Helmut Schmidt, Horst Janssen, Peter Rühmkorf, Siegfried Lenz – unwillkürlich sucht man nach bekannten Gesichtern in dieser unüberschaubaren Fülle an Augen, die den Betrachter im Saal der Sonderausstellungen gleichsam umzingeln. Rund 1.000 Porträts aus fünf Jahrhunderten, gegliedert in Kapitel wie „Kindheit und Jugend“, „Familienporträts“ oder „Berufe und Berufungen“ haben die Kuratoren Ortwin Pelc (Hamburg Museum), Verena Fink (Altonaer Museum) und Jürgen Bönig (Museum der Arbeit) zusammengetragen. Abbildungen und Büsten, die fast willkürlich aus den immensen, rund 60.000 Porträts umfassenden Sammlungen der drei Historischen Museen heraus gegriffen scheinen: Junge und Alte, Arme und Reiche, bedeutende und unbedeutende, Gläubige und Ungläubige, Wohltäter und Straftäter hängen hier dicht an dicht. Persönlichkeiten aus Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Kaufleute und Hafenarbeiter, Senatoren und Sozialarbeiter, Dichter und Denker.
Was diese Abbildungen jedweder Couleur gemeinsam haben: Sie alle zeigen Hanseaten – und diese Hanseaten sind bereits Geschichte. Das zumindest nehmen auch diejenigen Besucher wahr, die diese Gesichter im Schnelldurchlauf an sich vorüber ziehen lassen.
Wer sich jedoch eines der zahlreich zur Verfügung stehenden Saalhefte zur Hand nimmt, oder – noch besser - mit den interaktiven Touchscreens befasst, mit denen diese Schau gut ausgerüstet ist, der kann eintauchen in Hamburgs Geschichte. Eine Geschichte, die sich durchaus anhand von Porträts erzählen lässt. Wie viele Namen tauchen hier auf, die heute als Namen von Straßen, Gebäude, Plätze oder Stiftungen allgemein benannt sind – doch von denen kaum noch jemand weiß, welche Persönlichkeiten im Hamburger Stadtraum verewigt wurden: Rudolph Amsinck, Joachim Heinrich Campe, Ferdinand Laeisz, Georg Heinrich Sieveking, Cornelius Gurlitt, Wolff Salomon, Amandus Abendroth, Hein Köllisch, Ernst Merck, und so weiter und so fort.
Sie haben Hamburg geprägt, sie haben hier in den vergangenen Jahrhunderten gewirkt. Und wer die Straßen kennt, den wird es sicher interessieren, hier ein Gesicht (und eine Geschichte) zu dem Namen zu finden.
Und die anderen, die Unbekannten? Nun, auch die geben Aufschluss. Zum Beispiel darüber, wie Ende des 19. Jahrhunderts Kriminelle „ohne Beschönigung im vorgefundenen Zustand abgelichtet werden“, wie es im Katalog heißt.
Hamburg ins Gesicht geschaut
Zu sehen bis zum bis 22.5.2016, im Hamburg Museum, Holstenwall 24, 20355 Hamburg
Geöffnet: Di-Sa 10-17 Uhr, So 10-18 Uhr,
Eintritt 9 Euro/ erm. 5.50 Euro, unter 18 Jahren Eintritt frei.
Weitere Informationen
Abbildungsnachweis:
Header: Detail aus Heidi Kabel und Henry Vahl, um 1968, Plattencover. Foto: SHMH Hamburg Museum
Galerie:
01. David Kindt: Isabeau Amsinck (1583-1662), 1604, Ölgemälde auf Holz. Foto: SHMH Hamburg Museum
02. Marie Lühmann: Porträt von Julie de Boor, 1899, Ölgemälde. Foto: SHMH Hamburg Museum
03. Polizeifoto einer Frau, um 1900. Foto: SHMH Hamburg Museum
04. Dipl. Ing. Teichgräber, Amt für Strom- und Hafenbau. Bau Alter Elbtunnel, 1910. Foto: SHMH Museum der Arbeit
05. Ferd. Braune: Gorch Fock, 1916. Foto: SHMH Hamburg Museum
06. Fritz Kistenmacher: Richard Ohnsorg, 1942, Öl auf Karton. Foto: SHMH Hamburg Museum
07. GERMIN: Lehrjungs machen Mittagspause, 1951. Foto: SHMH Museum der Arbeit
08. Manfred Schlotter: Bürgermeister Herbert Weichmann, 1970, Ölgemälde. Foto: SHMH Hamburg Museum
09. Hans Meyer Veden: Herr und Frau Köplin im Souvenirladen in Altona, 1994. Foto: SHMH Altonaer Museum
10. Johannes Nawrath: Peter Rühmkorf, 2004, Acrylgemälde. Foto: SHMH Hamburg Museum
11. Jochen Hein: Siegfried, 2015, Ölgemälde. © Jochen Hein
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