloß Rosen ist der Arbeitstitel eines Imagefilms über eben diese Stadt Uetersen (die, umwogt von Rosenzüchtern und deshalb folgerichtig häufig ‚Rosenstadt‘ genannt, nordwestlich von Hamburg liegt. Und, da hier ständig wie verrückt geheiratet wird, gern auch ‚Hochzeitsstadt‘.)

Gronau: „Ich hatte vorher mit der Produktion Triangel.Film.Kommunikation.PR an einem Imagefilm für die Stadt Wedel gearbeitet und hatte dann Anfang 2013 die Idee, dass man so etwas ja vielleicht auch für Uetersen machen könnte. Ein Film, der Außenstehenden, Neu- und Altbürgern zeigt, dass Uetersen weitaus mehr zu bieten hat als bloß Rosen und Hochzeiten. In dem Film soll die Stadt als möglichst lebendig, bunt und abwechslungsreich dargestellt werden. Ein Imagefilm halt. Und ich war selber überrascht, wie sehr sich mein anfängliches Konzept erweitert hat. Der Ort bietet eine ganze Menge, vor allem dank seiner engagierten Bürger. Auch Ministerpräsident Albig war bereit, ein kurzes Statement abzugeben.“

Na also. Und weil’s mit der engeren Heimat so gut klappt, meldete der Jungfilmer im Oktober 2013 ein Kleingewerbe an und produziert weitere Imagefilme. „Einige sind in Arbeit, einige schon fertig, allerdings sind diese noch nirgends zu sehen.“
Premiere war ein Filmmusikkonzert des Vielharmonie Orchesters Elmshorn vor knapp 800 Gästen in den Elbmarschenhallen Horst im November 2013: „Ich hab als Moderator durch den Abend geführt und mich am Ende spontan selbst mal als Dirigent versucht.“

Die meisten seiner Aktivitäten kann man hier bewundern.
Was macht ein junger Mann wie dieser, wenn er wirklich mal ein wenig Zeit für sich selber hat?
Zum Beispiel guckte er sich in Irland die Studios an, in denen ‚Game Of Thrones‘ gedreht wurde. Er setzte sich sogar auf den bewussten, aus Waffen besiegter Feinde zusammengeschmiedeten Thron.
Oder: „Ich bin gerade dabei, mir in meiner Freizeit eine kleine Webseite zu basteln beziehungsweise einen kostenlosen Service zu nutzen. Mir ist es wichtig, dass man nicht nur die Videos über YouTube oder einige Infos über Facebook mitbekommt. Ich möchte eine Seite haben, wo jeder einen schönen Überblick hat über die Filme sowie sämtliche Pressebeiträge zum Nachlesen. Die Seite ist noch nicht ganz vollständig, bietet aber schon einen ersten kleinen Eindruck.“
Nein, es ist keineswegs so, dass einem beim Anschauen der Werke des Jungfilmers vor Ehrfurcht die Spucke weg bleibt. Einiges ist gelinde gesagt mittelmäßig, was sicherlich auch immer mit den Möglichkeiten und den Machbarkeiten zu tun hat. Hin und wieder, noch unregelmäßig, guckt wirkliches Talent hervor.
Aber vielleicht gehört ja, mehr als überragende Begabung, vor allem das dazu: die Chuzpe, der Mut, der sich traut, auch das Unvollkommene ins Netz und zur Diskussion zu stellen.
Ausgesprochen beeindruckend finde ich diese unbeirrbare Beharrlichkeit eines Raupenschleppers, mit der er sich auf sein Ziel zubewegt.

Gerrit Gronau will Filme machen und er wird Filme machen, kein Zweifel. Womöglich bleibt uns allen eines Tages bei ihrem Anblick wirklich die Spucke weg. Die Chancen sind gar nicht so schlecht.


Foto: Privat

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