Bildende Kunst
Ausstellung im neueröffneten Essener Folkwang Museum

"Das schönste Museum der Welt" ist kein neuzeitlicher Werbeslogan, um die aktuelle Ausstellung im neueröffneten Essener Folkwang Museum medial zu platzieren, vielmehr handelt es sich um ein Zitat aus dem Jahre 1932.

Als der amerikanische Kunsthistoriker und Mitbegründer des Museums of Modern Art (MoMA) in New York, Paul J. Sachs das Folkwang Museum besuchte, war er offensichtlich so hingerissen, dass er diesen Ausspruch tat. 


 

 

In jenem Jahr war das Folkwang Museum 30 Jahre alt geworden. Karl Ernst Osthaus gründete es in Hagen, 1922 kam der bedeutendste Teil der Sammlung in die Ruhrmetropole Essen, fusionierte mit den Städtischen Kunstsammlungen und avancierte von nun ab zu einem der wichtigsten Museen für moderne und zeitgenössische Kunst. 1929 bezog die Sammlung neue Räume am heutigen Standort an der Bismarckstraße.

Vor kurzem eröffnete der von "David Chipperfield Architects" konzipierte Neubau, eine gelungene Licht durchflutete und großzügig angelegte Architektur.
Die erste Sonderausstellung „Das schönste Museum der Welt“ – Museum Folkwang bis 1933 ist der Geschichte des Hauses gewidmet. Der ehemalige Direktor der Hamburger Kunsthalle Uwe M. Schneede fungierte als Gastkurator und hat die Werke, die 1937 als „entartet“ beschlagnahmt wurden und heute in den großen Museen dieser Welt hängen, mit den verbliebenen Beständen des Museums wieder zusammengeführt. Das ist wahrlich eine überzeugende Leistung. So sind neben Meisterwerken der Malerei und Skulptur auch – wie es damals im Folkwang zur Konzeption gehörte – ethnologische Artefakte, javanische Spielfiguren, japanische Theatermasken, ozeanische Ritualobjekte und koptische Textilien kombiniert.

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In 16 Themenkomplexen hat Uwe M. Schneede seinen Ausstellungsrundgang in recht streng analytisch-kunsthistorischer Sichtweise angeordnet. So wirkt die Ausstellung leider etwas anachronistisch, gibt eine kuratorische Sichtweise der 1970 und 80er Jahre wieder und lässt einige Fragen offen. So beantwortet der Gastkurator die selbstgestellte Frage nicht überzeugend, in welchem Verhältnis zueinander europäische Moderne und außereuropäische Tradition auf heutige Weise vorzuführen sind. Auch nicht unter Berufung auf die großen Ausstellungen, die gleiches versuchten. Die zwei ethnologischen Objekte im Raum der Klassiker der Moderne wirken verloren und indifferent, weil es der einzige Raum ist, in dem eine direkte Konfrontation stattfindet. Die Objekte aus Übersee sind wohl aus konservatorischen Gründen in abgedunkelten Räumen untergebracht und schaffen es nicht, eine wirklich nachvollziehbare Verbindung herzustellen mit den Meisterwerken der Moderne. Auch die von Uwe M. Schneede postulierte veränderte Blickrichtung auf diese Felder der Kultur helfen dem Rhythmus nicht weiter. Die Ausstellung schafft trotz ihrer Einmaligkeit an Zusammenführung eben keinen überzeugenden Rhythmus, weder einen der für vor 1933 steht, noch einen der für heute stehen könnte.

Unangenehm für den Besucher die ständige Bedrängung durch das Wach- und Sicherheitspersonal, nicht zu dicht an die Objekte, Werke oder die Zeichnungen treten zu dürfen, weil ein Alarm ausgelöst werden könnte, insbesondere im abgedunkelten Raum der „Abgebrochenen Moderne“. So ist dem Betrachter eine nähere Beschäftigung mit den handschriftlichen Bemerkungen der Künstler auf den Skizzen- und Entwurfsblättern zu unausgeführten Wandarbeiten quasi verwehrt. Eine andere Lösung als das ständig angesprochen werden, würde vielen Besuchern entgegenkommen.

Lässt man einmal den kuratorischen Rhythmus beiseite, kann man großartige Kunst entdecken: Christian Rohlfs, der dem Folkwang Museum besonders verbunden war und im ehemaligen Direktor Paul Vogt (1963 - 1988) einen Verwandten im Museum hatte, ist mit dem beeindruckenden neoimpressionistischen Werk „Der Birkenwald“ (1907) und dem dynamisch-expressionistisch anmutenden Bild „Die Amazone“ (1912) vertreten. Auch bei den Gründervätern der Moderne gehört Cézannes „Steinbruch Bibémus“ (um 1895, Museum Folkwang, Essen) und Van Goghs Landschaft bei Saint-Rémy-de-Provence sowie die "Rhonebarken" zu den Bildwerken, in die man sich versenken kann, weil zu spüren ist, dass die Künstler auf dem Höhepunkt ihres Schaffens waren. Ludwig Kirchners „Fünf Frauen auf der Straße“ (1913, Museum Ludwig, Köln) ist ein Paradebeispiel des Expressionismus und „Das Purimfest“ (Philadelphia Museum of Modern Art) von Marc Chagall zeigt die Leichtigkeit und Freude des jüdischen Festtags im rot-gelben Farbleuchten des zwischen 1916 und 1918 gemalten Bildes.


Die Ausstellung: "Das schönste Museum der Welt" ist zu sehen vom 20. März bis 25 Juli 2010
Museum Folkwang
Museumsplatz 1
45128 Essen
www.museum-folkwang.de

Fotonachweis:
Header: Neubau des Museum Folkwang
Abb.1: Museum Folkwang um 1930; Raum mit Georg Minnes Brunnen und Oskar Schlemmers Gemälden © Museum Folkwang, 2010, Fotografie: Albert Renger-Patzsch
Abb.2: Museum Folkwang um 1930; Große Galerie mit Werken von Wilhelm Lehmbruck
© Museum Folkwang, 2010, Fotografie: Albert Renger-Patzsch
Abb.3: Franz Marc „Weidende Pferde IV“ (Die roten Pferde), 1911; Harvard Art Museum, Busch-Reisinger Museum; Promised Gift from an Anonymous Donor © President and Fellows of Harvard College / Foto: Rick Stafford
Abb.4: Deme Kogenkyû Mitsunaga (gest. 1672) oder Deme Tôhaku Mitsutaka (gest. 1715); Deigan, Gesichtsmaske für das Nô-Theater, 17. Jh. © Museum Folkwang, 2010
Foto: Hans Hansen
Abb.5: Vincent Van Gogh: „Rhonebarken“ (Les bateaux amarrés), 1888, Museum Folkwang, Essen © Museum Folkwang, Foto: Jens Nober 2009
Abb.6: Paul Cézanne: „Der Steinbruch Bibémus“ (La carrière de Bibémus), Museum Folkwang, Essen © Museum Folkwang, Foto: Jens Nober 2009
Abb.7: Marc Chagall: Das Purimfest“, 1916–1918, Philadelphia Museum of Modern Art
The Louis E. Stern Collection, 1963 © VG Bild-Kunst, Bonn 2009 / Foto: Graydon Wood
Abb.8: Ernst Ludwig Kirchner: „Fünf Frauen auf der Straße“, 1913, Museum Ludwig, Köln © Rheinisches Bildarchiv Köln, 2009

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