Sie fliegen, fallen und performen, dass es einem den Atem raubt. Im Programmheft firmiert SEA unter „Tanz“, doch mit Tanz hat Elizabeth Strebs „Singular Extreme Actions“ genau so viel oder so wenig zu tun wie mit Boxen oder Bodenturnen. Die acht fabelhaften Artist/Innen aus New York liefern vielmehr eine High-Energy-Akrobatik, wie man sie sonst nur in einem Weltklasse-Zirkus sieht.
„Hallo Hamburg, Get Loud“ steht auf einer schwarzen Tafel, während sich vier Frauen, vier Männer, alle in knallblauen Superman-Overalls, (nur das „S“ fehlt) schon mal auf offener Bühne warmmachen. Ein Klettergerüst, ein großes Trampolin, drum herum dicke Matten in rotblau, rechts am Rand ein halbes Rhönrad, im Hintergrund eine riesige Leinwand, die das Geschehen spiegelt.
Es herrscht Zirkusatmosphäre in der K6 – und genau wie im Zirkus wird dem Publikum erst einmal eingeheizt. Nur nicht vom Dummen August, sondern von einem charismatischen schwarzen DJ, der später live die elektronischen Hammerbeats zu den waghalsigen Trampolin-Sprüngen der Artisten raushaut. Beziehungsweise immer dann, wenn sie auf den Matten aufschlagen. Und das tun sie, in rasendem Tempo, wieder und wieder. Fallen um, wie geschlagene Bäume, kerzengrade, Kopf vorweg. WRUMS! Autsch, das tut schon beim Zuschauen weh! Noch mehr, da die Bauchklatscher akustisch so verstärkt werden, dass die Ohren dröhnen. Doch diese tolle Truppe scheint komplett schmerzbefreit. Loten mit jedem Sprung ihre physikalischen Grenzen aus und flirten zwischendurch auch noch mit dem Publikum. Wäre da nicht immer wieder ein Aufflackern von Komik, man könnte die von Kommandos begleiteten Sprünge, das permanente synchrone Hochschnellen und Hinknallen für eine Form militärischer Früherziehung halten. Mit schwindelerregenden Turnübungen und Balance-Acts unter einem sich drehenden Eisenträger und auf dem Rhönrad geht die Performance der „Extreme Action Heros“ dann weiter und gipfelt schließlich auf einer sich windmühlenartig drehenden Leiter, an der die Artisten durch die Luft wirbeln. Wie gut, dass man zwischendurch einmal Atem holen darf: In einem amüsanten „Aquarium-Intermezzo“ zwängen sich sieben der acht Akrobaten wie die Ölsardinen in einen Glaskasten und beweisen ihre Fähigkeiten als Schlangenmenschen.
Elizabeth Streb (68), Gründerin der Company und ehemalige Tänzerin im Umfeld der Tanzpionierin Trisha Brown, nennt das von ihr kreierte Bewegungsvokabular „Pop Action“ und schreibt dazu: „Lasst uns eine radikale Kunst der Kultur neu erfinden und eine Kunst vorstellen, die mit der Kultur der Straße und dem überraschenden alltäglichen Moment verbunden ist. Eine Kunst, die so zufällig im Leben der Leute auftaucht wie Parks, Bürgersteige oder Kioske an der Ecke...“
Nun ja - auf diese Art Action sollte man auf der Straße doch vielleicht lieber verzichten.
„Singular Extreme Actions“
Kampnagel K6, noch heute Fr. 17.8. und Sa, 18.8.2018Karten ab 14 Euro.
Weitere Informationen und Tickets
Abbildungsnachweis: Alle Fotos Anja Beutler
Header und Galerie: Szenen aus SEA
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