Unter dem Titel „Wabi – Sabi“ zeigt die Malerin Cris Pink in der Galerie Hengevoss-Dürkop ihre neuen Werke: Großformatige, abstrakte Landschaften und kleinformatige Frauenbildnisse, die wie verlorene Seelen und Geistwesen in Farbnebeln aufscheinen und starke figurative Kontraste setzen.
Die Vorstellung, dass Landschaft die menschliche Psyche spiegelt, findet sich in der Kunst immer wieder.
Die romantischen „Seelenlandschaften“ von Caspar David Friedrich, der zu seinem 250. Geburtstag in diesem Jahr mit Ausstellungen in ganz Deutschland gewürdigt wird, sind derzeit sicher das berühmteste Beispiel.
Auch Cris Pink schafft Seelenlandschaften, obwohl ihre Skizzen vielfach nach konkreter Anschauung vor Ort entstanden. Doch dann entkleidet sie die Landschaft gleichsam ihrer Körperlichkeit und transformiert sie zu spirituell aufgeladenen Empfindungsräumen aus Licht und Farbe.
Licht und Farbe haben die gebürtige Koblenzerin seit ihrer Jugend fasziniert. Nach ihrem Studium - zuerst Modedesign in Hamburg, danach Freie Kunst in Mainz - zog sie das unvergleichliche Licht des Südens 1983 nach Spanien. Seitdem spielt es in ihren Bildern eine zentrale Rolle. All ihren Werken wohnt ein inneres Leuchten inne. War es früher eher verhalten, so explodiert die Farbenpracht in den jüngsten Naturdarstellungen regelrecht. Cris Pink lebt seit Jahrzehnten auf Mallorca, hat dort auch während der Corona Pandemie gearbeitet. In dieser Zeit, die sie ziemlich isoliert in ihrer Finca auf dem Lande verbrachte, erlebte sie das Aufblühen der Natur besonders intensiv. Die überschwängliche Farben- und Formenpracht, die sie beobachtete, sind in Gemälden wie „Alfabia“, „Raixa“ oder „Orient“ festgehalten. Die Titel beziehen sich auf malerische Gärten und Oasen der Balearen-Insel. In diese Werke sind ihre Emotionen und persönlichen Erfahrungen eingeflossen, die Veränderungen der Natur ebenso, wie die Veränderungen ihrer Wahrnehmung.
Cris Pink: Costix, 2023, Öl auf Leinwand, 120x200cm
Fasziniert und inspiriert von dem japanischen Schönheitsverständnis „Wabi – Sabi“, hat die Künstlerin dabei das Unvollkommene, Unvollständige und Vergängliche in den Fokus gerückt. Wabi-Sabi ist ein ästhetisches, eng mit dem Zen-Buddhismus verbundenes japanisches Ideal, das nicht die offenkundige Schönheit, sondern die verhüllten Reize des Schönen zum Maßstab nimmt.
An dem titelgebenden Gemälde der Schau wird das ästhetische Konzept besonders gut sichtbar. Es zeigt eine Japanerin mit abgewandtem Gesicht, die sich in einem türkis-blauen, mit orange-roten Tupfern durchsetztem Farbenmeer auflöst. Obwohl man die Figur mehr erahnt als erfasst, scheint es sich doch um eine Geisha in traditionellem Gewand zu handeln. Das Unvollständige, vielleicht auch Unvollkommene macht hier die besondere Faszination des Gemäldes aus.
Cris Pink: Orient, 2021 / Euphorbia, 2021 / Alfabia, 2020, Öl auf Leinwand
Nach Jahren abstrakter, immer reduzierterer Malerei hat sich Cris Pink in der Werkserie „Frauen“ wieder der Figur zugewandt, konkret dem Porträt, mit dem sie sich erstmals intensiv auseinandersetzt. In diesen Gemälden kann sie ihr Studium als Modedesignerin nicht verleugnen. Jeder Strich, jede Linie sitzt mit bestechender Perfektion, dabei sind alle Gesichter aus der Erinnerung festgehalten. Mitunter wirken die Frauenporträts jedoch zu illustrativ, um als „Hüterinnen der Gefühle“ zu überzeugen. Das Vermögen vielmehr die reinen Landschaftskompositionen: Farbfeuerwerke mit vehementem Strich und großer Geste auf die Leinwand gebracht. Als Ausdruck innerer Befindlichkeit gelesen, ist es ein wahrer Gefühlssturm, der sich hier Bahn gebrochen hat.
Cris Pink: „Wabi - Sabi“
Zu sehen bis zum 15. März 2024, in der Galerie Hengevoss-Dürkop, Klosterwall 13, in 20095 Hamburg.
Geöffnet: Mi.-Fr. 14 -18 Uhr, Sa 12-15 Uhr, (bis zum 27. Januar nur nach Vereinbarung geöffnet).
Weitere Informationen (Galerie)
Lesen Sie mehr bei KulturPort.De: Cris Pink: „Offshore“ – nebulöse Lichtschleier in unzähligen Farbschichten. Geschrieben von Isabelle Hofmann am Montag, 25. November 2013
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