Kultur Blog
- Geschrieben von Nike Hübner -
„Inspiration Hamburg – Biennale angewandter Kunst der AdK und GEDOK“ im Museum für Hamburgische Geschichte.
Mit „Inspiration Hamburg“ zeigt das Museum für Hamburgische Geschichte die erste Biennale angewandter Kunst in der Hansestadt – eine opulente Schau erlesener Dinge und ein Neuanfang in jeder Hinsicht.
- Geschrieben von Stefan Diebitz -
Eine ästhetisch reizvolle Installation mit hundert blauen Blumen, „gepflanzt“ von Janine Turan, kann man sich in diesen Tagen im Lübecker St. Annen-Museum anschauen.
Es ist der „Puppenhof“ des St. Annen-Museums, in dem Janine Turan ihre blauen Holzblumen – es sollen Vergissmeinnichtblüten sein – an Metallständern aufgestellt hat, versehen mit den Wünschen, den ihr „Mitmenschen“ aufgeschrieben haben. In jedem einzelnen Fall handelt es sich um Wünsche, die sich während der Corona-Pandemie nicht erfüllen ließen oder lassen: „Livemusik“ kann man auf einer Blume lesen, auf einer anderen „Sommer“, „Geschichten“, „Geborgenheit“, „Liebe“ oder „Zuverlässigkeit“. Es gab eine „Vorabinstallation“, die sich „Koffer voller Sehnsüchte“ nannte – das war eine Gelegenheit, die Wünsche des Publikums zu erfahren.
- Geschrieben von Stefan Diebitz -
Mit Arbeiten des in Syrien geborenen Manaf Halbouni – aber eine seiner Muttersprachen ist Deutsch – präsentiert die Kunsthalle St. Annen in diesem Herbst eine durch und durch politische Ausstellung.
Manaf Halbouni (*1984) wurde bekannt dank dreier senkrecht stehender Busse in Dresden und Berlin, die an den Krieg in seiner Heimat erinnern sollten, aber er hat kein Interesse daran, auf diese Aktion reduziert zu werden, in seinen Worten „der Typ mit den Bussen zu sein“. Und wirklich demonstriert er in dieser Ausstellung zunächst mit seinen eigenen Arbeiten, aber auch mit Bildern, die er im Magazin der Kunsthalle fand und mit seinen Installationen und Bildern kombinierte, eine bemerkenswerte Vielseitigkeit.
- Geschrieben von Claus Friede -
Seit dem 19. August und noch bis 2. September läuft das Japan-Filmfest Hamburg – rein digital. Aus über 70 Filmen unterschiedlichster Genres, können sich Japanliebhaber wie bei Streamingdiensten es sich zuhause gemütlich machen und in eine Filmwelt eintauchen, die es selten in die deutschen Kinos schafft.
Neben Anime findet man Arthouse-, Rakugo (Unterhaltung/Komödien), Naginata (Action- und Horror-) sowie Kurzfilme. Wer allerdings glaubt, sich nun in ein exotisches Themenland zu begeben irrt, denn viele der Inhalte und Fragestellungen der Filme sind globaler Natur: Umwelt, soziales Leben, nachhaltige Gesellschaft, Coming-to-Age, Gewaltphantasien, Individualismus und die Suche nach sich selbst. Der Unterschied liegt in der Herangehensweise an diese vielfältigen Themen, japanische Eigenarten und Traditionen. So findet der Festival-Streamer das Eigene im Fremden und das Fremde im Eigenen.
- Geschrieben von Anna Grillet -
Niemand beherrscht das Kino als Zeitmaschine so virtuos wie Christopher Nolan. Der fünfzigjährige in London geborene Hollywood-Regisseur erfüllt sich mit „Tenet” den Kindheitstraum eines raffinierten Spionagethrillers à la James Bond: Science-Fiction mutiert bei ihm zur abenteuerlich philosophischen „Mission Impossible”, überwältigt den Zuschauer, als wäre er ein feindlicher Gegner.
Der ungewohnte atemberaubendes Sound der Kompositionen von Ludwig Görnasson vibriert in unseren Körpern, während die Truppen nicht nur aus entgegensetzten Richtungen, sondern auch aus verschiedenen Zeitachsen angreifen. Es ist kein nuklearer Holocaust, der die Menschheit bedroht viel mehr ein temporaler. Dahinter verbirgt sich wie in Gotham City jener Bösewicht par excellence, dessen Kindheitstraum sich als Enttäuschung entpuppt, der zerstören muss, was er nicht besitzen kann.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -
Die Hamburger Galeristin Kerstin Hengevoss-Dürkop hat sich in den vergangenen Jahren immer häufiger der Bildhauerei zugewandt. Mit der faszinierenden Ausstellung „Natura Naturans“ der Münchner Künstlerin Keiyona C. Stumpf hat diese Entwicklung ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.
Vor drei Jahren hat Keiyona Constanze Stumpf in Eigenregie einen Katalog unter dem Titel „Amalgam“ herausgebracht. Wer „Amalgam“ hört, denkt vermutlich zuerst an den Zahnarzt. Jeder dritte Deutsche hat heute noch die Legierung aus Kupfer, Zinn, Silber und Quecksilber im Mund, die mittlerweile als Sondermüll entsorgt werden muss.
- Geschrieben von Isabelle Hofmann -
Saftige, pralle, herzerquickend starke Schauspielkunst. Mit der fulminanten Bühnenfassung von Daniel Kehlmanns Bestseller „Tyll“ meldet sich das Ernst Deutsch Theater nach fünfmonatiger Corona-Zwangspause zurück.
Auf dem Friedrich-Schütter-Platz fast ein Gedränge wie eh und je. Das Premierenpublikum, diese verschworene Gemeinschaft aus Promis und Pressekollegen, erkennt sich auch hinter der Maske.
Freudiges Hallo nach allen Seiten, nur mit etwas mehr Abstand als gewohnt.
„Il Traditore - Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra”. Marco Bellocchio und das Ende des Mafia-Mythos
- Geschrieben von Anna Grillet -
Altmeister Marco Bellocchio inszeniert „Il Traditore” als wuchtiges kraftvolles Mafia-Epos fern trügerischer Romantisierung. Der 80jährige Regisseur boykottiert bewusst den fiebrig schillernden Glamour im Stil von Martin Scorseses „Good Fellas” (1990) oder Sergio Leones „Es war einmal in Amerika” (1984). Sein Protagonist Don Masino, der einflussreiche Clan-Chef Tommaso Buscetta (überragend Pierfrancesco Favino), bricht 1984 das gegenüber der Cosa Nostra geleistete Schweigegelübde.
Dies ist politisch engagiertes italienisches Kino und nicht Hollywoods Traumfabrik, ein fulminantes Meisterwerk, packend, ästhetisch brillant. Es geht um Loyalität und Selbstbetrug, Gewalt und Ohnmacht. Die Realität entlarvt sich als bösartige blutige Farce. Jene bis dahin wohl gehüteten Geheimnisse der sogenannten Ehrenwerten Gesellschaft werden nun in aller Öffentlichkeit vor Gericht verhandelt.
- Geschrieben von Frauke Hartmann -
Sommerfestival auf Kampnagel
Es gibt wohl kaum ein Festival in diesem Jahr, das sich nicht neu erfinden musste. Keine Bühne, die unter Covid-19-Sicherheitsauflagen fast zusammengebrochen ist, besonders im Bereich der privaten Theater.
Das Virus hat die Theater in Ihrem Kerngeschäft, dem Herstellen von kultureller Verständigung, dem Suchen nach Antworten auf gesellschaftliche Konflikte, dem Entwickeln neuer Sprachen, Bilder und Töne im Dialog mit Publikum und Kritik fünf Monate lahmgelegt. Und so gleicht es einem Wunder, dass Hamburgs Bühnen pünktlich zum Spielzeitbeginn den Sprung aus Zoom-Konferenzen und digitalen Angeboten zurück in die Begegnung mit dem Publikum wagen - wenn auch unter völlig veränderten Vorzeichen.
- Geschrieben von Dagmar Seifert -
Der Eröffnungsfilm des Japan-Filmfest Hamburg ist keineswegs streng japanisch. Eine Reihe chinesischer Mitarbeiter sind an Bord, es wird sowohl japanisch als auch chinesisch gesprochen und die Angelegenheit spielt sich auf der Bühne und vor der Kulisse Taiwans ab, anfangs in der Großstadt Taipeh.
Hier flieht der junge Japaner Makino (Satoshi Tsumabuki) aus einer Wohnung, springt aus dem Fenster, klettert über einige Dächer und landet in einer belebten Straße – während einer seiner Verfolger wütend sein liegengebliebenes Handy tottritt. Und obwohl es eben noch um sein Leben zu gehen schien, hellt sich, jetzt in Sicherheit, sofort Makinos Miene auf, er albert ein wenig mit zwei kleinen Mädchen herum und schlendert offenbar ganz zufrieden seines Weges.