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Seit nahezu 20 Jahren verbindet die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur und Hilla Becher eine sehr produktive und ausgezeichnete Zusammenarbeit. 1995 begann mit ihr und ihrem 2007 verstorbenen Mann Bernd Becher eine Kooperation zur Sicherung und Aufarbeitung eines wesentlichen Teils des Becher-Archivs. Die Resultate aus dieser Zusammenarbeit werden seither in Ausstellungen und Publikationen vorgestellt, zuletzt die Schau "Hochofenwerke" im vergangenen Jahr. Im Miteinander ist in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur ein zentraler Ort für die Betreuung, Bearbeitung und Verbreitung des Werks von Bernd und Hilla Becher entstanden.

Mit Blick auf den in der vergangenen Woche von der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland an Hilla Becher verliehenen "Großen Kulturpreis" führt die Leiterin der Photographischen Sammlung weiter aus: "Dieser Preis ehrt Hilla Becher noch einmal ganz besonders und drückt allen Respekt aus für eine weltoffen tatkräftige Frau, die die Emanzipation der Photographie seit jungen Jahren und standhaft in außergewöhnlicher Weise vorantreibt, daran festhält, und dabei aus ihrem Lebensalltag heraus, fast beiläufig auch ein neues Frauenbild schafft, in dem Partnerschaft, Beruf und Unabhängigkeit selbstverständlich ineinandergreifen - vermutlich sogar aufeinander angewiesen sind."

Liebe zur Photographie begann in jungen Jahren

Bereits von Kindesbeinen an hatte sich Hilla Becher, geborene Wobeser, von der Photographie magisch angezogen gefühlt. Sie nahm mit 13 Jahren ihre ersten Bilder auf, und bis sie in Bernd Becher Ende der 1950er-Jahre einen Gleichgesinnten fand, hatte sie voller Unternehmungsgeist bereits eine Menge photographischer Erfahrungen sammeln können, darunter eine dreijährige Ausbildung in einem Photographenatelier ihrer Heimatstadt Potsdam. Gemeinsam mit ihrem späteren Ehemann Bernd (Heirat 1961) besuchte Hilla Becher ab 1958 die Klasse des Graphikers Professor Walter Breker an der Düsseldorfer Kunstakademie und richtete in dieser Zeit auch die erste Photowerkstatt in der Akademie ein. Mit ihrer fundierten Fachkenntnis zur Handhabung von Kamera und Dunkelkammer-Einrichtung verhalf sie vielen studentischen Projekten zur Umsetzung.

Noch während ihrer Studienzeit realisierte das Künstlerpaar die ersten gemeinsamen Arbeiten im Siegerland und Ruhrgebiet, wo sie sich mit Hilla Bechers neuer 6 x 9-Linhof-Kamera auf Fachwerkhäuser, Bergwerke und Hüttenanlagen konzentrierten, bevor sie auf Großbildkameras vorwiegend für das Negativformat 13 x 18 cm umstiegen. Dies war der Start für ihre komplexe Dokumentation von industriellen Anlagen im internationalen Raum, mit der sie sich über Jahrzehnte beschäftigten: Fördertürme, Hochöfen, Wassertürme, Fabrikhallen, Gasbehälter, Kühltürme, Getreidesilos und Kalköfen spielen eine Hauptrolle und werden neben Landschafts-, Werks- und Detailansichten als einzelne Protagonisten herausgehoben.

Typologien, Dokumentarischer Stil und Becher-Schule

Doch es war weder das einzelne Bild noch das einzelne monumentale Objekt allein, das die beiden als vorgefundene Form faszinierte und als solche, sofern geeignet, aus verschiedenen Richtungen, also seitlich, frontal oder aus Dreiviertelsicht, porträtiert wurde. Vielmehr suchten sie diese nach Möglichkeit in ein komplexeres Gesamtbild einzubetten, das ihr gleichzeitiges Interesse am vergleichenden Betrachten, am Sammeln und Ordnen der Großbauten verdeutlichte. Demgemäß entstanden ihre sogenannten Typologien, Bildzusammenstellungen von Objekten gleicher Art und ähnlichen Bautyps mit beispielsweise neun, zwölf oder fünfzehn Photographien.

Die Photographen der Neuen Sachlichkeit, wie August Sander, Albert Renger-Patzsch oder Karl Blossfeldt waren für die Bechers von besonderer Bedeutung. Deren Herangehensweise galt ihnen als vorbildlich, weil auch sie das Bildsujet - die Person, den Gegenstand oder das pflanzliche Präparat - im Versuch einer objektiven Annäherung ganz ins Zentrum des Interesses stellten. Das Motiv schien ein "Mitspracherecht" zu haben, ohne ins Anekdotische abzugleiten, ohne dass technisch überhöhende Methoden eingesetzt wurden. In Amerika hatte der Photograph Walker Evans 1971 den Begriff des "dokumentarischen Stils" geprägt, der auch für die Arbeit von Bernd und Hilla Becher herangezogen werden kann.

Erst 1976 wurde an der Düsseldorfer Akademie die erste Professur für Photographie eingerichtet, als Bernd Becher seinen Lehrauftrag erhielt, den er bis 1996 ausübte. Aus dieser Klasse ging bekanntlich eine lange Reihe sehr erfolgreicher Künstler und Künstlerinnen hervor. Hatte Hilla Becher zwar im institutionellen Sinn keinen Lehrauftrag, so stand ihr Atelier den Studenten immer offen und ihr Urteil war ebenso begehrt wie das ihres Mannes. Die Rezeption machte daraus die sogenannte Becher-Schule, ein Begriff, der im übertragenen Sinn die Studentenschaft und eine stilistische Einordnung ihres Schaffens zu bezeichnen sucht, für das eine thematische Spezialisierung wesentlich ist.

Gemeinsam mit ihrem Mann erhielt Hilla Becher bereits viele prominente Preise, darunter der Goldene Löwe für Skulptur der 44. Biennale in Venedig (1990), den Kaiserring der Stadt Goslar (1994), den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen (2001), den Erasmuspreis (2002), sowie den Internationalen Preis für Photographie der Hasselblad-Stiftung (2004).

Quelle: SK Stiftung Kultur der Sparkasse KölnBonn

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