Theater - Tanz
Stargast Gitte Haennig eröffnet im Hansa Varieté Theater Hamburg die 12. Spielzeit

Menschen, Mäuse, Sensationen…
Diese Kunst sei die ehrlichste aller Künste, sagte Conférencier Arnulf Rating am Premierenabend und wer wollte dem widersprechen: Auch in seiner 12. Spielzeit begeistert das Hansa Theater in Hamburg mit Artisten der Superlative, die das Haus am Steindamm zu einem Hotspot des internationalen Varietés machen.

„2019 ist das Jahr der Politclowns wie Boris Johnson oder Donald Trump“. Das Vorwort ihres Programmheftes beginnen Thomas Collien und Ulrich Waller, die beiden Hausherren des renommierten Varietés, mit gekonnten Seitenhieben aufs Zeitgeschehen. Und man kann ihnen nur beipflichten. Gemessen an den Leistungen der international führenden Artisten, die derzeit am Steindamm gastieren, sind die von den international führenden Politikern großmäulig versprochenen „Zaubernummern“ jämmerliche Stümperei und heiße Luft. „Im Varieté ist das anders. Hier kann jeder sehen, ob die Nummer gelingt.“ Wohl wahr!

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Bevor wir zu den Artisten kommen, noch ein Wort zum Premierenabend. Kein Auftakt ohne Stargast, das ist seit der Wiedereröffnung des HANSA Theaters 2009 Ehrensache für die Gastgeber. Diesmal war es Gitte Hænning, die in einem opulent gebauschten weißen Matrosenkleid ein wenig an Alice im Wunderland erinnerte und eine hinreißende Jazz-Version ihres Jugend-Hits „Ich will ´nen Cowboy als Mann“ lieferte. Doch es braucht keinen Stargast, um einen Abend im HANSA zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.

15 Künstler sind in der Saison 2019/2020 am Start, allen voran die atemberaubende Aurélie Brua, das weibliche Pendant zu Spiderman. Man traut seinen Augen nicht, was diese zierliche Französin an ihren beiden schwarzen Polestangen alles zu vollbringen vermag. Die Schwerkraft scheint für diese Akrobatin einfach keine Gültigkeit zu haben, man fragt sich, wie sie es wohl geschafft hat, sie auszuschalten. Für Aurélie Brua gibt es einfach kein Oben und kein Unten. Mit übernatürlicher Geschmeidigkeit turnt sie die Stangen rauf und runter, oder schwingt, mal eben so, wie eine Fahne horizontal am Fahnenmast.

Es verbietet sich im Grunde bei Gästen wie diesen von Highlights zu sprechen. Alle 15 Artisten, inklusive der wechselnden Conférenciers, der Wortakrobaten, wie Horst Schroth, Herr Holm oder der charmante Alfons, sind Künstler der Ausnahmeklasse. Oleg Izossimov, immer ganz in weiß, als klassischer „Schwanensee“-Prinz gewandet, der sich gefühlte Stunden einhändig-schwebend und in Zeitlupentempo auf einer handtellergroßen Fläche dreht, ebenso, wie die drei Zauberdamen „The Magic Pearls“ mit ihrer Illusionsshow oder das rasant kreiselnde Rollschuh-Duo Tribertis. Auf einem runden Plateau von kaum anderthalb Meter Durchmessern wirbelt der muskulöse Italiener Carlo Triberti seine ihm wortwörtlich am Hals hängende Partnerin Emi Velkova so waghalsig durch die Luft, dass einem angst und bange wird. Das gleiche gilt für Paul Ponce, den argentinischen Jongleur, der den Zuschauern Keulen und Strohhüte um die Ohren segeln lässt, die er Gott sei Dank mit traumwandlerischer Sicherheit wieder auffängt. Nicht zu vergessen der verschmitzte Bauchredner Willer Nicolodi und seine freche Maus Joselito (gesprochen Chocelito, darauf legt der kleine Partner großen Wert), die dem Publikum die Lachtränen in die Augen treiben.

Dennoch gibt es auch in Vorstellungen wie diese Höhepunkte und die boten – neben Aurélie Brua – zwei Akrobaten, die zu den Weltmeistern der Ikarier gehören. Der Name verweist auf die griechische Sagengestalt Ikarus, der, wie man weiß, mit seinen wachsverbundenen Flügeln der Sonne zu nah kam und abstürzte. Das Duo Kuskov aus Kiew zeigt in seiner überragenden Show, wie das Fliegen auch ohne Flügel funktioniert. Und nicht nur das! Der von seinem auf einer Schräge liegenden Partner in die Luft geworfene „Flieger“ vollführt schwindelerregende Salti, sowie Sprungkombinationen von einer Leichtigkeit und Virtuosität, die einfach nur stumm vor Staunen machen.

Apropos Staunen: In der Kombination Staunen und Poesie schießen Alina Kotsiubynska, Dmytro Kotsiubynkyi und Denys Klimov alias „Halves Project“ in dieser Saison den Vogel ab. In bester Tradition des Prager Schwarzlichttheaters bieten die drei Pantomimen ein ebenso komisches wie magisches Schauspiel, bei dem sich ihre (weißen) Körperteile im schwarzen Raum selbständig machen. Einfach zauberhaft!

12. Spielzeit Hansa Varieté Theater Hamburg

Zu erleben bis 2.2.2020 und 3. bis 15.3.2020
HANSA Theater, Steindamm 17, 20099 Hamburg
Tickets und Infos unter 040 - 4711 0644 und www.hansa-theater.de


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Abbildungsnachweis:
Header: v.l.n.r.: Ulrich Waller, Gitte Hænning, Thomas Collien © Hansa Theater
Galerie:
01. Eröffnung der Spielzeit. Ulrich Waller, Thomas Collien. © Hansa Theater
02. Aurélie Brua. Foto: Oliver Fantitsch
03. Oleg Izossimov. Foto: Oliver Fantitsch
04. Willer Nicolodi. Foto: Jürgen Joost
05. Halves Project, im Wechsel mit Chris Pettersen. Foto: Frank Wilde

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