Kunsthandwerk, Grafik & Design
Hamburg Total 2 – Comic-Ausstellung von Ulf Harten mit DM Trocken

Wenn jemand die Stadt zum Tanzen bringt, dann er! Der Hamburger Künstler Ulf Harten zeichnet Comics – so spritzig und vollgepumpt mit kleinen Details, dass die üblichen Wimmelbilder in Kinderbüchern dagegen minimalistisch cool wirken.
Vor fünf Jahren zeigte Harten in der Fabrik der Künste die Ausstellung „Hamburg TOTAL“, nun folgt am Kreuzbrook 12 „Hamburg TOTAL 2“. Ein wahrhaft erstaunliches Stadt-Panoptikum. So fröhlich-schräg-ausgeflippt-bewegt, dass man unwillkürlich gute Laune bekommt. Gastredner Corny Littmann brachte es zur Eröffnung auf den Punkt: „Wie im LSD-Rausch gemalt“.

Der Michel rutscht beim Anblick der Elbphilharmonie vor Schreck in die Elbe. Der Marco-Polo-Tower swingt als überdimensionierter fünffach BigMac in der HafenCity und wenn Hamburg den Speckgürtel enger schnallt, dann droht die Elbe überzulaufen. Ach, was sind das alles für witzige, zauberhafte kleine Geschichten, die da erzählt werden. Der Hummel-Hummel-Wasserträger saust über den Himmel, genauso wie der ICE, der derart rasant auf den „orientierungslos herumirrenden Schienensträngen“ am Hühnerposten landet, dass eine kleine Retro-Dampflok vor Schreck aus den Gleisen springt. Man fragt sich, woher der Zeichner, der sich selbst gern als „eines der letzten noch freilaufenden Exemplare analoger Comic-Restkultur“ bezeichnet, all diese hinreißenden Ideen hernimmt. Die Antwort: Es ist seine Sicht auf die Welt. Ulf Harten lässt sich seinen Optimismus einfach nicht austreiben. Er gehört zu der Sorte Mensch, die zwar älter, aber nie „erwachsen“ geworden ist. Der sich seine jugendliche Fröhlichkeit auch mit 65 Jahren noch bewahrt und der mit Doris Dörr, alias DM Trocken, die kongeniale Arbeits- und Lebensgefährtin an seiner Seite hat.

Hamburg Total 2 – Comic-Kalender von Ulf Harten TitelEin echter Freak also und ein waschechter Hamburger dazu. Als solcher ist Ulf Harten bestens vernetzt mit der (ehemals) alternativ-freien Musik-, Theater- und Kabarett-Szene, die sich in den 80er Jahren auf Kampnagel formierte. Dort lernte er beispielsweise Corny Littmann kennen, der bei der Ausstellungseröffnung darüber staunte, „was für alte Säcke“ sie geworden seien. Aber diese „alten Säcke“ stecken die Jungen immer noch in die Tasche. Bestes Beispiel ist Stefan Gwildis, auch ein Freund aus Jugendzeiten, der die Vernissage-Gäste mit seinen Songs begeisterte.
Wer Hamburg mag, wer Hamburger Architektur schätzt, der sollte diese Ausstellung nicht versäumen. Es sind Comics, wohl wahr. Aber was für welche! Der Autodidakt Harten hat die Messlatte immer hoch gehängt. Sein Vorbild ist Carl Barks, der berühmte Walt-Disney-Zeichner, der es wie kein Zweiter verstand, den Dingen eine Seele einzuhauchen. Man denke nur an das Inventar in dem verwunschenen Schloss aus dem Film „Die Schöne und das Biest“. Wenn Kerzenleuchter, Teekannen und Standuhren eine Persönlichkeit haben, dann haben sie Gebäude wie das Chilehaus, die Elbphilharmonie oder das Rathaus erst recht, dachte sich Harten und fokussierte sich auf Architekturkarikaturen. 1999 prägte er die Marke „Hamburg Total“ und veröffentlichte seine mit kleinen Bosheiten und zeichnerischen Kommentaren gespickten Hamburgensien als Comic-Kalender. Zuerst noch im Eichborn Verlag, später dann in Eigenregie. Mittlerweile kann der Künstler auf 22 Jahrgänge blicken – Bilder, an denen man wunderbar ablesen kann, wie rasant sich die Stadt in den vergangenen Jahren verändert hat.

Zur zweiten großen Ausstellung in der Fabrik der Künste ist „Hamburg Total“ , die besten Hamburg-Motive aus 22 Kalenderjahrgängen nun auch als Buch erschienen. Eine zauberhaft-schräge, überbordend quirlige Liebeserklärung an die Hansestadt, so unglaublich detailreich und prall, dass man nur staunen kann. Ein Genuss für alle – aber ganz besonders für „alle alten Säcke“, die sich den jugendlichen Freak im Geheimen immer noch bewahrt haben.

Hamburg Total 2

Zu sehen bis 8.3.2020
In der Fabrik der Künste, Kreuzbrook 12, 20537 Hamburg
Geöffnet: Di-So 14-19 Uhr
Eintritt: 5 Euro, Kinder und Jugendliche frei.
Weitere Informationen

Finissage, Sonntag 8.3.2020, 16 Uhr. Musik: Nat King Thomas mit Boogaloo.
Hamburg Total – Das Buch, Junius Verlag, 168 Seiten. Zu bestellen über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!


Abbildungsnachweis:
Alle Fotos © Ulf Harten

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