Sie ist allerdings nur von der Elbe, von den vorbeifahrenden Schiffen und dem gegenüberliegendem HHLA-Gelände, dem Burchardkai, einem der Dienstleistungsorte des Hafens zu sehen.
„Bravo Charlie“ zeigt mit der weißen Neonzeichnung die Umrisse eines frontalen Matrosenportraits, stilisiert mit Seemannskragen und Schiffermütze. In zwei farbig wechselnden Aktionen konnotiert Gottemeier den Akt des in die Ferne Blickens, durch die Geste der flachen Hand über den Augen, um das Sonnenlicht abzuhalten und der Geste des seemännischen, militärischen und respektvollen Grüßens, in der die flache Hand an die Schirmmütze geführt wird. Beide Gesten sind zwar zeichenhaft reduziert, artikulieren aber eindeutig die Intension durch die sich wechselnd bewegenden Handhaltungen.
Wird die Geste des Schauens in die Ferne mit blauem Neonlicht dargestellt, so ist die Farbigkeit der grüßenden Hand in rot gehalten.
Ein Zufallsgenerator regelt die unterschiedlich langen Wechselintervalle zwischen Gruß und Schauen. Die Entscheidung, die Anlage von einem Zufallsgenerator schalten zu lassen ist in sofern künstlerisch wichtig, weil sich das Werk dadurch von der blickenden Regelmäßigkeit der Licht- und Neonwerbung deutlich unterscheidet.
Die Lichtskulptur wirkt in ihrer Klarheit und Einfachheit einerseits symbolhaft und gleichzeitig aber auch wie eine Karikatur. Sie ist Willkommensgruß und sie ist Frage: „Wer kommt denn da“, sie trägt eine fast kindliche Ironie in sich und formuliert etwas Spielerisches. Sie ist sofort verständlich, weil sie sich Gesten bedient, deren Übereinkunft weltweit zu finden sind: Das Werk wird somit zum Super-Zeichen der Kommunikation.
Rainer Gottemeier schreibt zu seinem Werk: „Bravo Charlie“ (aus der seemännischen Buchstabiertafel für Rufzeichen) verkörpert den entwaffnenden Geist einer Philosophie der Kommunikation im Sinne des Reisens, des Austausches, des Wechselns auf die Position des Anderen. Die permanente Wandlung ozeanischer Räume klingt im zufallsbedingten Wechsel der visualisierten Gesten an. Die elementare Symbolik generiert die Metapher einer Geste des friedlichen Zusammenlebens. Mit Blick auf das ökologische Gleichgewicht der Meere kann die Lichtskulptur als „Versöhnungszeichen“ zwischen Mensch und Natur gelesen werden.“
Gottemeier steht mit seiner Arbeit in der formalen Tradition der Lichtkunstwerke von Bruce Nauman, Mauricio Nannucci, Joseph Kosuth, François Morellet, Jan van Munster und Mario Merz. Er nutzt sowohl textliche Neonschriftzüge wie auch zeichenhafte und schematische Formen und bezieht sich dadurch auf geistig-inhaltlich aufgeladene Räume als auch auf architektonische oder naturhafte Gegebenheiten eines Ortes. Diese Verbindungen schaffen neue Bezüge und definieren den jeweiligen öffentlichen Raum immer mit einem Mehrwert. Wie ein kartographisches Netzwerk verbindet sich das jeweilige Werk mit dem umliegenden Raum und bezieht im Fall von „Bravo Charlie“ auch mobile Strukturen mit ein.
Rainer Gottemeier wurde 1949 in Berlin geboren.
Zuerst war da die Musik. Gitarrenunterricht, Arbeit als Musiker und Komponist, LP-Veröffentlichungen sowie Konzerte. Um 1980 arbeitet er dann im Klang- und bildkünstlerischen Bereich. 1998 und 2005 erhielt er das Arbeitsstipendium des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und 2004 den "Kunstpreis pro Brandenburg 2004".
Im Jahr 2000 waren seine „Hamburger Firmamente“ auf dem Stadtparksee in Hamburg zu sehen und seit 2007 ist eine Dauerinstallation seines Lichtwerks „rinne-da-zwischen“ am Rathaus der Stadt Neumünster zu sehen, die er anlässlich der „nordskulptur:licht“ verwirklichte.
Im kommenden Jahr wird sein neues Werk, „Braunschweiger Gipfel“ zum „Licht Parcours Braunschweig 2010“, auf und am Portikusteich in Braunschweig präsentiert.
Weitere Informationen unter: www.rainer-gottemeier.net.
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