Literatur
Dacia Maraini – Das Maedchen und der Traeumer Foto Yoi Maraini

Dacia Maraini (geb. 1936 in Fiesole bei Florenz), die bedeutendste, meist übersetzte und wiederholt für den Literaturnobelpreis nominierte italienische Schriftstellerin, gilt schlicht und ergreifend – so die „Neue Zürcher Zeitung“ (25.10.2013) – als „Italiens weibliche Stimme“. Zum ersten Mal spricht „die Großfeministin der italienischen Literatur“ („Die Welt“, 22.2.2017) in ihrem über 100 Buchtitel – darunter allein 22 Romane – umfassenden Gesamtwerk jetzt mit einer männlichen Stimme. In dem aus der Ich-Perspektive verfassten, auf der Frankfurter Buchmesse in deutscher Übersetzung präsentierten und ab heute auf einer Lesereise durch deutsche Lande von der Autorin selbst vorgestellten Roman „Das Mädchen und der Träumer“ kämpft der hartnäckige, alleinlebende Grundschullehrer Nani Sapienza, beliebter Geschichtenerzähler und gebildeter Büchernarr, gegen die Widrigkeiten einer brutalen Lebenswirklichkeit und für seine Sehnsucht nach einer verlorenen Vaterschaft, um am Ende neue Hoffnung zu schöpfen und menschliche Zugewandtheit wiederzufinden.

„Ich bin nur ein einsamer, verzweifelter Mann, der seine Tochter und seine Frau verloren hat“, so stellt sich dieser kauzige Held dem Leser am Anfang der Geschichte vor. In seiner blühenden Phantasie und Welt als unfreiwilliger Single sitzt dem Mann ein rabenähnlicher Vogel auf der Schulter. Als sei er Nani Sapienzas bessere Hälfte, zweites Ich, Gewissen oder seine eigene innere Stimme, mit der Nani sich unterhalten kann, kommentiert dessen „Schutzengel“ im Federkleid so manche Verrücktheit, die sich in Nanis Leben abspielt, mal ironisch, mal besserwisserisch und mal tröstend.
Nanis Tochter Martina starb vor kurzem mit acht Jahren an Leukämie. Einige Paare schweißen solche Schicksalsschläge eng zusammen. Andere Partnerschaften zerbrechen daran. Nanis Frau Anita kann den Verlust nicht ertragen und verlässt ihn. Er bleibt in der Familienwohnung, vollgestopft mit Erinnerungen, Spielzeug und Gegenständen von Martina, zurückgeworfen in seinen Schulalltag als Lehrer irgendwo in einer Kleinstadt nahe Mailand: komplett auf sich allein gestellt.
Bis er eines Morgens im Radio hört, dass ein achtjähriges Mädchen, „die kleine Lucia Treggiani“ aus Pozzobasso, auf dem Weg zur Schule in Nanis unmittelbarer Nachbarschaft spurlos verschwunden sei. In Nani regt sich eine kaum kontrollierbare Unruhe: Lucia hat das gleiche Alter wie es Martina zur Zeit ihres Ablebens hatte. Er könnte sie retten... Nani setzt alles in Bewegung, sucht das verschwundene Mädchen mit Hilfe seiner Schüler, aber auch auf eigene Faust als einsamer Held und unnachgiebig nach der Wahrheit Forschender. Er träumt von dem Kind, und er gibt nicht auf. Bis sich das zwei Jahre währende Verschwinden Lucias schließlich auflöst, Nani sich noch einmal wie ein Vater fühlen darf und, als Anita wieder auf der Bildfläche erscheint, Nanis Unglücksrabe am Ende der Geschichte befreit von dannen fliegt.

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Mit großem Feingefühl und einprägsamen Bildern verwebt Dacia Maraini in diesem Buch die Realität täglicher Medienberichte mit den schillernden Facetten eines Kriminalromans, literarischen Psychogramms und modernen Märchens. Nicht nur europäische Märchen wie Die sieben Raben oder Rotkäppchen – Lucia trägt zum Zeitpunkt ihres mysteriösen Verschwindens einen roten Mantel und weiße Gummistiefel – der Brüder Grimm oder Carlo Collodis „Pinocchio“ (1883), auch Weltklassiker wie Scheherazades Tausendundeine Nacht oder Lewis Carrolls Alice im Wunderland (1865), die ja bekanntlich in einem Erdloch verschwindet, stehen dem Roman „Das Mädchen und der Träumer“ dabei Pate. Mit kriminalistischer Neugier folgt der Leser den investigativen Suchaktionen von Nani Sapienza, der wegen seiner spannenden, aber als subversiv angesehenen Schüleraktionen prompt Ärger mit der Schule bekommt. Dank einer erotisch angehauchten Sympathie und schließlich zur Daueraffäre werdenden Liebelei mit der Rektorin, die ihm wohlgesonnen ist, versteht er jedoch, den provinziellen Kleingeist seiner Kollegen abzuwehren, und laviert sich mit seinen Alleingängen – auch nachdem die Polizei das verschwundene Mädchen schon abgeschrieben hat – behördlich erfolgreich durch alle Verleumdungen und Missstände immer weiter voran.

Die durch Größen wie Leonardo Sciascia (1921-1989), Umberto Eco (1932-2016) oder Andrea Camilleri (geb. 1925) in Italien begründete literarische Gattung des zeitgenössischen Detektivromans vermischt sich bei Maraini zunehmend mit einer psychoanalytischen Lesart der Realität – einer Art Trauma-Tagebuch. Die nur nüchtern bis 60 durchbezifferten Kapitel und aus der fiktiven Ich-Sicht von Nani Sapienza dargelegte Entwicklung der Crime-story beginnt mit einem alarmierenden Traum: Am Vorabend der Radio-Nachricht über das verschwundene Mädchen, die alles ins Rollen bringt, hat Nani es nämlich im Traum gesehen. Durch die klar subjektiv gefärbte Beschreibung von ihrem kastanienbraunen, wippenden Pferdeschwanz, roten Mantel und weißen Schuhen, ihrem alterstypischen „Entengang“, wie ihn Nani liebevoll bei Martina zu nennen pflegte, „die Fußspitzen leicht nach außen gedreht, mit sanft nach rechts und links schaukelnden Hüften“, und ihren großen grünblauen Augen, beginnt der Roman im ambivalenten Unterton eines persönlichen Bekenntnisses. Martinas „roter Bademantel“ und die von ihrer Mutter bei der Polizei als vermisst erklärte Lucia überlagern sich in Nanis Vorstellungswelt von Anfang an so obsessiv und zugleich hyperrealistisch, dass der Ich-Erzähler den Leser gleich im Einstiegskapitel entwaffnend und unumwunden wissen lässt: „Ich bin ein Vater mit einem Trauma“.
Traum und Trauma liegen nah beieinander. Nani „Sapienza“ – zu Deutsch etwa: der Wissende oder Weise, ein Nachname, den Maraini der sizilianischen antikonformistischen Sozialistin, Schauspielerin, Schriftstellerin und Verlegerin Goliarda Sapienza (1924-1996) entlehnt hat – sieht das Gesicht des Mädchens im Traum „lächelnd und ein wenig wehmütig, gelassen und doch irgendwie beunruhigt, gleichzeitig schön und merkwürdig entstellt“. Unverhohlen versucht hier ein am Boden zerstörter Vater, den Tod seiner Tochter zu überwinden. Ihre junge Unschuld und leicht ungezähmte Jenseitigkeit scheinen die „weißen Vögel“, die „um den Kopf des Mädchens“ im Traum flattern, zu symbolisieren: „Möwen vielleicht?“, überlegt er. Ein das reine Mädchengesicht leicht umschwebender und es zugleich halb verdeckender kleiner Vogelschwarm – der im farblichen Kontrast zu Nanis schwarzem Vogel wie eine Kleinfamilie weißer Tauben dem Mädchen quasi Flügel verleiht – ziert auch das enigmatische, ein wenig surrealistisch wirkende, doch in typisch fotografischer Porträthaltung gemalte zart pastellfarbige Titelbild des Romans, das passenderweise von einem unbekannten österreichischen Künstler zu stammen scheint.

Im Impressum des Buchs heißt es, den Urheber des Kunstbildes habe der Verlag leider „nicht ausfindig“ machen können – so als sei auch er spurlos verschwunden. Der von Wien und Bozen aus tätige, quasi im österreichisch-italienischen „Freundschaftsgebiet“ angesiedelte Folio-Verlag hat das Cover vom italienischen und – wie fast alle Romane von Dacia Maraini – beim Mailänder Rizzoli-Verlag erschienenen Original von 2015 übernommen. Wie in vielen ihrer Romane inspiriert sich Maraini – so auch in diesem – an wirklichkeitsnahen, z.T. wahren Begebenheiten, an historischen und zeitgemäßen Kriminalfällen, kurz: an schauerlichen Schattenseiten der menschlichen und oft männlichen Psyche. In „Das Mädchen und der Träumer“ aber zeichnet sie – „Eine der unerschrockensten Stimmen Italiens“ wie die deutsche Zeitschrift „Emma“ Maraini titulierte, mit deren Herausgeberin Alice Schwarzer die italienische Autorin persönlich bekannt ist – mit der Figur des „Träumers“ Nani ein liebevolles und liebenswürdiges Männerportrait. Angesichts seines Antagonisten, des perversen Kindesentführers Cesare Mammucchi, rückt jedoch auch das Böse und damit eine allgemein gesellschaftliche Thematik in den Mittelpunkt des Interesses: die der „Geraubten Kindheiten“ („Neue Zürcher Zeitung“, 30.3.2017), des „Spurlos verschwunden“-Seins (Cluverius.com, 26.3.2017) bzw. die Frage „Was geschieht, wenn ein Kind spurlos verschwindet?“, wie „Die Welt“ anlässlich der deutschsprachigen Buchübersetzung von Ingrid Ickler aufrüttelnd titelte (22.2.2017).

Drei Jahre lang hat Maraini an dieser Geschichte geschrieben und über die „Banalität des Bösen“, die „Komplexität der menschlichen Seele“ („IO Donna“, 7.11.2015) und die sich in Europa jährlich zu Tausenden ereignenden Fälle von vermissten Kindern ausführlich recherchiert. Für die Tochter des florentinischen Ethnologen, Anthropologen, Orientalisten, Schriftstellers und Fotografen Fosco Maraini (1912-2004) und dessen Ehefrau Topazia Alliata (1913-2015), einer unkonventionellen sizilianischen Prinzessin, Malerin, Schriftstellerin und Galeristin, bedeuten Engagement und Zivilcourage (für Maraini kurz: „l’impegno“) unabhängig von Raum, Zeit und Klasse, „die Wahrheit zu sagen – präzise und detailgetreu“ – so gibt sie der Presse bei der Vernissage einer transkulturellen Werkausstellung von italienischen, spanischen, palästinensischen und israelischen Fotografen an der Zweiten Universität Neapels im süditalienischen Caserta explizit zu verstehen („Corriere del Mezzogiorno“, 11.10.2011). Aus der Zusammenarbeit mit Amnesty International weiß sie, dass „verschwundene Kinder“ als wehrlose Wesen oft im Sumpf des Kinder- bzw. Menschenhandels landen oder in der Kinderprostitution enden, traumatisiert von unvorstellbarem Schrecken, Sadismen und Gewalttätigkeiten. Wie die kleine Fatima im Buch.

Die statistischen Zahlen dazu seien allerdings „viel erschreckender als der Plot“ ihrer Geschichte, so Maraini („Neue Zürcher Zeitung“, 30.3.2017). Den Opfern patriarchalisch geprägter Gewalt, Repressalien und Unterdrückung, den schwachen Stimmen der Kinder – und traditionell denen der Frauen – will Dacia Maraini ihre Stimme leihen. Zu der fein abgestimmten Kombination von (Neo-) Feminismus und Poesie gesellt sich in ihrem Werk daher folgerichtig die Aufrechterhaltung – und konstante Erneuerung – der Tradition einer „engagierten Literatur“, ob sie sich gegen Kapitalverbrechen, die Ausgrenzung gesellschaftlich randständiger Gruppen oder Individuen, gegen die Mafia, Vollverschleierung, Genitalverstümmelung oder Zwangsehe heranwachsender Mädchen, gegen Kinderbordelle in Kambodscha, Pädophilie im Netz oder analogen Leben, oder gegen andere soziale Ungerechtigkeiten richtet. Für Maraini ist schreiben gleichbedeutend mit atmen. Nicht von ungefähr gilt sie seit einem halben Jahrhundert als das unüberhörbar „weibliche“, aufgeklärte „Gewissen“ der italienischen Gesellschaft. Als einstiges Mitglied der italienischen Schriftstellergruppe 63 („Gruppo 63“), die sich in den 1960er Jahren der progressiven Literaturbewegung der „Neoavanguardia“ zurechnete, trat sie kulturhistorisch gesehen mit ihren Romanen, Erzählungen, Theaterstücken, Literaturkritiken, Gedichten, autobiographischen Texten und Reiseberichten in Gender bedingter Umkehrung die Nachfolge des sizilianischen Schriftstellers, politisch aktiven Europa-Parlament-Abgeordneten und literarisch sowie ideengeschichtlich bahnbrechenden Mafia-Kritikers Leonardo Sciascia an, der sich nachhaltig und Zeit seines Lebens öffentlich für intellektuelle Aufklärung, zivilisatorischen Fortschritt und staatsbürgerliche Emanzipation einsetzte. Die Idee einer gesellschaftlich partizipatorisch ausgerichteten – und etwa von Dacia Maraini beispielhaft vorgelebten – „littérature engagée“ scheint angesichts der populistischen europäischen Schieflage und der zunehmenden Immigrationsströme, denen Italien – und Europa – seit bald drei Jahrzehnten unmittelbar ausgesetzt sind, wegweisender und zukunftsträchtiger denn je.
Die undogmatische, aufrichtige und offene Geisteshaltung, mit der Maraini „das Persönliche“ getreu dem einstigen Wahlspruch der 68er-Bewegung damals wie heute für „politisch“ hält, verleiht ihrer Rolle im literarischen Kulturgeschehen und politischen Leben Italiens nicht nur bezüglich der Frauenfrage einen angenehm überzeugenden Touch unvoreingenommener Transparenz und ungebrochen authentisch wirkender Zugänglich- und Verantwortlichkeit. Wahrscheinlich spielt in „Das Mädchen und der Träumer“ auch nicht nur ihre eigene, wahrlich als „Kein Zuckerschlecken“ (ebd.) zu bezeichnende Kindheit hinein, die sie mit ihren Eltern und zwei jüngeren Schwestern in verschiedenen japanischen Lagern unter quälender Hungersnot verbracht hat. In diesem von Kindesverlust und Tod handelnden Roman scheint sich vielmehr die traumatische, autobiographische Erinnerung an das von ihr als junger Frau, während ihrer ersten, nur zwei Jahre kurzen und einzigen Ehe mit dem Maler Lucio Pozzi, im achten Monat verlorene Kind leitmotivisch fortzusetzen – lange nach dem Verarbeitungsroman „Un clandestino a bordo“ von 1996 (dt. „Der blinde Passagier an Bord. Nachdenken über ein nie geborenes Kind“, 1997). Zudem mag sie der vorzeitige Tod ihres letzten Lebensgefährten, des 25 Jahre jüngeren Künstlers, Musikers sowie Theater- und Filmschauspielers Giuseppe Moretti (1961-2007), beim Entwurf der Figur von Nani Sapienza psychologisch beeinflusst haben.
Denn wie Maraini selbst, so findet auch ihre erste männliche Hauptperson in „Das Mädchen und der Träumer“ die Kraft, eine schwierige Situation zum Positiven zu wenden. In der einfühlsamen, subkutanen Art, wie Maraini den Romanhelden modelliert und dem Leser nahebringt, schwingt eine Melancholie mit, die nicht nur auf Nani Sapienzas Verlust der eigenen Tochter passgenau abgestimmt ist. Es ist, als hallen in seinen Gedanken etwa über den – durchaus als sehr männlich dargestellten – Wunsch, Vater und Lehrer zu werden bzw. zu sein, Gesprächsfetzen aus den 12 langen Jahren wider, die Moretti und Maraini Seite an Seite verbracht haben, bevor er vor exakt zehn Jahren an Leukämie – wie Nanis Tochter Martina – innerhalb von zwei Jahren erst 47-jährig verstarb. Morettis dramatischen Krankheitsverlauf, die Unwesentlichkeit ihres Altersunterschieds, ihre gemeinsamen Reisen und Erlebnisse schildert Maraini jedenfalls entsprechend eindrücklich in einem Interview von Marisa Fumagalli in der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ (18.7.2014). Als Moretti am 4.1.2008 in einer von Roms zentral gelegenen Hauptkirchen, der voll besetzten „Santa Maria del Popolo“, beigesetzt wurde, saßen neben dem damaligen, unter Romano Prodi als stellvertretender Ministerpräsident und Kulturminister Italiens amtierenden Francesco Rutelli, u.a. die Regisseure Ettore Scola und Citto Maselli, der Dichter Valentino Zeichen oder die Schauspielerin Piera degli Esposti, die Morettis natürlichen Humor lobte und sein Talent hervorhob, Gedichte etwa von Leopardi, Pascoli, Pasolini – und Dacia Maraini – musikalisch in Szene zu setzen. Seinen lebendigen Musikkompositionen, erzählt Maraini, lausche sie heute am liebsten, wenn sie an ihn denke.

Unermüdlich kleidet Italiens herausragendste und einflussreichste Autorin weiterhin alles was sie bewegt in Worte. Worte, die unter die Haut gehen, die die Aufmerksamkeit des Lesers von „Das Mädchen und der Träumer“ teils subtil, teils mit gnadenlosem Nachdruck darauf lenken, wie wir in dieser globalisierten Welt miteinander umgehen, auf welche Art und Weise wir uns gegenüber Schwächeren verhalten und wo wir wegschauen, weil es uns moralisch überfordert oder praktisch unmöglich erscheint, Gräueltaten zu verhindern bzw. gesellschaftliche Umstände zu verbessern. Während in Italien derzeit bereits Marainis nächster Roman mit dem Titel „Tre donne“ (dt. etwa „Drei Frauen“) – ein Familienfresko dreier Frauengenerationen, von der Großmutter Gesuina, über die Mutter und als Übersetzerin arbeitende Maria bis hin zu deren Tochter Lori – auf dem italienischen Buchmarkt erscheint, ist die leidenschaftlich Reisende ab heute auf Lese-Tour durch deutsche Lande unterwegs.

Von Frankfurt über Köln, Salzburg, Berlin und Kiel bis hin nach Hamburg und München reist Dacia Maraini, um in der Zeit vom 1. bis 9. November „Das Mädchen und der Träumer“ der deutschsprachigen Leserschaft vorzustellen. Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse musste der Roman in den Regalen des Messestands vom Folio-Verlag ohne die charismatische Anwesenheit seiner Autorin auskommen. Denn die vitale, ermutigend jung gebliebene „Grande Dame“ der italienischen Literatur war zur gleichen Zeit damit beschäftigt, im Rahmen eines Internationalen Symposiums zum Thema „Die vielen Übersetzungen von Dacia Marainis Werk“ im Österreichischen Kulturinstitut in Rom – erst vor einem breiten Publikum und dann in einem erlesenen Kreis von Fachexperten – ihren 80. Geburtstag ausgiebig nachzufeiern. Gleich im Anschluss an ihre Rückkehr aus Deutschland ist das lange Jubiläumsjahr jedoch vorbei, denn am 13. November wird Dacia Maraini bereits unglaubliche 81 Jahre alt.

Wer das volle Reisepensum kennt, das die gebürtige Florentinerin ganz ohne Hilfe eines Literaturagenten jahrein, jahraus absolviert, wer dieser Frau begegnet und in den Genuss ihrer geistig jugendlichen Frische kommt, der will auch einmal 80 werden. Und wer ihre Verve, ihren Elan, ruhigen Scharfsinn und feinsinnigen Mut erleben möchte, der besucht eine ihrer Veranstaltungen dieser Tage. Nicht nur, um über den „Träumer“ ihrer neuesten auf Deutsch erschienenen Geschichte mitzudiskutieren. Sondern um darüber hinaus möglicherweise zu erfahren, wovon ein nicht acht-, nein achtzigjähriges „Mädchen“ – das sich ebenso neugierig wie hingebungsvoll unter Menschen unterschiedlichster Kulturen mischt und sich als schweizerisch-sizilianische Nachfahrin einer mütterlicherseits halb toskanisch halb chilenischen Linie und einer väterlicherseits teils polnisch-ungarisch-englischer Ahnen- und Künstlerriege mit ebenso unaufgeregter Inbrunst wie durchschlagendem Erfolg für „die“ Kultur stark macht – am Ende eines Tages eigentlich selber „träumt“...
Dacia Maraini: „Das Mädchen und der Träumer“
aus dem Italienischen ins Deutsche übersetzt von Ingrid Ickler,
Wien/Bozen, Folio Verlag, 2017, 319 Seiten.

Weiterführende Links:
- Webseite von Dacia Maraini (ital.)
- Webseite vom Folio-Verlag
- Internationales Symposium zum 80. Geburtstag von Dacia Maraini auf der Webseite des Österreichischen Kulturinstituts in Rom
- Interview mit Dacia Maraini über „Das Mädchen und der Träumer“ mit Henning Klüver (26.3.2017)

Aktuelle Daten der Lesereise von Dacia Maraini:
Mittwoch, 1. November 2017, 20.00 Uhr | FRANKFURT, Romanfabrik, Hanauer Landstraße 186
Moderation und Übersetzung: Elettra De Salvo
In Kooperation mit dem Italienischen Generalkonsulat Frankfurt

Donnerstag, 2. November 2017, 19.00 Uhr | KÖLN, Italienisches Kulturinsitut, Universitätsstraße 81
Moderation und Übersetzung: Elettra De Salvo

Freitag, 3. November 2017, 19.30 Uhr | SALZBURG, Literaturhaus, Strubergasse 23,
Moderation und Übersetzung: Dr. Giorgio Simonetto
Lesung der deutschen Textpassagen: Christiane Warnecke
In Kooperation mit der Società Dante Alighieri Salzburg

Montag, 6. November 2017, 20.00 Uhr | BERLIN, Literaturhaus, Großer Saal, Fasanenstraße 23
Moderation und Übersetzung: Amelie Thoma
In Kooperation mit dem Italienischen Kulturinstitut Berlin

Dienstag, 7. November 2017, 19.00 Uhr | KIEL, Literaturhaus Schleswig-Holstein, Schwanenweg 13
Moderation und Übersetzung: Francesca Bravi (CAU Kiel)
In Kooperation mit der Società Dante Alighieri Kiel

Mittwoch, 8. November 2017, 19.30 Uhr | HAMBURG, Bücherhalle Altona im Mercado, Ottenser Hauptstr. 10
Moderation und Übersetzung: Francesca Bravi (CAU Kiel)
Lesung der deutschen Textpassagen: Annalena Schmidt
In Kooperation mit dem Italienischen Kulturinstitut Hamburg

Donnerstag, 9. November 2017, 18.30 Uhr | MÜNCHEN, Italienisches Kulturinstitut, Hermann-Schmid-Str. 8
Moderation und Übersetzung: Antonio Pellegrino (Bayerischer Rundfunk)


Abbildungsnachweis:
Header: links (Dacia Maraini, Portrait): Foto von Yoi Maraini anlässlich des Symposiums „Le tante traduzioni dell’opera di Dacia Maraini / The Many Translations of the Work of Dacia Maraini” (Forum Austriaco, Rom, 14.10.2017); rechts Buchumschlag Dacia Maraini: „Das Mädchen und der Träumer“
Galerie:
01.
Buchumschlag Dacia Maraini: „Das Mädchen und der Träumer“
02. Einladung zum Symposium, anlässlich des 80. Geburtstags von Dacia Maraini (Programm Flyer). Foto: Mauro Raffini. Grafik: Claus Friede
03. Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Symposium aus unterschieldichen Ländern beim Kulturforum Österreichs in Rom. 14.10.2017 [
Maria Belén Hernández Gonzalez (Univ. Murcia) | Juan Carlos de Miguel y Canuto (Univ. València) | Dagmar Reichardt (Latvian Academy of Culture, Riga) | Joseph Farrell (Univ. Strathclyde) | Dacia Maraini | Dario Prola (Univ. Warsaw) | Petra Broomans (Univ. Groningen) | Rotraud von Kulessa (Univ. Augsburg) | Consuelo de Frutos Martínez (Univ. Santiago de Compostela) | Naglaa Waly (Univ. Torino) | Loredana Polezzi (Univ. Cardiff)]
04. Literaturstand mit Werken von Dacia Maraini.

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