Indie-Jazz – Musik, die Weite kennt, auch innerhalb der bekannten Spielräume. Mit dem Debüt-Album „Rootless Tree“ kappen die vier Musiker aus Berlin, Dresden und Leipzig von „Still in the Woods“ nicht nur das Wurzelwerk per definitionem, sondern auch eine ganze Reihe von Zwängen.
Zwölf Eigenkompositionen werden nicht nur als Stücke, vielmehr in sechs Kapiteln vorgestellt. Jedem Kapitel sind ein bis drei Songs zugeordnet. Ein gesamter, roter, musikalischer Faden zieht sich vom ersten bis letzten Ton durch und lässt die Neuerscheinung wie aus einem Guss erklingen. Rhythmisch teils anspruchsvoll mit guten Tempowechseln, digitalen Effekten und einem Drive, der richtig Freude bereitet.
Einzig die schöne Stimme von Anna Hauss birgt weiteres und ausbaufähiges Potential, die sie noch nicht abruft (abrufen kann). Ein wenig mehr Farbe und Stimm- sowie Ausdrucksspiel wäre gerade inhaltlich ein echter Mehrwert. Mit 25 Jahren ist ihrer Stimme, bei gutem Training, noch so einiges Gutes hinzuzufügen. Die Härte in manchem Ton ist zuweilen nicht scharf genug.
Einige Stücke, geben sich immer mal wieder selbst notwendige Ruhe, bevor Bass und Schlagzeug diese auflösen und davongleiten. Robert Wienröder spielt mit seinem Keyboard – wie in „Dark Night“ – wunderbare kleine Soloparts mit einem vollen Sound und treibt nicht nur die Band aus der Schlaflosigkeit in die Nacht.
Und „Bubbles“, jenes Stück, das anfangs zwischen Neuer Musik und Jazz oszilliert, mit einer entrückten Stimme dem Piano ein Dribbling verschafft und sich schließlich gleitend recht rockig entwickelt. Ein Spielplatz der uns zum Kind werden lässt. Der „Playground“ wird zum Beziehungsspiel und zum Spiel mit Regeln. In die Nähe von Filmmusik kommt „Don’t Walk Away“, mit einer fein entwickelten Dramatik und einer musikalischen Choreographie, die Spannung kreiert.
„Behind Your Mind“ ist stete Wiederholung von Dreiklängen, fast wie ein Gute-Nacht-Lied, weich, sanft und einfühlsam.
Von Phil zu Still. Was reimt sich auf „Phil in the Woods“? – „Still in the Woods”. Ist der Bassist Phil weg, muss ein anderer Name her und weil „Raphael in the Woods” irgendwie gar nicht klingt... Still. Und überdies passt das „Woods“, denn es gibt etwas im gesamten Sound der Band, was nach Wald klingt. Ein guter Humusboden auf dem man wachsen kann, genügend Licht und Wasser von oben und einer überzeugenden Intuition für ein durchmischtes ganzjähriges Blätterdach.
Still in the Woods: Rootless Tree
Anna Hauss (vocals), Robert Wienröder (piano, keys), Raphael Seidel (bass), Jakob Hegner (drums)CD, Booklet
Label: Neuklang/In-Akustik
EAN: 4012116419238
VÖ: 18. Mai 2018
Hörprobe
YouTube-Video:
STILL IN THE WOODS - Rootless Tree (Official Video)
Release-Tour:
29.05.2018: Astra-Stube, Hamburg
02.06.2018: Kultstätte Keller, Berlin
12.06.2018: Telegraph, Leipzig
13.06.2018: Blue Note, Dresden
14.06.2018: Peter und der Jazz, Rostock
Abbildungsnachweis:
Headerfoto: Alexander Ullmann
Cover
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